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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Kind von meinem jetzigen Mann stammen. Als er noch Priester war, hat er mich als Gegenleistung für den Beichtzettel aufgefordert, mich ihm hinzugeben.«
    »Einmal also nur, und das, als ich mit einem anderen verlobt war!« Veva sprach ihren Gedanken laut aus. Damit konnte sie weder Rosi noch Ernst böse sein. Die Eifersucht, die für kurze Zeit in ihr aufgeflammt war, schwand und machte Mitleid Platz. »Es scheint euch nicht gutzugehen!«
    »Oh, wir kommen schon durch. Nur ist es zurzeit ein wenig schwierig, weil ich das Feuer auf dem Herd den ganzen Tag über brennen lassen muss, damit es in unserem Kämmerchen nicht zu kalt wird.«
    »Wovon lebt ihr?«
    »Mein Mann schreibt Briefe für Leute, die es selbst nicht können, und hilft überall aus, wo ein Schreiber gebraucht wird. Er verdient zwar nicht viel, aber wir können davon leben.« Rosi wollte nicht zugeben, wie schwer es für sie manchmal wurde, mit dem wenigen auszukommen, das sie besaßen, insbesondere, weil ihr Mann oft nur mit Lebensmitteln oder kleinen Gegenständen bezahlt wurde, die sie wiederum gegen Lebensmittel eintauschen mussten. Da sie auf der Wanderung nach Augsburg erneut krank geworden war, hatte ihr Mann fast alles, was sie besessen hatten, für Medizin und kräftigendes Essen hergeben müssen. Auf diese Weise waren ihre Ersparnisse geschmolzen wie Schnee in der Sonne.
    Bei dem Gedanken an die liebevolle Fürsorge ihres Mannes kamen Rosi erneut die Tränen. »Er ist so gut zu mir! Dabei verdiene ich das gar nicht.«
    Veva sagte sich, dass eine Frau, um deretwillen ein Mann auf die Vorteile des geistlichen Standes verzichtete, etwas Besonderes sein musste. Schweigend goss sie Rosis Becher noch einmal voll und holte dann ihr altes Schultertuch, das sie kürzlich durch ein neues ersetzt hatte. »Hier, das kannst du haben. Ich packe dir auch ein paar Lebensmittel ein. Morgen kommst du dann wieder und hilfst mir, Fleisch für den Winter einzusalzen. Wenn Ernst zurückkommt, werde ich ihn fragen, ob er nicht eine Arbeit für deinen Mann weiß, die besser bezahlt wird.«
    Rosi sah sie ungläubig an. »Ihr wollt uns wirklich helfen, obwohl Euer Mann und ich …« Beschämt brach sie ab.
    Mit einem kurzen Auflachen zuckte Veva mit den Achseln. »Steht nicht in der Heiligen Schrift, dass Sündern und Schuldnern vergeben werden soll? Mach dir keine Sorgen, ich trage dir nichts nach.« Für sich aber hoffte Veva, dass Ernst Rosi in Zukunft in Ruhe lassen würde. So ganz sicher war sie sich seiner noch nicht.

3.
    A ls Rosi zu Hause den Korb auspackte, den Veva ihr mitgegeben hatte, konnte sie kaum glauben, welche Schätze er enthielt. Mit den Lebensmitteln kamen ihr Mann und sie eine halbe Woche aus, ohne hungern zu müssen. Sogar eine Wurst war dabei und roch so verführerisch, dass sie sich am liebsten sogleich ein Stück abgebrochen hätte. Sie wollte jedoch auf Hilarius’ Rückkehr warten und begann, das Abendessen vorzubereiten.
    Zwei Stunden später kehrte der ehemalige Priester zurück. Er trug einen schlichten Talar, der ihn als Gelehrten auswies, und hatte seine Schuhe mit Heu ausgepolstert, um die Füße warm zu halten. Beim Eintreten winkte er seiner Frau lächelnd zu. »Heute war ein guter Tag. Bei Peutinger waren gleich zwei Schreiber krank geworden, und so konnte ich dort arbeiten. Ich habe zum Mittag sogar ein Stück Brot und einen Becher Bier erhalten.«
    Dann schnupperte er verwundert. »Das riecht aber gut!«
    »Ich habe heute Frau Veva Rickinger getroffen. Sie hat mir einige Sachen mitgegeben und will, dass ich ihr morgen beim Einsalzen von Pökelfleisch helfe.«
    »Du sollst mich nicht geheiratet haben, um weiterhin als Magd arbeiten zu müssen!«
    »Sie hat auch gesagt, dass sie mit ihrem Mann reden wird, damit er dir eine bessere Arbeit verschafft«, setzte Rosi hinzu.
    Mit einem bitteren Auflachen winkte Hilarius ab. »Ausgerechnet Ernst Rickinger wird sich für mich verwenden! Wäre es nach ihm gegangen, hätte er mich ebenso bloßgestellt wie den verdammten Remigius, und er hätte sogar recht damit getan.«
    »Du sollst dich nicht mit dem quälen, was früher war. Du bist mir ein braver Mann, und das allein zählt.« Rosis Lächeln ließ seinen Unmut wie von Zauberhand verschwinden.
    »Was ich jetzt bin, bin ich durch dich geworden«, sagte er und streckte die Arme aus, als wolle er sie an sich ziehen.
    Da er jedoch fürchtete, sie zu verschrecken, unterließ er es, setzte sich an den Tisch und zog seinen Löffel aus dem Etui.

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