Die Keltennadel
Spaltungen unterworfen war. Und aus diesem Grund war Lavelle noch immer mit von der Partie.
»Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Ihr Freund Lavelle eine so große Rolle spielt, wenn Sie mich fragen«, warf McDonagh an dieser Stelle ein und streute noch Salz in die Wunde, indem er das Wort »Freund« betonte. Der Chief Superintendent hatte seine Meinung bislang für sich behalten, während er der Debatte lauschte. Aber nun zog er Dempsey vollständig den Boden unter den Füßen weg.
»Ich habe sämtliche Berichte zu diesem Fall gelesen«, fuhr McDonagh fort, »ich habe gehört, was Sie alle zu sagen haben. Und nichts davon bringt mich von einer Vorgehensweise ab, zu der ich mich bereits heute Morgen entschlossen habe. Ich werde das Drogendezernat einschalten.«
Es wurde still im Raum. Dempsey war verblüfft. Das Drogendezernat hatte in den letzten Jahren mit beträchtlichem Erfolg gegen Irlands Drogenbarone gekämpft, und viele ihrer Anstrengungen zielten auch darauf ab, internationalen Schmugglern das Handwerk zu legen, die an der langen Küstenlinie des Landes Drogenlieferungen für den europäischen Kontinent entgegennahmen. Aber McDonaghs Ankündigung verwunderte ausnahmslos alle Anwesenden.
»Wenn Sie die Akten sorgfältig lesen, werden Sie sehen, warum das die richtige Maßnahme ist.« Der Chief sah Dempsey an. »Vier der Namen in Ihrem Bericht haben eine gemeinsame Verbindung – illegale Betäubungsmittel. Bei Bonner ist es am offensichtlichsten, wenn man seine Vorstrafen betrachtet. Sie selbst haben eine mögliche Verbindung zwischen Mathers und der Verbreitung von Cannabis im Gebiet von Sligo festgestellt. Cannabis wurde auch in O’Loughlins Wohnung gefunden, zusammen mit einer kleinen Menge Kokain. Und noch ein weiterer Name hat eine erwiesene Verbindung zu einem großen Drogendealer – Liam Lavelle.«
Dempsey war sprachlos.
»Ich habe alle Namen mit unserer Datenbank von Drogenstraftätern abgleichen lassen. Letztes Jahr ist Sean O’Neill, ein bekannter Drogenhändler, nach Kilbride gezogen, und die Drogeneinheit hat ihn überwacht. Sie hatten einen Hinweis, dass es möglicherweise zu einer größeren Verschiebung von Drogen durch O’Neills Bande kommen würde, deshalb beobachteten sie, wer bei ihm ein und ausging. Lavelle wurde als einer der Besucher identifiziert, zu einem Zeitpunkt, als O’Neill allein im Haus war. Er blieb«, McDonagh wühlte in seinen Unterlagen, »fast eine ganze Stunde.«
»Könnte es mit seiner seelsorgerischen Tätigkeit zu tun gehabt haben?«, fragte Dempsey, womit er sofort lautes Gelächter am Tisch hervorrief.
»Ach ja?«, witzelte jemand. »Hat er vielleicht O’Neill die Beichte abgenommen?«
»Dieser Besuch allein wäre noch nicht verdächtig«, erklärte McDonagh. »Aber zusammen mit Bonners Wunsch, Lavelle im Gefängnis zu treffen oder ihn vielmehr zur Rede zu stellen, mit seiner offenkundigen Feindschaft und dem nachfolgenden Angriff auf ihn drängt sich zweifellos die Frage auf, ob es eine Verbindung zwischen den beiden und O’Neill gab oder noch gibt. Und außerdem sind diese so genannten Sekten eigentlich nur ein Vorwand für ein internationales Drogenkartell. Die US- Polizei hat uns bestätigt, dass ein früheres Mitglied einer dieser Gruppen kürzlich von einer Briefbombe getötet wurde. Eine Information, die uns Lavelle freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Es war die Sorte Mord, die man eher mit Bandenkriegen assoziieren würde. Wir bitten die zuständigen Stellen in den Staaten, entsprechende Nachforschungen anzustellen.« Er klappte seinen Ordner mit selbstgefälliger Miene zu: Brillant, seine Analyse des Materials, nicht wahr? Das hätte eigentlich allen ins Auge springen müssen.
»Und was ist mit der bisherigen Ermittlung?«, fragte einer der Detectives.
»Ach so, ja. Inspector Dempsey und Sergeant Taaffe können ihre Untersuchung der Morde an den beiden Frauen zunächst fortsetzen, unterstützt von anderen Beamten. Aber wenn es binnen einer Woche keinen Fortschritt gibt, werden wir die bisherige Vorgehensweise neu bewerten müssen. Bis dahin sollte die Drogeneinheit in der Lage sein, einen Bericht abzuliefern, auch wenn beide Teams durch Lavelles Gesundheitszustand aufgehalten werden dürften. Bevor er nicht vernehmungsfähig ist, können wir ihn offiziell nicht festnehmen. Das war’s für den Augenblick.«
Dempsey drückte seine Zigarette aus und zündete sich sofort eine neue an. Dieser Fall schien ihm völlig aus der
Weitere Kostenlose Bücher