Die keltische Schwester
Himmelbett und einer erschröcklichen Blümchentapete ausgestattet. Auch einen Erker, um nach Blaubarts Rückkehr Ausschau zu halten, können wir bieten.
Dir, liebe Lindis, stelle ich natürlich auch gerne den Schlüssel zu Blaubarts Zimmer zur Verfügung.
Ich werde selbstverständlich mein Möglichstes tun, den Zustand der Häuser bis zu Deinem Eintreffen, und tunlichst noch darüber hinaus, so zu belassen, wie er derzeit ist.
Bis bald also,
Robert
Ein frecher Brief. Vor allem die letzte Bemerkung über Schlüssel und Zimmer. Aber ich hatte alle Information, die ich brauchte, und war beruhigt.
Bis mir am nächsten Tag siedend heiß einfiel, was Robert da geschrieben hatte. Die Häuser gehörten einer Morwenna Keroudy.
»Wulf, ich muss noch einmal lästig fallen, aber bist du sicher, dass die Grundstücke wirklich alle aufgekauft sind? Auch die, die damals durch den Vermessungsfehler untergegangen sind?«
»Selbstverständlich. Für wie blöd hältst du uns eigentlich?Callot hat das alles im Griff. Jetzt renn bloß nicht schon wieder zu Koenig und nörgele rum. Wie kommst du bloß immer auf so absurde Ideen?«
»Schon gut, war nur so eine Ahnung. Du bist der Chef!«
Ich hatte absolut keine Lust, mich wieder mit Wulf zu streiten. Vielleicht wusste auch Robert nicht alles. Mein Problem war es im Augenblick jedenfalls nicht, und ich vergaß die Angelegenheit.
Die letzten Apriltage verrauschten in heftigen Stürmen, der Mai brach mit Aufheiterungen an. Auch bei mir. Ich hatte mir angewöhnt, viel spazieren zu gehen, manchmal mit Beni, oft auch alleine. Es machte mir mehr und mehr Vergnügen, stundenlang durch den Wald zu streifen. Etwas, das ich früher nie von mir geglaubt hätte. Aber jetzt beobachtete ich mit Befriedigung, wie die Büsche und Bäume ihre kleinen Blätter entfalteten, wie aus dem Waldboden das erste Grün spross. Ich lernte zarte Buschwindröschen von den weißen Blüten des saftigen Sauerklees zu unterscheiden, staunte über die kleinen blauvioletten Veilchen zwischen ihren dunkelgrünen, herzförmigen Blättern, freute mich an der himmelblauen Fläche wilder Hyazinthen, die sich unter lichten Birken erstreckte, pflückte einen Strauß Maiglöckchen und Vergissmeinnicht. Die gelben Iris am Ufer eines Bächleins, das sich durch Moos und feuchten Humus schlängelte, bewunderte ich nur von weitem, nachdem ich einmal mit beiden Füßen im Matsch gelandet war. Der Bauernhof bot uns frisches Obst und Gemüse. Spargel, Salat, erste Erdbeeren.
Da ich meine beiden kleinen Projekte inzwischen beinahe vollständig abgegeben hatte und alle anderen Aktivitäten in ruhigen Bahnen liefen, hatte ich auch erstmals eine geregelte Arbeitszeit und konnte fast jeden Tag gegen fünf Uhr nach Hause fahren. Das war auch ganz gut so, denn der fünf- bis sechswöchigeFrankreichaufenthalt musste auch geplant werden. Beni versank in ihren Büchern und lernte mit ihrer Clique für die letzten Prüfungen im Schuljahr, von ihr sah ich wenig. Mit Teresa war ich noch einmal essen gegangen, um Absprachen für Benis Unterbringung zu treffen. Es war unterhaltsam mit ihr, aber bei diesem Gespräch kratzte sie nicht so heftig an meinen verborgenen Empfindungen. Karola hingegen war nach ihrem letzten Auftritt zwei Wochen ausgefallen und anschließend sehr, sehr distanziert.
Ich träumte nichts weiter von Bedeutung. Danu schien sich aus meiner Welt verabschiedet zu haben. Ich bedauerte das schon fast, aber andererseits war ich häufig genug mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt. Sie waren nicht sehr strukturiert, diese Gedanken, aber erstmals in meinem Leben machte ich mir nichts daraus, dass sie nicht ordentlich in vorgeschriebenen Bahnen liefen. Ich ließ sie wachsen wie der Frühling die Blätter.
Es war eine Zeit erstaunlicher Ruhe. Aber hätte ich auch nur einen kleinen Anteil von Danus Sehergabe gehabt, ich hätte gewusst, dass auf mich schon ein paar schicksalhafte Entwicklungen in der Zukunft lauerten. Im Guten wie im Bösen.
4. Faden, 5. Knoten
Beni hatte mir ein Dutzend Verhaltensvorschriften mitgegeben, dann durfte ich mich endlich auf den Weg machen. Selbstverständlich hatte sie mich so lange gequält, bis ich ihr Roberts Mail gezeigt hatte, und ebenso selbstverständlich war die Erwähnung des Prinzessinnen-Zimmers dazu angetan, mir beständig in den Ohren zu liegen, mich bei Robert einzunisten. Aber das hatte ich nun wirklich strengstens abgelehnt. Nichtnur, weil ich auf gar keinen Fall in enger
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