Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
nicht ziemlich ... sündig, Suran?«
»Nein. Nur eine semantische Spitzfindigkeit unsererseits.«
»Aber was, wenn And... der Admiral kehrt macht und das Kloster durchsuchen lässt?«
Mit ruhiger Samtstimme antwortete Suran: »In diesem Fall werde ich ihn an den Pakt erinnern, den die Priesterschaft mit Gouverneur Syl Ra Van vor zweihundertdreißig Jahren geschlossen hat. Nämlich, dass niemand das Kloster betreten darf, solange er nicht eine dreitägige Säuberungsphase an Körper und Geist durchlaufen hat.«
»Säuberungssphase?«, wiederholte Endriel verwirrt. »Aber wir haben keine ...«
Suran hob beruhigend die Pranken. »In Ihrem speziellen Fall hat Xeahs Bürgschaft uns genügt. Sie sind hier oben in Sicherheit. Ruhen Sie sich aus.«
»Das würde ich gern. Es gibt da nur etwas, das mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Würden Sie mich und meine Freunde bitte einen Moment allein lassen?«
Suran sah kurz Xeah an, dann nickte er. »Selbstverständlich. Ich werde draußen warten.«
Als der Vorhang hinter ihm zufiel und das Geräusch seiner schleichenden Schritte verstummte, wandte Endriel sich an Xeah. »Die Weißmäntel sind nicht die einzigen, die Kai haben wollen.«
»Ja.« Die Draxyll neigte das Haupt. »Ich weiß.«
Nelen flatterte zu ihnen herüber und ließ sich auf Xeahs Schulter nieder.
»Ich vermute, Kai hat uns etwas Entscheidendes verschwiegen«, begann Endriel. »Unsere Entführer auf der Dragulia haben mit ihm gesprochen, als ob sie ihn kennen würden. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich hatte das Gefühl, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht. Er wusste sofort, wer sie waren!«
»Du glaubst, Kai gehört zu diesen Leuten?« Xeah blinzelte.
»Nein. Den Eindruck hatte ich eigentlich nicht. Sonst hätten sie auch keinen Grund gehabt, ihn erst zu betäuben.«
»Vielleicht war er früher mal einer von ihnen, kann doch sein!« Nelen bewegte nervös die Flügel. »Vielleicht hat er sie verraten und sie sind gekommen, um ihn kaltzustellen!«
Endriel überlegte. Ja, diese Möglichkeit hatte sie auch schon in Betracht gezogen. »Wer auch immer die Kerle waren, mit Sicherheit sind sie keine dahergelaufenen Piraten. Sie waren nur zu zweit – nein, mindestens zu dritt.« Sie erinnerte sich an Kampfgeräusche außerhalb des Zellentrakts. »Sie haben es geschafft, ohne großen Widerstand an Bord der Dragulia zu gelangen. Und da ist noch etwas: Als Andar Kai und mich verhörte, hat er Kai beschuldigt, dem Schattenkult anzugehören.«
»Dem Kult?« Nelen erstarrte. »Der Kult ist tot!«
Xeah wandte den Blick ab; sie sah zum Fenster hinaus, wo Federwolken über den blassen Himmel wanderten. Sie wirkte traurig.
Endriel beschloss, sich ihre Fragen zu verkneifen – fürs Erste. Was sie jetzt brauchte, war eine Toilette, ein heißes Bad und etwas zu essen. Aber sie nahm sich vor, heute alle Geheimnisse zu lösen. Oder es zumindest zu versuchen.
Endriel betrat das kleine Badezimmer, das Xeah ihr gezeigt hatte, und ließ heißes Wasser in die Porzellanwanne laufen, bis diese fast überschwappte. Jeder Muskel in ihrem Körper entspannte sich augenblicklich, als sie hinein stieg, und sie träumte davon, ewig so dazuliegen. Aber wie sie das Universum kannte, würden Momente wie dieser nicht so bald wiederkehren. Als sie die Wanne widerwillig verließ, duftete ihre Haut nach Lavendel. Sie trocknete sich schnell ab und zog sich an.
Xeah hatte ihr frische Kleidung aus dem Schiff gebracht: ein weißes Hemd mit Silberschnörkeln an den Säumen, frische Wollsocken und eine schwarze Hose, die sie zweimal umkrempeln musste. Sie legte sich ein Handtuch um die Schultern, damit ihre halbnassen Haare darauf trocknen konnten.
Anschließend kehrte sie in ihr Krankenzimmer zurück, wo ein Tischchen aus Ebenholz bereit stand. Darauf lag ein Tablett mit einer Schale Früchte, ein Teller mit kalten Nudelteigrollen, gefüllt mit einem Brei aus Getreide, Zimt und Rosinen, sowie ein Glas Limonensaft und Essstäbchen. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen.
»Du musst erstmal die Käfer probieren, die die hier zubereiten«, schwärmte Nelen. »Erstklassig!«
»Nein, danke.« Endriel hockte sich im Schneidersitz vor das Tischchen und aß hastig. Bereits nach den ersten Bissen spürte sie, wie neue Energie sie erfüllte. »Nach dem Essen möchte ich Kai sehen«, erklärte sie mit halbvollem Mund. Sie nahm einen großen Schluck Saft und verschluckte sich fast in ihrer Gier.
»Nun«, Xeah blinzelte, »er ist immer noch
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