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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Einzelheiten zu erinnern wie möglich.
    »Angus ist also Elcmars Sohn. Was ist denn mit Elcmar geschehen? Den hast du nie wieder gesehen, oder? Dabei hatte sie sich doch in ihn verliebt, als sie ihn gepflegt hat.«
    »Nein, Beni, ich habe ihn nicht mehr gesehen, und es scheint so zu sein, dass er irgendwann zwischen dieser Dürreperiode und der Rückkehr von Danu in das Dorf gestorben ist. Aber wie und warum – keine Ahnung. Zumindest heldenhaft, denn man scheint sein Andenken in großen Ehren zu halten.«
    Robert, der auf der anderen Seite des Tisches saß, hatte die Ellenbogen auf das Holz gestützt und schaute mich sehr eindringlich an. Eindringlich und fragend.
    »Robert, ich weiß es wirklich nicht, du brauchst mich gar nicht so anzusehen.«
    »Du ahnst es auch nicht? Nein? Dann will ich es euch sagen. Elcmar hat sich für sein Land und sein Volk geopfert.«
    »Ja, das hat Angus auch gesagt. Aber wie? Ist er im Kampf gegen Feinde gestorben?«
    »Nein, Lindis. Er hat sich geopfert. Die Kelten kannten Menschenopfer. Nicht oft, nicht leichtsinnig, aber dennoch. Es waren, soweit wir wissen, freiwillige Opfer. Ein König, ein Führer gab in Zeiten großer Not sein Blut und sein Leben für sein Land. In der Hoffnung, dass die Götter dieses Opfer annahmen und das Unheil abwendeten. Elcmar hat dieses Opfer vollzogen, um dem neuen Land, das sein Volk aufnahm, zu helfen.«
    Samtweiche Stimme, die leise von dem grausamen Geschehen sprach.
    Das kalte Grauen zog über meinen Rücken. Arme Danu, arme Danu! Sie hatte ihn geliebt, und er war diesen Weg gegangen.
    »Wie schrecklich!«, flüsterte Beni. Und Teresa nahm meine Hand. »Du bist weiß wie die Wand, Lindis.«
    Ich war so mit meinem Entsetzen beschäftigt, dass ich überhaupt nicht mitbekam, dass auch Robert mit seiner Fassung rang. Beni, scharfäugige Beni, aber merkte es und ging zu ihm. Sie legte ihm von hinten die Arme um die Schultern, und er lehnte seinen Kopf an ihre Brust.
    »Es war für die, die zurückblieben, schlimmer als für das Opfer«, sagte er schließlich leise.
    »Es ist schrecklich, dass wir sozusagen in Kontakt mit einer Betroffenen stehen, aber so ungewöhnlich ist für diese Zeit ein Menschenopfer nicht. Sogar das fortschrittliche und so humane Christentum hat seine Märtyrer.«
    Ich schüttelte meine leichte Benommenheit ab und fügte hinzu, wobei ich mich wunderte, wie bitter meine Stimme klang: »Wie recht du hast, Teresa. Und es begründet sich sogar auf einem solchen. Einem ganz besonders scheußlichem!«
    Beni sah uns beide mit riesengroßen Augen an.
    »So hab ich das noch nie gesehen.«
    Robert nahm ihre Handgelenke und zog sie seitlich zu sich auf die Bank. Kurz blitzte die Erkenntnis bei mir auf, dass er so ganz und gar berührungsscheu nicht war.
    »Sogar heute noch gibt es freiwillige Menschenopfer. Kamikaze-Flieger, sich selbst verbrennende Mönche, Hungerstreikende – übrigens auch ein alter keltischer Brauch. Wenn einem jemand Unrecht getan hatte, setzte man sich so lange auf seine Schwelle und hungerte, bis er sein Unrecht zugab. Höchst wirksam, denke ich mir.«
    »Ein Verfahren, das für Beni untauglich ist.«
    Zum Glück waren wir wieder auf neutralem Gebiet. Ein bisschen verwundert hatte mich allerdings Roberts Reaktion schon. Aber offensichtlich wollte er nicht mehr dazu sagen.
    »Übrigens, Robert, du wolltest doch sehen, was für Schnörkel ich zeichne, wenn ich nachdenke«, erinnerte ich mich und zog die bemalten Seiten aus dem Buch, in dem ich gestern noch geblättert hatte. »Das da sind die Kunstwerke. Zu welchem Schluss kommt der Historiker?«
    Ich schob sie ihm über den Tisch zu, und er betrachtete sie eingehend.
    »Teresa hat recht mit ihrer Deutung, aber die späteren Motive aus der irischen Buchmalerei sind etwas abstrakter. Sie haben mehr Wiederholungscharakter, sind sozusagen konstruierter. Das hier wirkt origineller. Wenn wir davon ausgehen, dass das hier etwas ist, was von Danu zu dir kommt, dann möchte ich meinen, dass die späteren, christianisierten Kelten vergessen hatten oder vergessen wollten, was die grundlegende Bedeutung war, dann aber nur noch das Prinzip verwendet hatten, um ihre Bücher zu verzieren.«
    »Oder dass sie eine noch tiefere Einsicht hatten und erkannten, dass es Wiederholungen gibt? Danu konnte oder durftenicht schreiben, aber sie stellte ihre Weissagungen immer in dieser Form dar. Es sind die Handlungsfäden und Knoten einer Geschichte. Wir wissen nur nicht welcher.«
    »Das wäre

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