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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wurde ich manchmal zu einer albernen Giggelmaus.
    »Das ist das Werk von Jessika-Milena, der musisch begabten Tochter von Karola. Sie hat es für mich eigens mit Buntstift und, ich vermute, Spucke zusammengebastelt. Karola hat es mir heute mitgebracht.«
    »Nett von Karola.«
    »Das hört sich komisch an. Magst du sie nicht?«
    »Ich kenne sie nicht. Aber ich würde nicht unbedingt so einen Krakelkram meines Kindes weiterreichen.«
    »Ich auch nicht, aber wenn’s nicht schlimmer kommt. Karola ist nämlich wirklich nett.«

    War sie auch, während ich bei ihrer Tochter nicht ganz sicher war, ob ich die Begeisterung der Mutter rückhaltlos teilen konnte. Ich hatte Karola am Mittwochabend besucht. Als mir das Kind vorgestellt wurde, musste ich eine gewisse Abneigung unterdrücken. Die Kleine konnte ja nichts dafür, dass sie so wenig einnehmend aussah. Lange, strähnige Haare in einer Farbe zwischen Braun und Mausblond fielen ihr ins Gesicht, die Augen waren hell und standen eng beieinander, die Unterlippe hatte sie vorgeschoben und musterte mich wortlos. Ich hatte lange überlegt, was ich einer Fünfjährigen mitbringen sollte, und mich schließlich für ein Malbuch mit Tieren entschieden. Sie fetzte sofort die Verpackung auf und sagte dann nur: »Öh, son blödes Buch!«
    »Jessika-Milena, du musst dich aber bedanken. Es ist ein Geschenk von Frau Farmunt.«
    »Ich hab aber schon Bücher!«
    »Jessika-Milena, man bedankt sich aber für ein Geschenk! Entschuldigen Sie, Frau Farmunt, Jessika-Milena ist manchmal ein bisschen eigen.«
    »Schon gut. Das macht nichts.«
    »Kommen Sie ins Wohnzimmer, ich habe einen kleinen Imbiss vorbereitet.«
    Ich stolperte über ein paar Plüschtiere und Puppen in den verschiedenen Stadien der Auflösung und setzte mich auf den mir angewiesenen Platz. Das Kind verschwand für eine Weile in seinem Zimmer. Karola machte sich in der Küche zu schaffen, und ich sah mich belanglos um. Die Einrichtung war das, was man wohl als kindgerecht bezeichnete. Einfache weiße Resopal-Möbel, leicht abwaschbar, schlicht bis zur klinischen Nüchternheit. Aber ansonsten überall knalligbunte Dinge. Keine Fläche, auf der nicht ein rotmundiger Clown grinste, eine gestreifte Biene Maja flatterte, pinkfarbene Blumen blühten, knallgelbe Sterne zackig funkelten, ein Mond mit einer Säufernase glupschäugte, lila und grüne Luftballons aufstiegen und mir unbekannte Comicfiguren spielten. Na schön, wahrscheinlich mochten Kinder das heutzutage.
    Karola trat mit einem beladenen Tablett ein, und wir kamen bei den Käsehäppchen bald darauf zu dem Schluss, dass wir uns bequemerweise duzen sollten. Unser Gespräch rankte sich, wie nicht anders zu erwarten, um die Menschen im Büro. Karola war schon seit acht Jahren bei Dr. Koenig und konnte mir eine Menge Hintergrundinformationen zu den Kollegen geben. Mir tat es richtig gut, mit ihr auch über meine Schwierigkeiten mit Schweitzer zu sprechen, der sich offensichtlich als echter Stinkstiefel in der Firma einen Namen gemacht hatte.
    Dann kam aber Jessika-Milena zurück und verkündete ihrer Mutter: »Ich geh jetzt kochen!«
    »Aber Jessika-Milena, wir haben doch schon zu Abend gegessen.«
    »Ich will aber kochen.«
    »Bitte, Jessika-Milena, jetzt nicht.«
    »Ich will aber.«
    »Jessy, wir sind aber satt geworden. Du hast uns doch schon so ein schönes Essen gemacht«, versuchte ich einzulenken.
    »Die soll mich nich Jessy nennen«, quakte das Mädchen.
    »Lindis, Jessika-Milena hat recht, bitte nenn sie nicht Jessy. Wir mögen diese Abkürzungen nicht.«
    »Ich geh in die Küche!«
    Karola ließ sie gehen, und ich fragte: »Sollte deine Tochter nicht langsam zu Bett, es ist doch schon halb neun.«
    »Ach, nein. Sie soll sich nicht ausgegrenzt fühlen. Wir haben so selten Besuch, da soll sie wissen, dass sie dazugehört.«
    »Und was richtet sie jetzt in der Küche an?«, fragte ich mit einem gezwungenen Lächeln, denn ich hatte eine schaurige Vision, was eine Fünfjährige mit dem Inhalt eines Kühlschranks anstellen konnte. »Ist das nicht gefährlich für sie?«
    »O nein, Jessika-Milena ist sehr verständig, weit über ihr Alter hinaus. Und die giftigen Sachen habe ich in den oberen Schränken untergebracht, da kommt sie nicht dran.«
    Es herrschte einigermaßen Ruhe in der Küche, also glaubte ich Karola, und die stolze Mutter packte die Fotoalben aus.
    »Wo ist sie denn tagsüber? Hast du einen Kindergartenplatz für sie?«
    »Um Himmels willen, nein. Hier in der

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