Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
meine Wohnung verwüsteten. Anschließend ging ich einfach zu Bett. Alleine. Und das Klopfen um kurz nach elf überhörte ich.

    Den ganzen nächsten Tag ging mir die Begegnung mit Robert nicht aus dem Kopf. Was machte er hier, an diesem entlegenen Fleckchen Erde? Im Finistère, am Ende der Welt?
    Wie dramatisch sich das anhörte, dachte ich. Hier traf ich ihn wieder, am Ende der Welt.
    Wenn ich irgendeine Form von Glauben oder Aberglauben gehabt hätte, würden mir vermutlich Schauder über die Arme laufen. Mich schauderte es aber nicht. Eigentlich waren wir ja beide erwachsene, vernünftige Menschen. Man muss sich eine gescheiterte Beziehung nicht jahrzehntelang nachtragen. Was vorbei ist, ist vorbei. Nach so langer Zeit sollte man über den Dingen stehen und eine normale Höflichkeit im Umgang pflegen. So wie er es getan hatte. Ich war diejenige, die so verkrampft reagiert hatte, sagte ich mir. Warum nur? Meine Gefühle für ihn waren schon lange gestorben. Keinen schönen Tod. Aber endgültig, wie der Tod eben ist.
    Lindis, du versuchst nur eine Ausrede für deine Neugier zu finden, warf ich mir dann vor.
    Lindis, da hast du recht, antwortete ich mir.
    Ich zog mir ein paar Leinenhosen an und verzichtete auf Strümpfe. Zum Glück hatte ich die Autoschlüssel noch, Wulf führte seine Gespräche im Ort. Ich hinterließ ihm einen Zettel, dass ich zufällig alte Bekannte getroffen hatte, mit denen ich mich für den Abend verabredet hatte. Dann machte ich mich auf den Weg.
    Es war schon später Nachmittag. Von weitem sah ich denaufrechten Stein, der mir die Richtung durch die Felder angab. Irgendwo in meinem Gedächtnis meldete sich eine vergessene Erinnerung. Diese Steine standen nicht zufällig da herum. Ach ja, das Buch über die Bretagne, das Karola mir damals auf den Schreibtisch gelegt hatte. Ich hatte es nur flüchtig durchgeblättert, aber jetzt fiel mir wieder ein, dass von diesen Steinen – wie hießen sie doch noch gleich – ah ja, Menhire, also, von denen war die Rede. Irgendwelche alten Völker hatten sie als Heiligtümer oder Opfersteine oder sonst etwas Grausiges errichtet.
    Eine Krähe landete krächzend und flügelschlagend auf seiner Spitze. Sehr dekorativ und ein bisschen beklemmend.
    Vielleicht sollte man den Stein später sogar stehen lassen und als Kuriosum in die Badelandschaft einbauen. Ein bisschen schaurige Legende darum könnte publikumswirksam sein. Ich stellte mir schon lebhaft vor, wie bei Dunkelheit nur ein einzelner Spot den Menhir bestrahlt, Nebel aus den Becken aufwallt und geheimnisvolle Musik aus den Lautsprechern ertönt.
    Jetzt war von Nebel keine Spur, und die Sonne war zwar der einzige, aber taghelle Spot, der am Himmel stand. Robert saß auf der Steinbank vor seinem Haus und spielte mit der Katze. Dass er tierlieb war, war mir neu.
    »Dämon, wir bekommen Besuch! Hallo, Lindis.«
    »Grüß dich, Robert. Ich war gestern etwas kurz angebunden. Gilt das Angebot für ein Glas Cidre noch?«
    »Natürlich. Setz dich hier in den Schatten, ich bringe uns welchen.«
    Ich setzte mich auf einen Gartenstuhl in gebührendem Abstand zu dem roten Dämonen, der sich beinahe in voller Länge auf der Bank ausgestreckt hatte. Ich bin Katzen sehr misstrauisch gegenüber. Sie kratzen und haaren. Man bekommt Allergien von ihnen.
    Der Apfelwein in den beschlagenen Gläsern war herb und prickelte leicht. Genau das Richtige an einem so warmen Tag.Der rote Kater hatte sich zum Glück verzogen, und wir saßen uns schweigend gegenüber. Schweigen war auch so eine entnervende Angewohnheit von Robert. Das heißt, damals hatte sie mich genervt, heute weiß ich diese Taktik ebenso wirkungsvoll einzusetzen. Wenn man von jemandem etwas wissen will, gibt es kein besseres Mittel als Schweigen. Es ist reine Nervensache, bis der andere anfängt, irgendetwas zu erzählen.
    Robert hat Nerven wie Drahtseile.
    Robert war auch höflich, ebenfalls ein neuer Zug an ihm.
    »Ich wohne schon seit zwei Monaten hier. Es ist fantastisch, findest du nicht auch? Diese Landschaft, die Stille, die Luft.«
    »Wem das gefällt. Ich brauche, ehrlich gesagt, ein bisschen mehr Kultur.«
    »Oh, Kultur gibt es zu Hauf hier. Aber vermutlich nicht die, die du suchst.«
    Richtig, Robert war ja Historiker, vermutlich jagte er alten Kulturen nach.
    »Dann nennen wir es Zivilisation. Einfach so Dinge wie ordentliche Wege, einen vernünftigen Supermarkt, ein paar Geschäfte …«
    »Haben wir alles.«
    »Muss man aber suchen.«
    »Das ist nun

Weitere Kostenlose Bücher