Die Ketzerbibel
Stickrahmen sinken. «Ach, ich weiß gar nicht, wie ich die Stickerei halten soll über diesem Bauch! Ich habe gehört, dass manche Frauen geradezu aufblühen, wenn sie schwanger sind, und es gern haben, aber auf mich trifft das bestimmt nicht zu!»
«Dann überzeugst du ihn lieber davon, eine Josefs-Ehe zu führen.»
«Damit wird er wohl nicht einverstanden sein, fürchte ich. Es ist hart genug für ihn jetzt …», sie lächelte verschämt.«Ich muss mich ja glücklich schätzen, dass er sich in dieser Zeit keine andere nimmt.»
«Kinder zur Welt zu bringen, das ist nun einmal das Los der Frauen», sagte Catherine altklug. Sie selbst mochte sich das allerdings nicht vorstellen. Rasch verdrängte sie den unangenehmen Gedanken und brachte sich dazu, den Tratsch zu vergessen, doch als sie das nächste Mal zu den Beginen ging, um Spenden zu bringen, da konnte sie nicht umhin, Danielle argwöhnisch zu mustern.
Sie war nicht hübsch, oder doch? Ach nein, sie war viel zu gewöhnlich, wie sie dort im Garten arbeitete, die Hacke führte wie ein Bauer, Schweiß auf der Stirn, Dreck an den Händen. Aber sie war schlank und hochgewachsen. Ihr Profil war klar und ebenmäßig, die Lippen leicht aufgeworfen wie Rosenblätter. Aber der Mund war viel zu groß! Das Tuch war ihr in den Nacken geglitten und gab den Blick auf volles, glänzendes Haar frei – kurz, immer noch, aber von einem tiefen Schwarzbraun wie der Pelz eines Zobels. Nein! Es konnte nicht sein. Carolus und sie kannten sich schon so lange. Sie waren sich seit der Kindheit versprochen, stammten beide aus den besten Familien der Stadt.
Danielle blickte von ihrer Arbeit auf und sah Catherine dort stehen. Ihre Blicke trafen sich. Und rasch, ein wenig zu rasch, senkte Danielle die Lider. Hatte sie etwas zu verbergen? Was ging hier vor?
‹Wie kann ich Carolus nur danach fragen?›, überlegte Catherine. ‹Carolus, sag, ist etwas zwischen dir und dieser Italienerin, der Begine, du weißt schon?› – Nein! ‹Carolus, ich habe gehört, du behandelst eine der Beginen …› Ach nein. ‹Carolus, wollen wir nicht endlich heiraten?› Nein, den Vorschlag musste er schon machen. Er kam seltener dieser Tage, und wenn er kam, schien er geistesabwesend. Er unterhielt sich mehr mit Marius als mit ihr. Ja, mehr als einmalbehandelte er sie wie eine Verpflichtung, derer er sich womöglich gern entledigt hätte. Etwas war falsch, ganz und gar falsch zwischen ihnen. Jetzt wurde ihr das klar.
‹Vielleicht habe ich ihn auch zu selbstverständlich genommen, mir zu wenig Mühe gegeben›, dachte Catherine. ‹Will ich ihn denn haben? – Aber ja! Er gehört mir. Ich lasse mir doch von so einer den Mann nicht ausspannen!› Und sie beschloss, die Dinge zu beschleunigen, die sie so lange hatte schleifen lassen. «Laura, Liebes, wie geht es dir heute? Besser?» Sie setzte sich zu ihrer Schwester aufs Bett und strich ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. «Du Arme! Wie muss dir die Zeit lang werden. Meinst du, wir sollten uns Gesellschaft zum Essen einladen? Carolus vielleicht. Er ist ja kein Fremder, und es müsste dir nicht peinlich sein, wenn er dich so sieht.»
«Aber ja. Lade Carolus ein. Wie unaufmerksam von mir! Hast du ihn deshalb ferngehalten, um mich nicht anzustrengen? Oh, Catherine! Gleich schicken wir einen Diener zu ihm. Heute Abend noch soll er kommen und mit uns speisen!»
«Wird es dir auch nicht zu viel?»
«Nein, bestimmt nicht. Ich würde mich freuen, wieder etwas Abwechslung zu haben, da ich doch gar nicht mehr auf die Straße gehen kann.»
Die notwendigen Vorbereitungen wurden getroffen. Etliche Täubchen mussten es mit dem Leben büßen. Der Hals wurde ihnen umgedreht. Sie wurden gerupft, ausgenommen, mit Rosinen und Nüssen ausgestopft und auf Spieße gesteckt. Keller und Gemüsegarten wurden ausgeräubert und eine schöne Tafel gedeckt.
«Borg mir dein blaues Kleid, Laura, ja? Kann ich die Haarspange mit den Schwänen haben?»
«Aber sicher, Liebes. Das Kleid passt mir ohnehin nichtmehr. Du betreibst aber einen Aufwand heute», wunderte sich Laura. «Das machst du doch sonst nie.»
Catherine war wie im Fieber. Sie ließ sich die Haare bürsten und flechten und zog sich sorgfältig an.
«Bin ich hübsch?», fragte sie ihre Schwester, einen polierten Bronzespiegel in der Hand.
«Aber ja, ich habe es dir ja immer gesagt: Du könntest noch schöner aussehen, wenn du dir nur ein wenig mehr Mühe geben würdest. Was hast du vor,
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