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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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einmal angeführt? Diesmal würde es ihnen nicht gelingen, sich herauszureden.
    «Wie Ihr wünscht, Herr Pfarrer. Aber ich würde dennochnicht dazu raten, die Begine in eine unserer Zellen zu bringen. Sie sind sämtlich mit schlechten Kerlen belegt, mit Schlägern, Säufern, Vergewaltigern und dergleichen. Das kann man einer Frau doch wohl kaum zumuten, sei sie nun schuldig oder nicht», gab Bélibaste zu bedenken.
    Dem musste sogar der Abbé widerwillig zustimmen.
    «Wo ist Calixtus? Fragt ihn doch, er wird für uns bürgen», sagte Anne.
    «Calixtus ist nicht in der Stadt. Diesmal wird er euch nicht helfen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen», sagte Abbé Grégoire und konnte ein befriedigtes Lächeln nicht unterdrücken.
    Die Leute zogen ab, einer nach dem anderen. Sie waren unzufrieden und murrten untereinander: «Herr Marius ist zu nachsichtig. Man hätte das Weib sofort der Peinlichen Befragung unterziehen sollen!»
    «Ja! Wer weiß, vielleicht hat sie das Kind versteckt, und es wäre noch zu retten, wenn man es schnell fände!»
    «Na, aber die Hexe ist doch eingesperrt und kann nicht fort, um ihr Werk zu vollenden.»
    «Das denkst du! Wenn sie eine Hexe ist, dann kann sie fliegen. Sie beschmiert sich mit einer Flugsalbe aus Fledermauskot und Krötenblut, und dann kann sie durch die Lüfte fliegen und tun, was sie will.»
    «Wo könnte sie es hingebracht haben?»
    «Vielleicht zu den Bettlern an der Stadtmauer! Mit denen sind die Beginen doch immer so vertraut.»
    Einige Männer machten sich zu den Bretterverschlägen auf, die an der Porte Durance an der Stadtmauer lehnten. Dort kühlten sie ihren Mut an den armen Leuten, die dort hausten. Sie drangen in die elenden Behausungen ein, rissen die Kinder aus ihren Wiegen, stießen die Frauen herum und stellten Fragen. Ein Neugeborenes fanden sie nicht.
    Daraufhin beschlossen sie, ins Wirtshaus zu gehen und ihre Heldentaten zu begießen.
    In der Rue de Courtrasse sah es aus wie nach einem Krieg. Pflastersteine und zerschlagene Möbel lagen herum. Die Verzierungen an den Türpfosten waren abgeschlagen, so weit die Meute hatte hoch reichen können. In der Tür waren Axthiebe zu sehen, und unten waren die Bretter angekohlt. Still schlossen die Beginen ihr Tor und verriegelten es von innen.
    Alle wandten sich Danielle zu.
    «Ist es jetzt nicht an der Zeit, dass du mit der Sprache herausrückst?»
    «Ja», sagte Danielle. «Ich will euch meine Geschichte erzählen. Und dann sollt ihr über mich urteilen. Was immer ihr dann beschließt, dem werde ich mich unterwerfen.»

18.
    Sie hatten die Tische im Refektorium an die Wand gerückt und die Stühle im Kreis aufgestellt. Es war schattig und einigermaßen kühl hier drinnen. Ein Lichtstrahl, der durch eines der kleinen, hohen Fenster fiel, ließ Danielles dunkles Haar rötlich schimmern.
    Danielle begann: «Ich wurde in Neapel geboren, als mittleres Kind, Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns. Zwei Brüder habe ich. Ich weiß nicht, ob sie noch leben.
    Meine Kindheit war schön und harmonisch, also gibt es darüber weiter nichts zu berichten. Nur dass mein Vater, vielleicht weil er sich das Lesen und Schreiben und das Rechnen unter großen Mühen selbst aneignen musste, großen Wert darauf legte, seine Kinder von den besten Hauslehrern unterrichten zu lassen, sogar seine Tochter.»
    «Das Geld hätte er sich sparen sollen!», zischte Gebba.
    «Psst! Sei still», flüsterten die anderen.
    «Einer der Lehrer war Benediktinermönch, die – wie ihr wisst – durch ihre Regel auch zur Krankenpflege verpflichtet sind. Und er muss es gewesen sein, der in meinen kleinen Kopf die Idee einpflanzte, ich solle ein wenig Heilkunst lernen. Das stünde auch einer Frau gut an und sei nützlich in einem großen Haushalt und bei der Kindererziehung, sagte er mir.
    Diesen Gedanken habe ich mit Begeisterung aufgenommen und habe gleich begonnen, verletzte Tiere zu pflegen. Ich erinnere mich, dass ich zunächst meinen Eifer an unseren Katzen und den Jagdhunden meines Vaters gekühlthabe. Ich strich sie mit duftenden Salben ein, die ich meiner Mutter entwendet hatte, und legte ihnen bauschige Verbände um. Das gefiel ihnen gar nicht. Die Katzen haben mich gekratzt, und die Hunde nagten so lange an den Verbänden, bis sie das Zeug los waren. Danach gingen sie mir aus dem Wege.»
    Ein leises Lachen ging durch die Runde.
    «Mit der Zeit aber und unter der Anleitung des Benediktinermönchs gewann ich an Geschicklichkeit, und bald brachte man mir

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