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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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heiligen Ort auf sich geladen hatte.
    War das, was geschehen war, vielleicht eine direkte Folge der Sünde, die in diesem Gewölbe stattgefunden hatte?
    War Frederik am Ende deswegen dieses Unrecht widerfahren, weil der Herr es so wollte und dies eben die auferlegte Buße war?
    Ihre Gedanken begannen immer mehr um diesen Punkt zu kreisen, und sie konnte sich kaum davon lösen.
    Schließlich betete sie unablässig. Formelhaft gingen die bekannten Worte über ihre Lippen, und das betäubte kurzfristig die Gedanken, die sie bedrängten.
    Sie verlor für eine Weile jegliches Zeitgefühl. Schon des Öfteren war ihr das so gegangen, wenn sie innerhalb der Mauern eines Gotteshauses nach Trost und Erlösung gesucht hatte. Diesmal schien es jedoch keine dauerhafte Erlösung zu geben. Die Bedrängnis wurde nicht schwächer, wie sie es erhofft hatte, das Gegenteil war der Fall.
    Es wird Zeit, dass ich wieder beichte , ging es ihr nun durch den Kopf.
    Sie bemerkte plötzlich zwei Schatten im flackernden Licht unzähliger Kerzen. Ein dumpfes Wispern wurde durch das Domgewölbe bis zu ihr getragen. Sie konnte zwar kein einziges Wort verstehen, aber das Geflüster reichte, um sie aus ihrer inneren Versenkung zu reißen. Offenbar war sie so aufgewühlt, dass sie sich der Zwiesprache mit Gott nicht in der Intensität widmen konnte wie sonst.
    Johanna wandte den Blick und sah Bruder Emmerhart zusammen mit Pater Martinus. Die beiden Geistlichen waren anscheinend guter Stimmung. Selbst das sonst so strenge und maskenhaft wirkende Antlitz von Pater Martinus wirkte jetzt beinahe freundlich, und Emmerharts Lächeln war noch breiter, als man es ohnehin schon von ihm gewohnt war.
    Diese gute Laune irritierte Johanna zunächst. War es nicht auch Emmerharts Interesse, dass das Bündnis gegen Waldemar zustande kam? Und hatte nicht die jüngste Entwicklung gerade diesen Plan erheblich gefährdet? Aber dann überlegte sie, dass es eigentlich keinen Grund gab, warum sich zwei Geistliche trotz vieler Schwierigkeiten, die alles Irdische nun einmal mit sich brachte, nicht an der Barmherzigkeit und Güte des Herrn freuen und trotz bedenklicher Lage gute Laune behalten sollten.
    Emmerhart blickte jetzt zu Johanna hinüber. Er wechselte noch ein paar Worte mit Pater Martinus und kam anschließend auf sie zu. Es dauerte eine ganze Weile, bis er das Domgewölbe gemessenen Schrittes durchquert und die Bank erreicht hatte, auf der Johanna kniend verharrte.
    »Ich will Eure Zwiesprache mit dem Herrn nicht stören, Johanna«, sagte er fast flüsternd.
    »Das tut Ihr nicht, Bruder Emmerhart. Ich bin mit meinen Gebeten bereits fertig.«
    »Aber Ihr seht nicht glücklich oder erleichtert aus.«
    Johanna bekreuzigte sich und erhob sich aus ihrer unbequemen Lage. Sie spürte die Knie kaum noch, und im ersten Moment drohten sie ihr wegzuknicken. »Ihr seid ein feiner Beobachter, Emmerhart.«
    »Mir ist nicht entgangen, wie sehr Ihr Euch für Frederik von Blekinge eingesetzt habt.«
    »So?«
    »Niemandem dürfte das entgangen sein. Und so sehr sich Euer Vater insgeheim darüber freuen mag, weil er vielleicht glaubt, dass dieses Interesse an einem Mann Euren Entschluss, ins Kloster einzutreten, noch einmal zur Disposition stellen könnte, so sehr bringt Ihr ihn dadurch aber auch in eine schwierige diplomatische Lage. Ihn und die ganze lübische Delegation.«
    »Das war nie meine Absicht.«
    »Das weiß ich sehr wohl, mein Kind.«
    »Frederik von Blekinge ist unschuldig. Er soll der Sündenbock für irgendeine Intrige sein, die da im Hintergrund geschmiedet wird. Alle Armen und Bettler, die sonst den Domplatz bevölkern und die vielleicht bezeugen könnten, dass Frederik und Herward noch gestern Abend wie alte Bekannte miteinander gesprochen haben, sind plötzlich durch mildtätige Gaben fortgelockt worden. Und denkt nur, wohin: in ein Haus, das Herward von Ranneberg gehört und in dem dieser eine Suppenküche betreibt, bis das Gebäude irgendwann wegen seines Wurmstichs abgerissen wird!«
    Emmerhart hob die Augenbrauen. Für einen Augenblick glaubte Johanna, einen Anflug von Überraschtheit in seinen Zügen zu entdecken, bevor diese wieder von einem unergründlichen, maskenhaft wirkenden Lächeln überdeckt wurden.
    »In der Kürze der Zeit habt Ihr anscheinend einiges an Nachforschungen angestellt.«
    »Es ist eine Ungerechtigkeit, die da geschieht! Dieser Mann hat niemandem etwas getan. Und er hat es ganz sicher nicht verdient, dass man ihn einsperrt und womöglich

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