Die Ketzerbibel
Wollqualitäten verwendete: weiche Unterwolle, die härteren langen Fasern der Überwolle, kurzes, glattes Haar aus dem Bauchfell ebenso wie längeres, lockiges vom Rücken. Es war Lämmerwolle darin und Wolle von Mutterschafen. Zum Glück verwendeten die Beginen nur Schurwolle, kein Material vom Schlachtvieh. Die Wolle vom toten Tier wurde rasch störrisch und trocken.
«Auf jeden Fall wird es ein hübsches Bild, schöne Farben, eine feine Darstellung!», lobte Guilhelme. Klipp, klapp, machten die Schäfte des Webstuhls. Klapp, klipp! Klapp!, folgten die anderen drei in einem regelmäßigen Rhythmus.
«Wenn es keine Maya ist, welche Heilige könnte es dann sein?», fragte Manon.
«Es ist keine Heilige», sagte Danielle.
«Irgendeine Frau mit gewöhnlichen Wiesenblumen. Wer würde so was kaufen oder sich an die Wand hängen? Es ist eine Verschwendung von guter Wolle, das ist es!» Das kam von Gebba.
«Mir gefällt es», sagte Garsende loyal.
Draußen entstand eine Unruhe. Annik kam aufgeregt hereingelaufen: «Garsende, dein Mann ist da mit zwei Ratsherren und Abbé Grégoire. Ach, schaut der Abbé wieder finster drein! Ich fühle mich wie eine Maus, die gerade einer Katze begegnet, wenn er mich so anschaut. Und diese beiden Herren …»
«Annik», mahnte Danielle.
«Du sollst ins Refektorium kommen», brachte die Küchenschwester die Botschaft auf den Punkt.
Garsende wurde kreidebleich und hielt sich am Webstuhl fest: «Nein. Ich komme nicht.»
«Aber du musst, haben sie gesagt! Nun komm doch. Du bist ja nicht allein mit ihm. Juliana ist da und auch zwei Leute von der Stadtwache. Er scheint alles zu bereuen, dein Mann. Er sieht ganz bedrückt aus, hat sich gewaschen, barbieren lassen und ein frisches Gewand angezogen – extra für dich! Vielleicht überlegst du dir die Sache nochmal. Meine Mutter selig hat immer gesagt: Die Frau erhält ihr Licht vom Mann, wie der Mond von der Sonne …»
«Annik, halt den Mund!», sagte Danielle barsch.
Garsende stand auf. «Wenn du mitkommst, Danielle, dann will ich hingehen und ihm vor Zeugen sagen, dass ich nicht zu ihm zurückwill und warum.»
Danielle stand ebenfalls auf. Garsende hängte sich bei ihr ein. Eng an die größere, kräftigere Frau gedrückt, schritt sie über den Hof.
Juliana hatte die Besucher in den Speisesaal gebeten, da kein Besucherraum vorhanden war, der groß genug gewesen wäre. Dort saßen sie am Kopfende des langen Tisches, der sauber geschrubbt war und nach Bienenwachs duftete. Annik flatterte um sie herum und bot ihnen zu trinken an. Alle nahmen einen Becher verwässerten Wein, nur der Priester lehnte ab.
Als die Frauen hereinkamen, Garsende und Danielle Arm in Arm, sprang Maudru auf: «So ist das also! Du hast dich von einem dieser unnatürlichen Weiber verführen lassen!»
Garsende erstarrte. Aber dann straffte sie sich und erwiderte bebend: «Du hast nichts als Schmutz in deinen Gedanken. Das wundert mich auch gar nicht, wenn man deinenUmgang kennt. Bin ich nicht gestern Abend gekommen, um dich aus dem Hurenhaus zu holen?»
«Still!», fuhr einer der Ratsherren dazwischen. «Keine wilden Beschuldigungen. Wir sind hier, um diese Sache zu klären. Warum hast du deinen Mann verlassen, Garsende?»
«Das wisst ihr ganz genau. Die ganze Stadt weiß es: Er trinkt, und er arbeitet nicht. Er unterhält Kurtisanen mit meinem Geld und hat sie sogar an meinen Tisch und in unser Ehebett gebracht!»
«Das alles ist kein Grund», sagte Abbé Grégoire. «Ich billige es zwar nicht, doch das gibt dir nicht das Recht, das heilige Sakrament der Ehe aufzukündigen!»
«Er schlägt mich wegen Nichtigkeiten und sogar ohne Grund, nur wenn er schlechte Laune hat!», setzte Garsende nach.
«Das steht ihm zu», sagte der Abbé ruhig.
«Einmal hat er mir sogar die Frucht aus dem Leib geprügelt.»
«Ach, ich will es doch gar nicht tun, aber du reizt mich oft so sehr mit deiner ständigen Nörgelei», rief ihr Mann.
«Ich müsste nicht nörgeln, wenn du arbeiten würdest und wenn du nicht ständig in den Wirtshäusern herumlungern würdest!», entgegnete Garsende.
«Ich wäre nicht im Wirthaus, wenn du nicht ständig nörgeln würdest!»
Der Priester hob die Hand wie eine Mauer, die er zwischen den beiden Streithähnen errichtete. Garsende presste die Lippen zusammen. Maudru warf beide Hände in die Luft: «Also gut, also schön! Ich gelobe Besserung! Komm nach Hause, Garsende! Ich will auch das Trinken lassen, und ich werde in der Mühle
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