Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
eintausendzweihundert Jahren fehlerfrei.«
Beeindruckt trat Endriel näher an das schwebende Gebilde heran. Schwer vorstellbar, dass dieses winzige Ding das Schiff in die Luft stemmen sollte. Sie versuchte, sich an die Funktionsweise von Drachenschiffen zu erinnern: Die Levitationsmaschinen stießen das Schiff von der Schwerkraft des Planeten ab und die Schubdüsen setzten es in Bewegung.
Während Nelen die einzelnen bunten Lichter und Knöpfe untersuchte, wandte sich Endriel wieder an Keru. »Du scheinst dich bestens mit Sha Yang-Artefakten auszukennen. Hast du Kryptomaschinistik studiert?«
Die Antwort kam zögernd und das machte Endriel wieder misstrauisch, nachdem sie fast bereit gewesen war, dem Skria seine anfängliche Unnahbarkeit zu verzeihen.
»Ich bin viel auf Kenlyn herumgekommen«, brummte Keru. »Und habe dabei eine Menge gelernt.« Und das schien auch schon mehr zu sein, als er eigentlich sagen wollte. »Nun bleibt nur noch das Oberdeck«, knurrte er.
Irgendwann werden wir uns ernsthaft unterhalten müssen , dachte Endriel. Schließlich nickte sie. »Ich bin direkt hinter dir.«
Der Korridor im Oberdeck glich dem im Mitteldeck, abgesehen von den fehlenden Außentüren. Auch dieser Raum erinnerte an das Innere einer Holzkiste mit zwei Bullaugen. Wieder gab es drei Schiebetüren: eine Richtung Bug, zwei Richtung Heck. Die Linke davon kennzeichnete ein blaues Schild in Form eines Fisches.
»Die Tür mit dem Schild führt zum Waschraum«, erklärte Keru. »Die daneben ...«
»Lass mich raten«, unterbrach Endriel. »Mein Quartier. Ich meine, das, was einmal mein Quartier werden sollte.«
»Hrrrhm.«
»Und das dort ...« Sie drehte sich zu der Tür bugwärts um. »... ist die Brücke, richtig?«
Keru nickte und ließ Endriel und Nelen den Vortritt.
Die Brücke war nach dem Raum mit den Wassertanks die größte Räumlichkeit an Bord: ein Raum mit einem Halbkreis als Grundriss, gut fünf Meter lang und breit. Das Glas, das Decke und Wände bildete, war kristallklar und wurde von schwarzen Streben aus Metall gehalten. Hinter der Kuppel konnte man das brüchige Scheunendach und eine Hand voll Sterne erkennen. Endriel wurde schwindlig bei der Vorstellung, welche Aussicht einem von hier aus geboten wurde, wenn die Korona in vierhundert, fünfhundert Metern Höhe über die Landschaft rauschte.
Links und rechts von der Tür standen zwei gemütliche Diwane, mit beige-braun gestreiften Leinenüberzügen; die idealen Sitz- und Schlafgelegenheiten für Skria, Menschen und Draxyll. Endriel strich mit dem Finger über den glatten Stoff. Sie haben wirklich an alles gedacht.
Xeah schob sich an Keru vorbei und ließ sich auch gleich müde auf den linken Diwan fallen. Sie legte sich nach Draxyllart auf den Bauch, alle Glieder von sich gestreckt. Sie schloss ihre schwarzen Murmelaugen und atmete erleichtert aus, wobei ihr Horn einen kurzen, trötenden Laut von sich gab. Ein Seufzen? »Entschuldigt mich«, sagte sie, »aber ich muss einen Moment ausruhen.«
Wie alt sie wohl ist?, dachte Endriel.
Xeahs Volk war extrem langlebig. Draxyll konnten bis zu hundertdreißig Jahre alt werden, manche über hundertfünfzig. Und Xeah sah uralt aus.
Zaghaft, da sie befürchtete, etwas kaputt zu machen, näherte sich Endriel der hüfthohen Konsole in Hufeisenform, die im Zentrum der Brücke aufgebaut war. Darauf lag eine Kiste mit Werkzeug. Ihr Blick glitt über Schalter, Hebel und Skalen mit Bezeichnungen wie »Höhenmesser«, »Flügelkontrollen«, »Magnetanker«, »Außenbeleuchtung«.
Das Herz der Konsole bildete das Steuerrad aus dunklem, poliertem Holz. Rechts davon war ein großer Geisterkubus anmontiert, der es ermöglichte, mit anderen Schiffen Verbindung aufzunehmen.
Es sieht eigentlich gar nicht so kompliziert aus ... Endriel legte ihre Hände auf das Steuer. Was war das für ein Gefühl, in einem solchen Schiff mit Höchstgeschwindigkeit durch den Himmel zu jagen? Sie konnte es kaum erwarten, es herauszufinden!
Keru stand plötzlich neben ihr. »Hast du schon einmal ein Drachenschiff geflogen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab zwar unzählige Male dabei zugesehen, aber selbst geflogen bin ich noch nicht.«
»Den Geistern sei Dank«, lachte Nelen, die über ihnen in der Luft hing. »Wer weiß, was dabei alles zu Bruch gehen würde!«
»Danke für dein Vertrauen.« Endriel strafte sie mit einem bösen Blick.
»Gern geschehen.« Nelen grinste. Dann schien sie etwas Neues zu entdecken und flatterte von
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