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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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eingefunden. Die Leute lachten.
    «Sechs
Deniers

    «Sechs lumpige Kupferstücke? He! Ist Euer Liebchen Euch keinen ganzen Sou wert? Ihr habt wohl noch eine andere zu unterhalten, Schlingel!»
    Die Leute lachten. Das Mädchen schmollte. Der Junge zog seine Börse und warf Magdalène großspurig einen Sou hin. Sein Mädchen fiel ihm um den Hals und küsste ihn vor allen Leuten auf den Mund.
    «Ho!», rief ein älterer Mann. «Und was würdest du mir geben, wenn ich dir den ganzen Stand kaufte?» Das Mädchen schaute ihn kokett an und senkte die langen Wimpern. Unter dem Gelächter der Umstehenden zog der Junge seine Braut weiter.
    Laura kam an den Stand, am Arm von Marius. «Ein gesegnetes Saint Jean!», rief sie. «Marius! Kauf mir doch einen von diesen lecker aussehenden Früchtekuchen! Ich habe solchen Appetit! Nein, kauf gleich zwei, oder nein: drei! Für Cathi und deine Mutter!»
    «Gern, Liebes. Was du magst, Liebes! Ist es dir auch nicht zu viel? Ist dir nicht zu heiß?» Er hielt sie, als könne sie jeden Augenblick zusammenbrechen, und ließ sie keinen Augenblick aus den Augen. Laura lachte ihn aus: «Ach, nun mach doch nicht ein solches Theater, mein Bärchen. Es geht mir gut. Frauen waren zu allen Zeiten schwanger! Das ist doch nichts Besonderes.»
    Aber sie setzte sich gern auf einen Schemel hinter demStand und ließ sich von Manon einen Minzsirup bringen. «Darf ich?» Magdalène legte ihre Hand auf den vorgewölbten Leib. «Wie weit ist es denn? Wann wird es so weit sein?»
    «Ende des siebten Monats, wenn ich richtig gerechnet habe. Ach, ich wünschte, es wäre schon überstanden, der Rücken tut mir weh und   …», sie senkte die Stimme zu einem verschämten Kichern, «ich muss dauernd Wasser lassen. Aber ich freue mich schon so sehr auf das Kind! Es wird bestimmt ein Junge. Ich fühle es genau. Und Marius wird stolz sein wie ein Gockel.»
    «Es ist mir nicht wichtig, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird», sagte Mestre Marius. «Hauptsache, es ist gesund, und vor allem: Du nimmst keinen Schaden, mein Goldstückchen, mein Juwel, mein Augenstern». Es schien ein wenig übertrieben, aber man musste wohl Verständnis dafür haben, wenn so ein Herr in gesetztem Alter noch einmal jung heiratete.
    «Sind sie nicht rührend», flüsterte Magdalène Danielle zu. «Zwei richtige Turteltauben!» Danielle versetzte es einen winzigen Stich: ‹Das hätte ich sein können›, wusste sie auf einmal. ‹Nun werde ich nie ein eigenes Kind in den Armen halten. Nein, das ist nicht mein Geschick.› Aber sie gönnte Laura ihr Glück von Herzen.
    Überall auf den Plätzen herrschte Geschiebe und Gedränge. Die jungen Männer führten ihre Liebchen spazieren, Töchter in gesetztem Alter ihre Mütter. Die älteren Männer standen beisammen und führten ruhige, ernste Gespräche. Horden von rotznasigen Kindern rannten schreiend zwischen den Marktständen herum. Es gab Hausierer, Jongleure und Akrobaten, Zigeunerinnen, die allen eine glänzende Zukunft voraussagten. Und Diebe gab es auch.
    Am Nachmittag hatten die Beginen all ihre Vorräte verkauft. Sie durften noch ein wenig durch die Straßen schlendern, in Zweier- und Dreiergruppen.
    «Zur Vesper sind alle wieder im Hof!», mahnte Manon, die Älteste.
    «Aber bleiben wir denn nicht, um das Feuer anzuschauen?», fragte Danielle. Die älteren Beginen sahen sie empört an. «Unter keinen Umständen», antwortete Juliana streng. »Du weißt doch, dass wir nach Sonnenuntergang den Hof nicht verlassen, und heute Abend schon gar nicht. Da wird getanzt und getrunken, es wird wild und ausgelassen zugehen. Nein: Dabei haben wir nichts verloren.» Aber sie steckte Danielle ein paar kleine Geldstücke zu. «Da! Lass dir ein paar neue Schuhe anmessen. Dort am Brunnen habe ich einen fahrenden Schuhmacher gesehen, der preiswert arbeitet.»
    «Komm! Ich weiß, wo!» Magdalène zog Danielle hinter sich her. Der Stand hatte gerade keine Kundschaft, als sie ankamen. Danielle genoss den Duft des saubergegerbten Leders und strich mit den Fingern über die Musterstücke. Ein Paar senffarbene Stiefel stachen ihr ins Auge, aber die waren für eine Begine viel zu auffallend. Sie wandte sich den einfachen braunen Häuten zu und hatte sich gerade für ein weiches dunkelbraunes Ziegenleder als Obermaterial entschieden, als ihr das Stück aus der Hand gerissen wurde.
    «Das will ich haben!», ertönte dicht neben ihr eine schrille Stimme. Sie schaute auf und erblickte eine aufgeputzte junge

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