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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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hatten die Mägde umso mehr unter ihr zu leiden. Sie ließ das Haus von oben bis unten putzen, als sei es Frühjahr, und fand immer noch ein Stäubchen. Im Keller ließ sie Bestand aufnehmen und beschuldigte den Koch, vom guten Wein aus dem Fass getrunken zu haben.Der Speck war versalzen, der Käse zu hart, das Obst zu weich. Die Wäsche roch nicht frisch genug. Alles war falsch. Überall sah sie nur Fehler und Betrug. Nichts konnte man ihr recht machen.
     
    Carolus betrachtete das Verlöbnis als beendet. Es war für beide besser so, sagte er sich. Catherine hatte niemals sein Herz bewegt. Eigentlich war ihm das ganz recht gewesen. Aber plötzlich waren da Empfindungen, die er bei anderen immer belacht hatte: Er fühlte sich abwechselnd himmelhoch jauchzend und dann wieder betrübt. Sein Appetit schwand, er verlor an Gewicht. Wenn er aß, dann schmeckte er nichts, wenn er trank, dann nur, weil man einen Becher vor ihn hinstellte. Er ertappte sich beim Tagträumen und ging auf der Straße an Leuten vorbei, ohne sie zu bemerken. Ja, er bemerkte bei sich selbst einen erhöhten Pulsschlag, Herzrasen und einen fieberhaften Anstieg der Körpertemperatur.
    Er ging zu Bruder Basilio. Der untersuchte ihn gründlich, nahm eine Harnschau vor, ließ ihn zur Ader und befand schließlich grinsend: «Mein lieber junger Medicus, Ihr leidet an einer weitverbreiteten Krankheit. Sie befällt meist junge Menschen, doch auch alte Narren können sich damit anstecken. Ja, es ist ganz klar, der große arabische Gelehrte Ibn Arabi hat die Symptome beschrieben und auch Avicenna: Auszehrung, Umherirren, Seufzer und Melancholie!»
    «Was ist es? Was habe ich? Was kann ich dagegen tun?!», rief Carolus erschrocken.
    Basilio grinste noch breiter im festen Vertrauen darauf, dass ihm so etwas nie zustoßen würde: «Man nennt es die Liebeskrankheit, mein armer Collega. Dagegen gibt es nur ein Mittel.»
    «Welches? Oh, gebt es mir!», flehte Carolus.
    «Die Erfüllung Eurer Sehnsucht», sagte Basilio schlicht.
    Das war unmöglich. Traurig schlich Carolus davon.
    Und Danielle, die Urheberin all dieser Sorgen? Der Engel sah auch sie, jeden Abend, wenn sie mit Alix zum Brunnen kam, um Wasser für den Klostergarten zu holen. Sie machte einen äußerlich ganz unbeteiligten Eindruck. Ruhig reihte sie sich in die Warteschlange ein. Die Frauen grüßten sie freundlich und tuschelten hinter ihrem Rücken.
    «Oh, sie ist eine ganz Raffinierte, die da!»
    «Ja, schaut nur, wie sie tut, als könne sie kein Wässerchen trüben.»
    «Wisst ihr noch, wie sie hier angekommen ist mit nichts als den Fetzen, die sie auf dem Leibe trug?»
    «Und nun angelt sie den jungen Medicus der guten Dame Catherine vor der Nase weg. Das ist nicht richtig!»
    «Nein, es ist schlimm!» Und lauter dann: «Guten Abend, Alix! Gott zum Gruß, Danielle. Wie geht es immer? Ist Magdalène wieder gesund?»
    «Ja, danke, allen geht es gut», sagte Danielle dann, und gelegentlich: «Das ist zu schwer für Euch,
Nonna
, lasst mich Euch helfen.»
    «Ihr seid eine gute Seele», versicherte das Großmütterchen, um dann zu Hause bei sich zu räsonieren: «Verstehe einer diesen jungen Spund! Tauscht eine angesehene Frau aus gutem Hause und mit großer Mitgift gegen so eine Hergelaufene, von der man gar nichts weiß und die keinen Sou in der Tasche hat!»
    Danielle jätete Unkraut, schleppte Wasser, half Anne beim Kopieren, kämmte Wolle, webte ihren Teppich weiter und ließ niemanden in ihr Herz sehen. ‹Sei still mein Herz!›, sagte sie sich. ‹Die Liebe ist nichts für dich. Nein, in diesen Sumpf begebe ich mich nicht noch einmal. Ich habe hier ein neues und gutes Leben angefangen, und das werfe ich wegen eines Mannes nicht fort.›
    Sie hatte bei Juliana gebeten, die Gespräche nicht fortsetzen zu müssen.
    «Es führt zu nichts, und es verstößt gegen die guten Sitten», hatte sie gesagt. Ab und zu ertappte sie sich dabei, dass sie zur Pforte sah und enttäuscht war, wenn es nicht Carolus war. Oder dass etwas in ihrer Brust stach, wie ein kleiner spitzer Dorn, wenn er dort stand, aber nicht in den Garten kam, sondern ohne Umwege sofort ins Hospital strebte. Eine Rose vertrocknete unter ihrem Kopfkissen.
    «Wie? Kein Konzert heute? Womit wirst du uns als Nächstes überraschen?», fragte Gebba spitz, als Danielle in das Webhaus kam.
    «Es wird keine Überraschungen mehr geben», antwortete Danielle kurz. Sie setzte sich an ihren Webstuhl in der hintersten Ecke des Raumes und begann, die

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