Die Kaufmannstochter von Lübeck
wirklich in Eurem Sinn ist!«
Zögernd bildete sich eine Gasse, schließlich war Platz genug, dass Frederik von Blekinge vom Tisch herabsteigen konnte.
Gustav Bjarnesson sagte ein paar Worte in seiner Sprache, auf die Frederik dann im gleichen Idiom antwortete.
Dann stand Frederik wieder auf dem Boden des Langen Saals.
Die Wächter nahmen ihn in die Mitte.
Johanna konnte schon bald nichts mehr von ihm sehen. Zu viele Menschen waren um ihn herum. Nur die langen Hellebarden der Wächter ragten über alle Köpfe hinweg, und so konnte sie verfolgen, wie er zur Saaltür hinausgeführt wurde.
»Jungfrau hat er die Tochter dieses lübischen Kaufmanns genannt!«, hörte Johanna eine Männerstimme sagen. »Ich hoffe nur, dass sie das auch noch ist!« Sie konnte nicht erkennen, wer das gesagt hatte, und der Rest seiner Worte ging ohnehin im höhnischen Gelächter unter.
Mathias Overstolz ergriff unterdessen das Wort und versuchte, wieder Herr des Hansetages zu werden, indem er die Beratungen für unterbrochen erklärte.
Heute würde man sich auf jeden Fall nicht wieder zusammenfinden.
S iebzehntes K apitel
Verwirrung
Johanna sammelte Frederiks Waffen ein. Die Frage ihres Vaters, wie denn der Mann dazu käme, ausgerechnet sie damit zu betrauen, ignorierte sie zunächst.
»Vater, er ist unschuldig«, sagte sie mit Nachdruck, als Moritz von Dören nicht lockerließ und noch einmal versuchte, etwas mehr zu erfahren. »Und es stimmt, dass Herward und Frederik sich vor dem Dom getroffen und miteinander gesprochen haben, so wahr ich hier stehe und von der Pest genesen bin!«
»Ein großes Wort.«
»Nein, es ist eine sehr einfache Unterscheidung, nämlich die zwischen falsch und richtig. Und dass man diesen Mann für etwas eingesperrt hat, was er nicht getan hat, das ist falsch.«
»Ich kenne allerdings auch Herward von Ranneberg.«
»Ich weiß, er war vor Jahren in unserem Haus und hat mich angestarrt wie ein leibhaftiges Wunder, weil ich die Pest überlebt hatte.«
»Wir reden später über die Angelegenheit!«
»Wir müssen jetzt etwas unternehmen«, entgegnete Johanna. Sie wäre am liebsten auf der Stelle zu Mathias Overstolz gegangen, um ihm direkt ins Gesicht zu sagen, welch furchtbaren Fehler er ihrer Meinung nach begangen hatte. Und sie hätte auch große Lust gehabt, Herward für sein Verhalten zur Rede zu stellen. Aber das alles war im Augenblick nicht möglich. Sowohl Mathias Overstolz als auch Herward von Ranneberg wurden von zahllosen Ratssendboten umringt. Es wurde hitzig darüber diskutiert, was jetzt zu tun sei und ob man nicht am besten auch die anderen Mitglieder der Delegation des schwedischen Königs in den Kerker werfen sollte.
Johanna tat Frederiks Dolche in die Ledertasche, die sie für ihre Pergamente benutzte. Das blanke Schwert ließ sich dort natürlich nicht verstauen.
»Ihr seht eher wie eine Kriegerin aus denn wie eine zukünftige Nonne, die von Sanftmut und Nächstenliebe beherrscht wird wie unser Herr Jesus Christus«, stellte Bruder Emmerhart mit einem hintergründigen Lächeln fest.
»Ihr könnt mir das Schwert ja gerne abnehmen«, sagte Johanna, leicht irritiert über die Bemerkung des Mönchs.
»Einer mag des anderen Kreuz tragen – das wäre meinem Stand angemessen. Aber ein Schwert? Und dann noch das Schwert, an dem möglicherweise Blut klebt?«
»Frederik ist unschuldig. Das muss eine Intrige sein!«
»Das wisst Ihr so genau?«
»Das sagt mir mein Herz!«
»Das kann trügerisch sein und einen dazu verführen, Dinge zu tun, die man später bereut. Also geht in Euch, Johanna.«
Dann nahm er ihr das Schwert doch noch aus der Hand. »Auf jeden Fall werden sich die Dinge hier in Köln jetzt verkomplizieren.«
Zusammen mit ihrem Vater, Grete und Bruder Emmerhart verließ Johanna das Rathaus und kehrte zur Herberge zurück. Auf den Straßen hatte sich die Nachricht von Pieter van Brugsmas Tod wie ein Lauffeuer verbreitet. Marktschreier, die behaupteten, bei der Versammlung des Hansetages dabei gewesen zu sein, riefen sie den Leuten zu und erboten sich, für bare Münze Einzelheiten zu erzählen. In Wahrheit hatten sie nur mit den Wachen gesprochen oder von Ratsgesandten irgendwelche Gesprächsfetzen aufgeschnappt.
»Jedenfalls hat sich dieser Frederik seinen Ruhm hier in Köln redlich verdient«, lautete Bruder Emmerharts bissiger Kommentar, während er das Schwert des Schweden über die Schulter genommen hatte.
»Ich frage mich, ob man als Nächstes vielleicht auch
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