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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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sagte er, als er ins Wohnzimmer ging.
    »Unglaublich, diese zwei Polizisten, oder?«, Jane ärgerte sich immer noch über die Skepsis der beiden. »Dempsey ist ganz in Ordnung, um gerecht zu sein. Aber ich glaube nicht, dass sie die Geschichte mit Becca de Lacy ernst nehmen.«
    »Lass ihnen Zeit, es zu verdauen«, sagte er. »Sie müssen vieles überlegen. Übrigens, ich weiß ja, dass ich einen Aussetzer bei Taaffe hatte, aber was hat dich über seine Krawatte lästern lassen?«
    »Ach… ich habe nur gehört, wie er schlecht über dich geredet hat, als ich von der Toilette zurückkam. Er hätte noch was ganz anderes verdient.«
    »Weißt du, was ich getan habe, als du hinausgegangen bist? Ich habe zum Himmel hinaufgeschaut und Sirius dort oben funkeln sehen, so fern, so schön, und ich dachte… ich würde ihn gern vom Himmel pflücken und dir schenken.«
    »Nur für mich. Mein eigener Stern. Und ich weiß, wo ich ihn aufbewahren würde.«
    Sie hüpfte davon und kam mit Hazels Briefbeschwerer wieder. Sie kniete sich neben ihn, er konnte ihr Parfüm riechen. Ein lichtdurchfluteter Sommerweg.
    »Ich würde ihn hier reintun. Das ist meine Sternfabrik, aber sie hat noch nicht einen produziert. Vielleicht braucht es ja einen richtigen Stern, damit sie in Schwung kommt. Oder der Hazel wieder zu mir führt.« Sie hielt den Briefbeschwerer in den gewölbten Händen und starrte hinein, ihre Augen schwammen in Tränen.
    »Du vermisst sie sehr, oder?« Lavelle drückte sie an sich.
    »Ja, ich vermisse sie schrecklich. Und ich mache mir Sorgen um sie, Liam, große Sorgen.« Sie schmiegte sich an seine Brust, fühlte sich beschützt, mochte seinen Geruch. Er spürte, wie sich ihre weichen Brüste an seinen Körper pressten.
    In seinen Armen liegend, schloss sie die Augen, während der Chorteil des Stückes anschwoll und den Raum erfüllte. Lavelle bemerkte die winzigen Tropfen, die wie Tau auf ihren Wimpern lagen. Und auch in seinen Augen standen Tränen. Die Schönheit der Musik drang tief in seine Seele. In Zeiten wie diesen, wenn von seinem Glauben so gut wie nichts übrig war, konnten ihn die grandiosen Klanggebilde Mozarts über die Grausamkeit der Welt erheben und in die Nähe Gottes führen. Wenn ein Mensch zum Lob Gottes einen Freudengesang von solch sinnlicher und himmlischer Schönheit komponieren konnte, dann musste Er existieren. Das war natürlich mittelalterliches Denken, aber für den Augenblick genügte es ihm. Und dieses großartige, zitternde Geschöpf in seinen Armen. Auch dafür dankte er.
    Jane bedeutete dieser Moment, dieses Jetzt, alles. Sie spürte seine Nähe mit jedem Nervenende ihres Körpers, und eine glückselige Schwere breitete sich in ihr aus.
    Sie lauschten vereint, bis das Stück zu Ende ging, der Sopran hoch über den Chorstimmen geschmeidig wieder einsetzte und die letzten harmonischen Akkorde des »Amen« sie beide sanft in eine Stimmung schweigenden Nachdenkens trugen.
    Sie hielten sich weiter an den Händen gefasst und starrten ins weiche Halbdunkel des Zimmers.
    Aber Lavelle plagte noch eine Neugier. »Was genau hat Taaffe über mich gesagt?«, flüsterte er.
    »Er sagte…« Jane spielte mit dem Gedanken, es zu beschönigen, aber dann beschloss sie, offen zu sein. »Er sagte: Wahrscheinlich bumst er die Frau, was das Zeug hält… ‹«
    Lavelle kicherte.
    Jane wandte ihm das Gesicht zu und sah ihm tief in die Augen.
    »Hat er in die Zukunft gesehen?«, fragte sie.

47
    I rgendwo über Kanada geriet Becca de Lacys Flugzeug in Turbulenzen. Sie wurde aus einem Traum gerissen, einem Traum von Buntglaslandschaften und geisterhaften Gestalten, die endlos Verszeilen intonierten, mit denen sie vergeblich versuchten, die unsagbare Trauer ihres Schicksals auszudrükken, eines Schicksals, das sie dazu verdammt hatte, auf ewig in einer kristallinen Wildnis dahinzusiechen.
    Diese Träume befielen sie seit ihrem Abflug von Irland, und Becca wusste, sie entsprangen dem Vorfall von der Nacht vor der CD-Präsentation. Nach dem Streit mit David wegen des Gedichts hatte sie versucht, ihn zu beschwichtigen, indem sie eine spirituelle Übung vorschlug, die er »Das Schwert der Begierde« nannte. Und dabei war alles fürchterlich schief gelaufen.
    »Du bist zu meiner anamchara , meiner Seelengefährtin, geworden«, hatte David eines Abends mitten im Sommer gesagt, als sie im Salon saßen. Draußen vor dem Fenster flogen Geschwader von Saatkrähen zu ihren Schlafplätzen in den Bäumen. »Deshalb kann ich dir

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