Die keltische Schwester
heute Besuch von Monsieur le Curé, Léon.«
»Oh, pauvre Simon.«
Callot schien Morwennas Vorliebe für die Geistlichkeit zu kennen. Neu war mir allerdings, dass der arme Simon offensichtlich von Wulf ausgeschickt worden war, allerdings nicht, um Mère Morwenna für ihre letzten Tage auf den Weg des wahren Glaubens zu bringen, sondern um sie dem Grundstücksverkauf gegenüber aufgeschlossen zu machen.
»Er hat von dem nahen Ende zu ihr gesprochen, und wie nichtig alles irdische Sein und das Festhalten an materiellen Gütern sein.«
»Oh, oh!«, murmelte ich. »Es kam vermutlich nicht so gut an?«
Callot und Robert lächelten wissend.
»Madame hat eine interessante Verfügung erlassen, was den Fall ihres Ablebens betrifft, Léon. Lindis hatte da einen denkbar glücklichen Einfall zu dem Thema.«
Ein erstauntes Brauenheben seitens des Bürgermeisters traf mich.
»Es setzt sozusagen Zeichen.«
»In der Tat? Nicht mehr die Vogelschützer?«
»Nein, die Museumskommission, mit mir als Treuhänder.«
Monsieur, der gerade einen Schluck des exquisiten Bordeaux in den Mund genommen hatte, rang verzweifelt hinter seiner Damastserviette um Fassung.
Ich fragte mich, warum.
Als Callot wieder Herr seiner Stimme war, kommentierte er das mit einem schlichten »Très interessant«, und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass er sich nicht traute, auszusprechen, was er wirklich davon hielt. Wir bekamen einen neuen Gang serviert – ich wusste nicht mehr, der wie vielte –, und nach einer recht langen Pause fragte Callot mich: »Ich hoffe, Sie haben keine weiteren Probleme mit Ihrer Projektplanung?«
Ich war stolz auf meine Antwort.
»Seit die Anschlüsse der Télécom funktionieren, ist die Planung einfacher geworden. Mit dem PC waren die Berechnungen sehr langsam.«
Callot nickte und ließ sich über die langsame und umständliche Arbeitsweise des französischen Kommunikationsunternehmens aus.
Das Gespräch bewegte sich am Rand des Surrealistischen, war mein Eindruck. Worauf wollten die beiden hinaus? Jetzt fing Robert auch noch an, über die Kelten zu sprechen. Ich schaltete einen Moment ab, denn Unterhaltungen in einer Fremdsprache, die man nicht besonders gut beherrscht, sind schon anstrengend genug, aber wenn man noch nicht einmalversteht, worauf die Beteiligten hinaus wollten, war es beinahe unerträglich. Ich merkte, wie ein leichter Kopfschmerz meinen Nacken hochkroch.
Plötzlich sah mich Robert an, der mir gegenüber saß.
»Ich sagte Léon gerade, dass dein Hobby ebenfalls die keltische Geschichte ist und dass du Zugang zu bisher unbekannten Quellen hast.«
»Habe ich das?«
»Ein ausgefallenes Hobby, Madame. Ich hoffe, es lässt sich mit ihrer sonstigen Arbeit vereinbaren?«
Robert hilf mir!, flehte ich stumm. In welchem Lager stand Callot?
»Nun, es ist eine Beschäftigung in meiner Freizeit.«
»Die vielleicht zu einer interessanten Entdeckung führt«, fügte Robert hinzu.
Léon legte plötzlich das Besteck auf den Teller, sah Robert direkt an und meinte: »Es würde unsere Sache natürlich sehr unterstützen, Robert. Aber es muss konkret sein, und es muss schnell gehen. Dann kann ich alles in Bewegung setzen.«
War ich froh, nichts von dem exquisiten Bordeaux im Mund zu haben. Meine Kopfschmerzen waren schlagartig verschwunden.
»Wir arbeiten daran, Léon. Lindis weiß, was kritische Termine sind.«
»Madame?«
»Oui, je sais.«
»Dann werde auch ich tun, was ich kann. Ich hoffe, Madame –
chère
Lindis –, Sie haben keine Probleme durch dieses Gespräch.«
»Und wenn, werden es meine Probleme sein.
À votre santé
, Léon.«
»Eine goldene Kutsche wäre mehr als angemessen, Lindis. Das hast du hervorragend gemacht.«
»Was, den Verrat an meinem Arbeitgeber?«
»Ist es Verrat? Ihr kriegt die Kiste hier doch sowieso nicht mehr gerichtet. So viel verstehe ich von der Abwicklung auch. Dein Kollege Daniels geht hier wie ein wilder Stier um und stößt auch noch die paar Leute vor den Kopf, die bisher der Idee des Ferienparks die Stange gehalten hatten. Wenn ihr in den nächsten Tagen aussteigt, ist noch kein großer Schaden angerichtet. Aber wenn erst die großen Maschinen den Boden aufwühlen, ist es zu spät.«
»Du weißt gar nicht, wie recht du hast. Das ist die einzige vertragliche Lösung, die wir haben. Was soll ich machen, Robert? Ich habe Dr. Koenig einen Bericht geschickt, in dem rot angemarkert ist, was passiert, wenn hier nicht ganz schnell die Dinge geklärt sind. Er müsste
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