Die Keltennadel
ihr, er findet ihre Schwester, aber inzwischen redet er ihr den ganzen Quatsch von Geheimzeichen und toten Dichtern ein.«
»Bist du eifersüchtig? Sie ist eine Wucht, so viel steht fest.
Aber ich denke, Miss Wade ist eine eigenständige Frau, Jack. Nach ihrer Aussage hatte sie zunächst Mühe, Lavelle zu überzeugen. Ich gebe zu, dass die Sache mit Becca de Lacy ans Phantastische grenzt, aber das mit dem Namen Mathers ist interessant. Ich habe ihn nur einmal gegenüber Lavelle erwähnt, und der muss ihn ihr gesagt haben. Wir wissen, dass Mathers existiert, ob der Name nun falsch ist oder nicht, und es hört sich so an, als hätte er sich nach dieser historischen Figur benannt, von der sie gesprochen hat. Und dann ist da noch die Verbindung zu Yeats. Lavelle wusste nicht, aus welchen Gründen sich Mathers in Sligo aufhielt. Und dieser Zeitungsartikel verrät uns nicht nur, woher das Parfüm stammt, sondern auch, dass offenbar Mathers derjenige war, der es geklaut hat. Tote Dichter hin oder her, die beiden sind an was dran. Aber versteh mich nicht falsch. Lavelle steht natürlich immer noch unter Verdacht. Ich denke, wir müssen jetzt einen entschlossenen Versuch unternehmen, ihn entweder festzunageln oder uns Gewissheit darüber zu verschaffen, dass er unschuldig ist.«
»Wir haben noch die anderen Stiefelabdrücke in der Galerie. O’Loughlin hat nicht allein gehandelt.«
»Kannst du dir vorstellen, dass zwei wie Lavelle und O’Loughlin unter einer Decke stecken? Ich nicht. Aber wir lassen Lavelle in den nächsten Tagen noch einmal kommen und vernehmen ihn. Und sei übrigens vorsichtig, was du sagst, wenn wir wieder da reingehen – wir haben O’Loughlin noch nicht des Mordes angeklagt.«
»Ich soll vorsichtig sein? Du bist doch derjenige, der das Risiko eingeht, einem wie Lavelle vom Stand unserer Ermittlungen zu erzählen. Komm mir nicht auf die Tour, Kevin.«
»Ach, so ist das! Aber wenn ich ihm nichts gesagt hätte, wären die beiden heute Abend nicht hier, oder?«, sagte Dempsey und gab seinem Kollegen einen freundschaftlichen Klaps hinters Ohr.
Im Vernehmungszimmer setzten sich alle vier wieder hin, und Dempsey fragte Lavelle, ob das, wovon Jane redete, mit seinen Spekulationen übereinstimmte.
»Zunächst einmal sollten wir den Zehnten Kreuzzug beiseite lassen«, schlug Lavelle vor. »Wenn man das tut, wird alles ein bisschen klarer.«
Dann erzählte er ihnen von Michael Roberts, seiner Verbindung zu ihm und den Informationen, die er von Guterson bei Cultwatch bekommen hatte.
»Nehmen wir also an, dass Roberts der Führer einer in den USA beheimateten Endzeitsekte ist, die sich die Hüter des Siebten Siegels nennt«, fuhr er fort. »Aus irgendeinem Grund werden sie wieder aktiv, nachdem sie sich offenkundig schon aufgelöst hatten. Sie machen Irland zur Basis ihrer Operationen, bei denen sie Frauen als Opfer bei einer Art Reinigungsritual ermorden. Reinigung, darauf habe ich bereits hingewiesen, bedeutet normalerweise Vorbereitung auf etwas. Weiterhin ist mit diesen Morden Roberts’ persönliche religiöse Symbolik verknüpft, die eine Parodie der meisten in ihr enthaltenen Weltanschauungen darstellt, mit Ausnahme der asketischen Werte der frühen irischen Kirche und möglicherweise der alten Religion der Kelten. Alles ist von einem Hass auf weibliche Sexualität durchzogen. Ich nehme an, auch an Kara McVeys Leiche hat man eine Gewandnadel gefunden?«
Taaffe sah eine Gelegenheit, ihm ein Bein zu stellen. »Woher –«
»Ja, das stimmt«, schnitt ihm Dempsey das Wort ab. »Was bedeutet es?«
Der Detective Sergeant schnalzte mit der Zunge.
Lavelle erzählte ihnen die Geschichte von Samhtann, die sich eine Fibel in die Wange steckte.
»Können Sie genauer erklären, was das aussagt?«, hakte Dempsey nach.
»Die toten Frauen wurden gereinigt – bis aufs Äußerste –, man ließ alles Blut aus ihren Körpern laufen. Dann steckte man die Nadel in sie, um deutlich zu machen, dass sie sich in einem veränderten, vollkommenen Zustand befanden. Eine ›schreckliche Schönheux hätte es Yeats vielleicht genannt.«
»Es gibt also einen frauenfeindlichen Aspekt. Weiter«, ermunterte ihn Dempsey, »was noch?«
»Dieser Frauenfeindlichkeit ist dann eine apokalyptische Weltanschauung aufgepfropft. Sie basiert jedoch nicht auf der Bibel, sondern hat mit der Lyrik und den prophetischen Ansichten von William Butler Yeats zu tun. Aus den Apokalyptischen Reitern des siebten Siegels sind zum Beispiel die
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