Die Ketzerbraut. Roman
Magd würde der Pfarrherr von Sankt Peter ihm bei der Beichte vergeben, fortgesetzten Geschlechtsverkehr mit ihr jedoch nicht.
Er schob den Gedanken beiseite, weil er ihn von wichtigeren Problemen ablenkte. Immerhin hatte er Rosi versprochen, dass sie unbeschadet nach Hause käme. Daher verließen sie sein väterliches Anwesen und wanderten stumm durch das rasch schwindende Dämmerlicht in die Richtung, in der das Haus ihres Dienstherrn lag.
Kurz vor ihrem Ziel stieß Ernst mit dem Fuß gegen einen am Boden liegenden Mann. Dieser gab einen mürrischen Laut von sich, schlief aber sofort wieder ein und begann durchdringend zu schnarchen.
»Ist das nicht euer Hausknecht?«, fragte Ernst, dem der Kopf des Mannes im Schein des aufsteigenden Mondes bekannt vorkam.
»Das ist er – und er besitzt einen Schlüssel für die Tür!« Geschmeidig bückte Rosi sich und tastete die Kleidung des betrunkenen Schläfers ab, bis sie den gesuchten Gegenstand in Händen hielt. »Jetzt kann ich mich heimlich ins Haus schleichen«, sagte sie erleichtert.
»Dann lass uns nicht säumen!« Ernst bot ihr den Arm und eilte gemeinsam mit ihr weiter. »Wenn du drinnen bist, wirst du mir den Schlüssel geben müssen, damit ich ihm dem Kerl wieder unter das Wams stecken kann«, erklärte er ihr, als sie vor der Tür standen.
»Wie soll ich das machen? Ich muss doch von innen abschließen. Die Hintertür ist zwar nur mit einem Riegel versperrt, doch wegen des Hofhunds kannst du nicht in den Garten.« Rosi hielt es für besser, den Schlüssel drinnen am Schlüsselbrett aufzuhängen, auch wenn der Hausknecht hinterher gewiss Lärm um die Sache machen würde.
Ernst zeigte auf eines der Fenster im oberen Stock. »Wirf den Schlüssel von dort herab. Ich werde ihn auffangen.«
»Dazu ist es bereits zu dunkel.«
»Es wird schon klappen!« Ernst verabschiedete sie mit einem Klaps auf das Hinterteil und sah zu, wie sie die Tür aufschloss und im Innern des Hauses verschwand. Kurz darauf hörte er seinen Namen flüstern und blickte nach oben. Es war inzwischen so dunkel geworden, dass er die Hand kaum noch vor Augen sehen konnte. Er befürchtete schon, den Schlüssel nicht fangen zu können. Da traf ihn ein harter Gegenstand an der Schulter. Er stieß einen leisen Wehlaut aus, griff aber rasch genug zu und bekam den Schlüssel zu fassen.
»Gut gemacht!«, lobte er das Mädchen leise und machte sich auf den Rückweg. Kurz bevor er die Stelle erreichte, an der sie den betrunkenen Knecht zurückgelassen hatten, sah er den Schein einer Laterne um die Ecke kommen und vernahm Stimmen. Schnell drückte er sich in eine Türnische.
»Da liegt schon wieder so ein besoffener Sack!«, hörte er jemanden schimpfen. »Es ist schon der Fünfte, den wir in den Turm schleppen müssen. Wenn diese Narren nicht so viel saufen würden, hätten wir unsere Ruhe.«
»Dem Richter wird es gefallen, denn er liebt es, die Kerle zu einer saftigen Strafe zu verdonnern. Da bleibt auch für uns was übrig!«, wandte ein anderer fröhlich ein.
Ernst runzelte die Stirn. Wenn die Stadtknechte den Kerl in den Keller des Rathauses oder einen der Türme sperrten, war es ihm unmöglich, ihm den Schlüssel heimlich zuzustecken. Doch wenn er diesen einfach auf die Straße warf, würde der Knecht neben der Strafe wegen Trunkenheit höllischen Ärger mit seiner Herrin bekommen, und das wäre nicht gerecht. Noch während er überlegte, wie er aus diesem Schlamassel herauskommen konnte, stöhnte einer der Stadtknechte auf.
»Dort ist noch einer! Heute haben die Kerle es wirklich arg getrieben. Weißt du was? Wir holen einen Karren und bringen die Suffköpfe damit zum Gefängnis. Einzeln schleppe ich die nicht!«
»Recht hast du. Hol den Karren. Ich warte derweil!«
»Immer muss ich laufen!«, beschwerte sich sein Kamerad, machte sich aber doch auf den Weg.
»Wie lenke ich nun den anderen ab?« Bei dem Geräusch der eigenen Stimme zuckte Ernst zusammen. Zum Glück hatte ihn niemand gehört. Kurz entschlossen bückte er sich, tastete den Boden ab, bis er einen harten Gegenstand fand, und warf diesen über das Haus auf der anderen Straßenseite. Als der Brocken aufschlug, schepperte es heftig, und die Hunde in der Umgebung begannen zu bellen. Gleichzeitig kreischte eine Frau auf und rief um Hilfe, weil sie Angst hatte, jemand wolle bei ihr einsteigen.
So viel Aufsehen hatte Ernst nicht erregen wollen, doch zu seiner Erleichterung rannte der Stadtknecht los und bog in die nächste Gasse
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