Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
Vom Netzwerk:
überantworten!»
    Alix hatte die Meute gesehen. «Gebba, das da draußen ist kein Gericht und keine Gerechtigkeit! Sie werden sie in Stücke reißen!»
    «Das wird uns auch geschehen. Warum sollen wir ihretwegen leiden?!»
    «Gebba! Es reicht!», rief da Juliana. «Ich habe endlich genug von dir und deiner scharfen Zunge, von dem Unfrieden, den du stiftest! Du bist wie eine Spaltaxt in unserer Gemeinschaft. Du bist diejenige, die ausgestoßen werden sollte!»
    «Und du bist nicht fähig, uns zu leiten! Was für eine Meisterin bist du denn? Hier darf jede tun, was ihr gefällt. Esherrscht keine Zucht! Wäre ich Meisterin, dann wäre es gar nicht erst so weit gekommen.»
    «Aha, darum ging es dir also die ganze Zeit. Jetzt hast du dich entlarvt!», schrie Magdalène.
    «Ich wähle Gebba!» Das war die kleine Annik, die sich hinter der Witwe versteckte. «Es ist gut und schön, milde zu sein, wie Juliana es ist. Doch ihr seht ja, was es uns eingetragen hat. Zucht bringt Frucht! Hier muss ein strengeres Regiment einkehren! Alix trinkt, Manon hat sich der Völlerei ergeben, Anne verbreitet Ketzerei! Das kommt dabei heraus, wenn man die Dinge schleifen lässt! Meine Mutter selig hat immer gesagt: Die beste Zucht ist eine harte Strafe!»
    «Ich und Völlerei? Bei deiner Küche? Da kommen ja einem Schwein die Tränen!», kreischte Manon.
    «Was, du missgönnst mir die paar Schlucke Wein? Na komm du erst mal in mein Alter. Dann wirst du sehen, wie es ist!», wehrte sich Alix.
    «Und was hast du plötzlich gegen Danielle?», fragte Anne ganz ruhig.
    «Nun, ohne Rauch kein Feuer. Kennen wir sie denn? Wer nichts zu verbergen hat, der macht auch nicht solch ein Geheimnis um sich!», gab Annik trotzig zurück.
    «Gebba soll Meisterin sein!», sagten einige. «Sie würde uns nicht so in Schwierigkeiten bringen.»
    «Niemals! Juliana ist und bleibt unsere Grande Dame!», sagten die anderen.
    Feindselig standen sich die Gruppen gegenüber.
    «Es ist euer gutes Recht, eine andere zur Meisterin zu wählen. Ich habe nichts dagegen», sagte Juliana beschwichtigend. «Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.»
    «Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt», erwiderte Gebba kampflustig.
    «Da ist sie! Greift sie euch!» Drei Männer, allen voranMaudru, waren über die Stallmauer gestiegen und rannten durch den Garten auf Danielle zu. Sie lief nicht weg vor ihnen. Sie stand da, mit hängenden Armen, bereit, alles mit sich geschehen zu lassen.
    «Rührt sie nicht an!» Magdalène stellte sich ihnen in den Weg und wurde beiseitegeworfen wie eine Lumpenpuppe. Zwei der Kerle griffen Danielle. Maudru spuckte vor ihr auf das Kopfsteinpflaster: «Haben wir dich! Die ganze Zeit über hat es mich schon gejuckt, dass du mir meine Garsende dumm geredet hast, du Schlampe. Jetzt werden wir dich lehren, was passiert, wenn ein Weibsstück die Nase zu hoch trägt! Platz da!» Drohend ging er auf die Beginen zu. Justine und Gebba wichen zurück, doch die anderen bildeten eine Mauer um Danielle.
    «Ihr werdet unsere Schwester nicht mitnehmen! Eher müsst ihr uns alle umbringen!», sagte Anne, bleich, aber entschlossen.
    «Die Stadtwachen sind da!», schrie Alix am Tor. Sie mühte sich, die Balken hochzuhieven, die sie vorher so mühevoll vorgelegt hatten. Jeanne kam ihr zu Hilfe. Gemeinsam öffneten sie das Tor und ließen die
gens d’armes
ein. Die Menge draußen war ruhiger geworden und hatte sich ein kleines Stück vom Tor zurückgezogen.
    «So, jetzt kriegt ihr’s!», murrte es.
    Maudru und seine Gesellen mussten Danielle loslassen.
    «Ihr wartet jetzt draußen, bis unser Hauptmann kommt. Das hier wird ordentlich gemacht, so wie es sich gehört.»
    Wütend stelzte Maudru an den Beginen vorbei auf die Straße. «Es sind doch nur zwei. Wollt ihr euch von denen etwa was vorschreiben lassen?», hörten sie ihn in die Menge rufen, doch keiner hatte Lust, sich mit den Bewaffneten einzulassen.
    Der Hauptmann der Wache erschien, Bélibaste, ein vierschrötigerMann von mittlerer Statur. Er hatte eine lange, hässliche Narbe im Gesicht, die vom rechten Augenrand bis zum Mund verlief und die ihm ein finsteres Aussehen verlieh. Jedermann hatte Respekt vor ihm, sogar Maudru wich zurück und schwieg lieber. Mit sich brachte er Marius Vidal und Abbé Grégoire.
    Marius’ Augen waren gerötet. Er sah müde und traurig aus, über Nacht um Jahre gealtert. «Bürger!», rief er vor dem Tor von Sainte Douceline. «Geht nach Hause. Laura lebt! Ihr seid einem

Weitere Kostenlose Bücher