Die keltische Schwester
sehr tiefsinnig gedacht. Manchmal ist die Lösung viel einfacher. Aber darüber möchte ich später noch nachdenken. Jetzt koche ich für alle einen Cappuccino und erzähle euch noch kurz, was ich mir für morgen ausgedacht habe.«
»Kaffee vor dem Schlafen?« Teresa zog eine Grimasse. »Dir mag das ja nichts ausmachen, aber wenn ihr es heute Nacht auf dem Dach poltern hört, dann bin ich es.«
»Wundervoll, Teresa im weißen Gewand über den Dachfirst stolpernd! Dann weiß ich ja, wem ich da begegne.«
Teresa hatte einen somnambulen Gesichtsausdruck und hielt die Hände tastend vor sich.
»Teresa! Wir haben was vergessen!«, quiekte Beni plötzlich, und Teresa zeigte alle Anzeichen plötzlichen Erwachens. »Wo bin ich?«
»Du Dummbeutel, Teresa, hast du vergessen?«
»Oh? Ach ja, sicher. Lindis, wir haben dir etwas mitgebracht!«
»Das sagt ihr jetzt erst? Ein Geschenk?«
»Mhmhm!«
»Und? Wo ist es?«
»Lauf, Beni. In meinem Zimmer, auf dem Tisch am Fenster.«
Meine Schwester verschwand in Gefilden, die ich bislang noch nicht betreten hatte, aber sie schien sich in Roberts hinteren Gemächern gut auszukennen. Mit einem in Blütenpapier eingewickelten Päckchen kehrte sie zurück.
»Hier, liebste, ältere Schwester. Für dein nächstes Rendezvous mit Danu. Wir haben versucht, es stilgerecht nachzuempfinden.«
Neugierig zog ich die goldene Schleife auf und wickelte das Geschenk aus. Etwas Weißes, Textiles. Schweres weißes Leinen.Ich schüttelte es aus. Ein langes Kleid, schlicht geschnitten, an den Schultern von zwei goldfarbenen Broschen zusammengehalten, die mit keltischen Knoten verziert waren.
»Die sind nicht echt, aber wir haben sie in so einem Ethnoladen gefunden, der irischen Schmuck führt.«
Ich war gerührt und hielt mir das Kleid gerade an, als Robert mit den dampfenden Tassen zurückkam.
»Eher römisch, würde ich sagen, aber vermutlich ist Danu mit der Mode gegangen. Wir müssen dir morgen einen Kranz aus Eichenlaub flechten.«
»Und eine goldene Sichel für mich finden, darauf bestehe ich.«
»Aber einen langen weißen Bart lässt du dir nicht wachsen, bitte.«
»Nein? Schade.«
»Gefällt es dir?«
»Ja, Beni. Danke, ihr beiden. Ich werde es morgen anziehen und euch vorführen.«
Es war nicht genau das, was Danu getragen hatte, aber es war sehr schön.
»So, jetzt zu den ernsthaften Unternehmungen für morgen«, versuchte Robert das Thema zu wechseln.
»Was kann ernsthafter sein, als ein neues Kleid anzuprobieren?«
»Oder Kränze zu flechten!«
»Weiber!«
»Armer Robert, diese älteren Frauen sind nervig mit ihrem Getue um Kleider und Frisuren. Vertrau du mir deine Pläne an.«
Beni flirtete und schmuste mit Robert herum, dass er seine Freude hatte. Ihm schien das zu gefallen, und ich musste mit einem Nagetier in mir kämpfen, das auf den Namen Eifersucht hörte.
»Also gut, wir sind ganz Ohr. Was hast du mit uns vor, Robert?«
»Es würde uns, und damit meine ich alle die, die daran interessiert sind, hier ein Museum für Keltische Geschichte aufzubauen, sehr helfen, wenn wir den Nachweis erbringen könnten, dass dieser Standort von besonderer Bedeutung ist. Bislang hatten wir dieses Gebiet einfach deshalb gewählt, weil vonseiten der Gemeinde ein grundlegendes Bedürfnis zur Belebung des Fremdenverkehrs bestand. Wie ihr wisst, verloren wir gegen den Betreiber großer Ferienclubs. Trotzdem, noch wurde nicht mit den Baumaßnahmen begonnen. Aber der Beginn steht kurz bevor. Wenn wir aber etwas finden, das konkrete Hinweise auf ein altes Dorf, ein Heiligtum, Gräber und so weiter gibt, können wir die Sache noch stoppen.«
Robert hatte das sehr nüchtern dargestellt und stand jetzt auf, um hin und her zu gehen. Ich erkannte den Dozenten in ihm wieder.
»Wie wir wissen, hat Lindis eine ganze Reihe Szenen in ihren Träumen gesehen, die alle sehr eindeutig hier spielten, denn Ausgangsort war häufig der Menhir, der vor diesem Haus steht. Richtig, Lindis?«
»Ja, einige Träume spielten hier, andere in einem Ort, etwa einen Tagesmarsch von hier. Andere in einem Waldstück, das früher ebenfalls in dieser Gegend gewesen sein musste, denn Kinder aus dem Dorf waren bis dorthin gekommen.«
»Wir haben hier noch ein Stückchen verwilderten Wald, der an das Naturschutzgebiet grenzt. Wir werden das mit in Betracht ziehen. Aber viel ergiebiger scheint mir die Suche nach den Begrenzungen des ehemaligen Dorfes zu sein. Nichts in irgendwelchen Unterlagen weist bislang darauf hin,
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