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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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seiner Nase, und seine Brust war mit Verbänden umwickelt. Jane näherte sich langsam dem Bett.
    Die Frau begrüßte sie per Handschlag.
    »Hallo, ich bin Mary, Liams Schwester.« Lavelle sah, dass Jane erleichtert war.
    »Hallo, Mary. Jane Wade, eine Freundin von Liam. Wie geht es ihm?«
    »Schon ganz gut. Den Umständen entsprechend.«
    Lavelle knurrte etwas. Es irritierte ihn, dass man so über ihn sprach.
    »Ich überlasse Liam jetzt Ihnen. Ich wollte sowieso gerade gehen.« Mary beugte sich vor und gab ihrem Bruder zum Abschied einen Kuss auf die Stirn.
    »Auf Wiedersehen, Jane. War nett, Sie kennen zu lernen.«
    »Sie ebenfalls, Mary.«
    »Kommen Sie doch mal im Pub vorbei«, sagte Mary, als sie schon in der Tür war.
    »Im Pub?«
    »Hat Ihnen Liam das nie erzählt? Mein Mann und ich haben ein Pub draußen in Portmarnock, das Silver Dolphin. Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen.«
    »Danke, Mary, ich komme gern. Bis dann.«
    Jane setzte sich in einen Stuhl und sah Lavelle an. Er ließ eine Hand unter der Bettdecke hervorgleiten. Sie fasste sie mit beiden Händen.
    »Was ist denn passiert, Liam? Es tut mir leid, dass ich nicht früher da war. Ich dachte… ich bin manchmal so dumm. Ich will nur, dass es dir besser geht. Mehr als alles andere auf der Welt.« Sie spürte, wie er ihre Hand drückte.
    »Was soll das werden – eine Totenrede?«, flüsterte er rau.
    »Ich bin okay. Und jetzt, da ich dich sehe, geht es mir gleich noch besser.« Er drückte wieder ihre Hand.
    »Was ist passiert?«
    »Das war Bonner. Er glaubt, ich bin für Turners Tod verantwortlich. Wie geht es ihm, weißt du das? Niemand sagt mir etwas.«
    Seine Stimme schwankte beim Atemholen.
    »Sprich nicht. Ich will dir nur sagen, dass du mir viel bedeutest und dass ich Angst hatte, du könntest mir genommen werden. Das klingt egoistisch, aber solche Sachen passieren ständig…«
    Nun erstickte ihre eigene Stimme in Tränen, und als sie seine Hand küsste, hatte sie einen salzigen Geschmack im Mund. Lavelle sah, wie sie erschauerte, doch dann spürte er eine Veränderung. Sie begann zu lachen. Sie hob den Kopf, Tränen vergrößerten ihre grünen Augen, als sie ihn anlächelte. »Weißt du, dass ich dich bereits mehr oder weniger als pervers abgestempelt hatte?«
    Er versuchte zu grinsen, aber es wurde mehr eine Grimasse.
    »Wie… in einem von diesen vielen Psychiatriebüchern, die bei dir im Regal stehen?«
    »Ja. Wie kommst du darauf?« Sie war verblüfft.
    »Ich habe zwei und zwei zusammengezählt. Es gibt einen persönlichen Grund für dein Interesse an Psychiatrie, richtig?«
    »Ja.«
    »Jemand aus deiner Familie?«
    »Ja.«
    »Der Junge auf dem Foto… mit dir und Hazel?«
    »Scott, ja. Aber ich will nicht darüber reden.«
    »Erzähl mir von ihm.«
    »Ach, Liam, nicht jetzt. Ich erzähle es dir ein andermal.«
    »Jetzt.« Er drückte ihre Hand so fest, dass sie nachgeben musste.
    »Na gut. Scott war der Älteste. Der beste große Bruder, den man sich wünschen kann. Hazel und ich haben ihn angebetet. Er war wie Errol Flynn und Mary Poppins in einem. Er hat auf uns aufgepasst. Uns erzogen. Spiele für uns erfunden. Als wir dann etwas für ihn tun mussten, konnten wir es nicht. Es war schrecklich. Sie haben Schizophrenie bei ihm diagnostiziert, nachdem er anfing… sich seltsam zu benehmen. Er kam ins Krankenhaus, sie verschrieben ihm Medikamente, eine Therapie und alles. Aber irgendwo tief in sich drin merkte er, dass es unerträglich war. Dass er nicht mehr derselbe Mensch wie früher war. An einem Weihnachtstag dann war er bei meiner Mutter in Meath, einige Zeit nachdem Daddy gestorben war. Er wusste nicht, dass ich zu Besuch kam. Mutter sagte, sie hätten eine Auseinandersetzung gehabt. Ich fand ihn in einem Schuppen. Er hatte sich mit einer Sichel den Hals aufgeschnitten, und das Blut lief in einen Eimer, einen Zinkeimer, den er sich an den Hals hielt. Er sieht mich kommen und sagt auf seine sanfte Art: ›Keine Angst, Jane, das ist kein richtiges Blut.‹ Und ich weiß bis auf den heutigen Tag nicht, ob er das wirklich glaubte oder ob er mich mit seinem großen, weichen Herzen vor der Realität seiner Tat schützen wollte.«
    Sie weinte nun hemmungslos, die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Lavelle zupfte ein Papiertaschentuch aus einer Schachtel auf dem Nachttisch, und sie nahm es dankbar. Er versuchte sie zu trösten. »Vielleicht wäre es schlimmer gewesen, wenn er weitergelebt hätte. Für ihn, meine ich.«
    »Das sage

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