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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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machen«, wandte Rosi erschrocken ein.
    »Nicht nur! Es ist auch das Recht der Hebammen. Ein Kind, das seine Geburt nicht überlebt, wird so der Vorhölle entrissen und gelangt ins Himmelreich.« Kreszenz klang ein wenig stolz, obwohl sie diesmal wohl nicht ganz im Sinne der Kirche gehandelt hatte, denn das Kind war bereits tot gewesen. Doch sie wollte Rosi in dem Glauben lassen, ihr Kleines würde von der Heiligen Jungfrau in die Schar der unschuldig gestorbenen Kinder aufgenommen und im Himmelreich auf sie warten.
    Nun aber hatte Kreszenz anderes zu tun. Es galt, die Blutung zu stillen, bevor Rosi ihr unter den Händen wegstarb. Außerdem versorgte sie die restlichen Striemen und zwang die Kranke schließlich dazu, einen Napf Hühnerbrühe zu essen.
    Erst spät in der Nacht wagte die Hebamme, Rosi zu verlassen. Sie nahm das Bündel mit dem frühgeborenen Kind mit und machte einen Abstecher zum Friedhof. Dort holte sie eine Schaufel aus dem Schuppen und begrub das Kleine im kalten Schein des Mondes. Währenddessen dachte sie, dass das Kind dort, wo es jetzt war, wohl glücklicher sein würde als hier auf dieser Welt.

14.
    Z uerst hatte Rosis Herrin nur gebetet und die Heilige Jungfrau angefleht, ihr zu helfen, damit sie ungeschoren aus dieser Sache herauskam. Doch während die Schreie der Magd immer wieder zu ihr herabdrangen, überlegte sie verzweifelt, was sie tun konnte, um einer Strafe zu entgehen. Sie dachte sogar daran, Rosi ein paar Gulden in die Hand zu drücken, damit diese zu ihren Gunsten sprach und leugnete, von ihr geschlagen worden zu sein. Doch dann schüttelte sie heftig den Kopf. Dieser losen Dirne würde sie nicht auch noch gutes Geld in den Rachen stopfen. Rosi war ganz allein daran schuld, dass es so weit gekommen war. Schließlich hätte das Weibsstück sich nicht unter einen Kerl legen und schwängern lassen müssen.
    Mit diesem Gedanken stand sie auf und legte ihr Schultertuch um. Als sie das Haus verließ, lag ein Ausdruck wilder Entschlossenheit auf ihrem Gesicht. Sie hatte sich erinnert, bei der Morgenmesse Pater Remigius gesehen zu haben. Dieser war ein Freund der besseren Stände und würde ihr gegen eine lumpige Magd beistehen.
    Die Nachbarn wunderten sich, sie so hastig in Richtung Sankt Peter eilen zu sehen. »Jetzt rennt dieses bigotte Weib zu den Pfaffen, um sich mit Weihwasser reinwaschen zu lassen. Hätte sie sich wie ein Christenmensch benommen, müsste sie nicht so hetzen!«, spottete ein Knecht aus der Nachbarschaft.
    Die Frau, die bei ihm stand, seufzte tief. »Die arme Rosi! Das hat sie nicht verdient. Aber so ist nun einmal die Welt. Der Obere duckt den Unteren, und das wird auch immer so bleiben.«
    »Trotzdem gehört dieses Miststück vor Gericht! Sie soll die Rosi halb totgeschlagen haben«, schnaubte der Mann.
    »Wenn es dazu kommt, zünde ich der heiligen Notburga eine Kerze an. Aber so wie ich die Herrschaften kenne, werde ich das nicht tun müssen.« Die Frau wandte sich traurig ab und kehrte ebenso wie ihr Gesprächspartner wieder an die Arbeit zurück.
    Unterdessen hatte Frau Anna Sankt Peter erreicht und fragte den Mesner nach Pater Remigius.
    Der Kirchendiener musterte sie verwundert. Was wollte die Frau, die von der hohen Geistlichkeit als christliches Vorbild bezeichnet wurde, auf einmal von dem für seine Ausschweifungen bekannten Pater? Sie hatte sich doch bisher stets von ihm ferngehalten.
    »Der sitzt in seinem Studierzimmer. Soll ich ihn holen?«
    Die Meisterin schüttelte den Kopf. »Nein! Bitte führ mich zu dem hochwürdigen Herrn.«
    »Wenn du meinst!« Der Mesner gab sich wenig Mühe, seine Abneigung gegen Remigius zu verbergen. Der aus dem Adel stammende Priester hatte für ihn und die anderen Kirchendiener noch nie ein freundliches Wort übriggehabt, war aber rasch mit dem Stock zur Hand, wenn er seine Rechte angetastet sah. Eine Frau, die freiwillig zu diesem Pater kam, verachtete er zutiefst. Daher führte er Frau Anna mit unbewegter Miene durch das Haus, in dem ein Großteil der geistlichen Herren von Sankt Peter wohnte. Vor Remigius’ Tür blieb er stehen und klopfte.
    »Was ist?«, fragte der Pater ungehalten.
    »Es ist Besuch für Euch gekommen, hochwürdiger Herr!«, antwortete der Mesner und trat von der Tür zurück, damit ihm nicht irgendein Gegenstand an den Kopf flog, wenn dem Geistlichen die Besucherin nicht passte.
    Pater Remigius runzelte die Stirn, als er Frau Anna erkannte, denn ihm war zugetragen worden, dass sie sich schon

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