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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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das ihm entgegengehalten wurde.
    «Ich schwöre es und verspreche es. Nun heraus mit der Sprache. Sie hat was gesehen, stimmt’s?»
    «Jo, meene Mudder hat geseh’n, wie die Herrin, die andre, die Cath’rin, wie die aus’m Haus gegan’ iss. Nachts.»
    «In
der
Nacht.»
    «Jo.»
    «Nach der Geburt. Nachdem die Beginen gegangen waren.»
    «Jo.»
    Catherine! Kein Wunder, dass die Magd sich fürchtete, mit der Wahrheit herauszurücken, ihre eigene Herrschaft zu beschuldigen. Sie musste ja damit rechnen, auf die Straße gesetzt zu werden mit ihrem unehelichen Balg, und dann? Kein anständiges Haus würde sie mehr nehmen.
    «Gut gemacht, Junge! Keine Angst. Von euch habe ich nichts erfahren. Jetzt zurück in die Küche mit dir!»
    Die Stalltür ging auf wie von Geisterhand, und der kleine Schatten löste sich in den größeren Schatten der Hauswände auf.
    Carolus wartete einige Zeit, um dem Jungen Gelegenheit zu geben, wieder durch die Hintertür in die Küche zu gelangen, wo man ihn zweifellos vermuten würde. Dann ging er zur Vordertür des Vidal’schen Hauses und klopfte.
    «Herr Carolus, so spät?» Es war Belota, die Mutter des Jungen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie flehte ihn mit Blicken an. Er schloss ganz kurz die Lider und kniff die Lippen zusammen, dann drückte er ihren Arm.
    Marius kam.
    «Was steht ihr in der Tür herum. So lass ihn doch ein! Komm Carolus, hast du irgendwelche guten Nachrichten?»
    «Ich hoffe, mein Lieber. Aber lass mich vorher mit Catherine sprechen – allein.»
    «Na, hör mal, das ist aber ungewöhnlich. Allein?» Er forschte in Carolus’ Gesichtszügen und begann zu verstehen. «Catherine? Nein! Das ist nicht möglich! Sie liebt Laura.»
    «Lass mich mit ihr reden, bitte. Es wird sich alles aufklären.»
    Im Vorübergehen warf Carolus einen Blick in die Küche. Da saß der Junge am Tisch und löffelte Suppe. Er schaute ihn nicht an.
    «Catherine?! Sie ist bei Laura. Sie kümmert sich aufopfernd um sie, tröstet sie, füttert sie – ich kann unmöglich glauben, was du da andeutest», sagte Marius.
    Catherine erschien oben am Treppenabsatz.
    «Was will er hier? Ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen.» Sie wandte sich ab und ging in ihr Zimmer. Carolus war in drei Sätzen die Treppe hinauf und stieß die Tür auf.
    «Was fällt dir ein?! Marius, hilf mir!»
    Marius rührte sich nicht.
    «Catherine, liebe Catherine», sagte Carolus leise. «Höre auf mit diesem scheußlichen Spiel. Ich weiß, was du getan hast. Man hat dich weggehen sehen.»
    «Das ist nicht wahr! Wer will mich gesehen haben? Lügen!», schrie sie.
    «Catherine, hör auf damit. Es ist meine Schuld, nicht deine. Ich verstehe dich ja. Ich habe dir wehgetan. Verzeih mir. Ich tue, was immer du willst, aber sag, wohin du das Kind gebracht hast, denn dass du es umgebracht hast, das kann ich nicht von dir denken. Dazu bist du nicht fähig», bat Carolus.
    Da brach Catherine zusammen.
    «Ich habe es zu einer Milchamme gebracht. Es geht ihm gut», schluchzte sie. «Ich wollte das nicht. Ich habe nicht nachgedacht! Ich wollte   …»
    «Ich weiß, was du wolltest, aber nun sage mir schnell, wo es ist! Wo ist das Kind deiner Schwester?»
    «In der Rue Basse beim Turm Saint Jacques. Die Frau heißt Bianca.»
    Carolus stürzte hinaus, Marius ihm nach. Die beiden Männer eilten durch die Straßen. Das Kopfsteinpflaster hallte wider von ihren Schritten.
    «Wie konnte sie das tun? Warum?», stieß Marius hervor.
    «Morgen. Ich erkläre alles morgen. Jetzt – das Kind.»
    Die Rue Basse war eine schmutzige kleine Gasse, «basse», niedrig, untere Gasse genannt, weil der Hügel hier stark abfiel und der Weg steil nach unten auf die Stadtmauer zuführte. Unrat lag auf dem Pflaster. Marius fiel über ein schlafendes Schwein und schlug lang hin. Carolus hämmerte an eine beliebige Tür.
    «Wo wohnt Bianca?!», rief er.
    Es rappelte drinnen, und jemand knurrte: «Das letzte Haus vor der Mauer auf der linken Seite. Und jetzt geht zum Teufel!»
    Gerade noch konnte Carolus zur Seite springen, da wurde oben der Inhalt eines Nachttopfes aus dem Fenster geleert.
    «Danke für die freundliche Auskunft!»
    Sie fanden die Tür und polterten dagegen.
    «Aufmachen! Sofort aufmachen!», schrien sie.
    «Geht weg und kommt am Morgen wieder, wenn ihr ehrliche Leute seid!», schallte es ihnen entgegen.
    «Frau Bianca? Ich bin es, Marius Vidal. Ihr habt mein Kind, das mir gestohlen wurde. Wenn Ihr es nicht sofort herausgebt, dann komme

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