Die Ketzerbraut. Roman
heraus.
»Es ist eine schwere Sünde, den eigenen Vater vor Gericht zu zerren. Er hat den ehrenwerten Eustachius Rickinger damit nicht weniger zum Gespött der Stadt gemacht als mich.« Remigius starrte auf seine Hände und wünschte sich, er könnte sie um Ernst Rickingers Hals legen und mit aller Kraft zudrücken.
Portikus nickte grimmig. »Der Kerl ist eine Schande für die Menschheit und muss vernichtet werden!«
Sein Gesprächspartner musterte ihn neugierig. »Das kling ja danach, als hättest du einen Plan?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es würde auf jeden Fall einiges kosten!«
»An Geld soll es nicht scheitern«, rief Remigius eilfertig. »Sag, wie viel du brauchst, und ich verschaffe es dir« – und wenn es aus den Spendengeldern für Sankt Peter ist, setzte er in Gedanken hinzu. Zwei Jahre lang hatte Ernst Rickinger ihn zum Gespött der Stadt gemacht, das schrie nach Vergeltung.
Portikus ließ ihn ein wenig zappeln und nannte dann einen Betrag, der noch einmal um die Hälfte über dem lag, was er Gigging geboten hatte. Bei der Höhe der Summe sog Remigius hörbar die Luft ein, nickte dann aber und streckte seinem Mitbruder die Hand hin. »Schlag ein! Ich gebe dir das Geld.«
Er benimmt sich wie ein Bauer auf dem Pferdemarkt, dachte Portikus. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, das Angebot anzunehmen. Kurz darauf schrieb er in seinem Quartier einen Brief an Gigging und ließ ihn durch einen seiner geringeren Mitbrüder zustellen.
14.
E rnst legte das Rechnungsbuch aus der Hand und schlug mit der Faust auf den Tisch. Dann blickte er entschuldigend zu Veva hoch. »Es ist nicht zu fassen! Mein Vater hat den deinen bereits zu dessen Lebzeiten nach Strich und Faden betrogen und nach dessen Tod den größten Teil der Gewinne in seine Kasse gewirtschaftet.«
»Aber warum? Alles, was ich besitze, kommt doch dir als meinem Mann zugute!«
»Es muss mit der zweiten Frau meines Vaters zusammenhängen. Anscheinend will er noch reicher werden, um die Kinder mit ihr üppig ausstatten zu können. Aber dass er bis zu offenem Betrug geht, hätte ich niemals von ihm erwartet. Wir werden das unterschlagene Geld wohl ebenso durch das Gericht zurückfordern müssen wie kürzlich die Bücher. Jetzt wundere ich mich nicht mehr, weshalb er sie nicht herausrücken wollte.«
Ernsts Stimme drückte seine ganze Enttäuschung über seinen Vater aus. Dabei sah er weniger sich selbst als Geschädigten als vielmehr Veva, denn schließlich ging es um ihr Erbe.
»Dein Vater hat den meinen immer als seinen besten Freund angesehen«, fuhr er fort. »Doch wie es aussieht, ist wahre Freundschaft ein rares Gut. Eustachius Rickinger hätte sich als treuer Sachwalter einen Platz im Himmel verdienen können. Stattdessen ist er zum Betrüger geworden. Nun schäme ich mich, seinen Namen zu tragen.«
»Wir werden unser Geld schon wiederbekommen«, versuchte Veva, ihn zu trösten. Da sich Ernsts Miene jedoch nicht aufhellte, lehnte sie sich gegen ihn, nahm seine Rechte und legte diese auf ihren Bauch. Ihr Mann strich über die leichte Rundung, die dort in letzter Zeit entstanden war, ohne darüber nachzudenken, was das bedeuten mochte.
»Gräme dich nicht, mein Mann. Unser Herr Jesus Christus wird uns zu unserem Recht verhelfen. Freue dich lieber auf die Sommerzeit, denn dann wird, so die Heilige Jungfrau uns beisteht, die Wiege, die derzeit leer auf dem Dachboden steht, wohl gebraucht werden.«
Auch jetzt dauerte es noch einige Augenblicke, bis Ernst den Sinn ihrer Worte begriff. »Sag bloß, du bist schwanger?«, platzte es aus ihm heraus.
Veva nickte lächelnd. »Ich weiß es schon seit Augsburg. Aber um sicherzugehen, war ich gestern bei der alten Kreszenz. Sie hat es mir bestätigt. Spätestens am Tag der heiligen Maria Magdalena werde ich gebären. Und sage ja nicht, dass es nicht dein Kind ist. Kinder werden selten nach zwölf Monaten geboren.« Außerdem war Blut auf dem Laken, auf dem wir unsere erste Nacht verbracht hatten, aber du hast es nicht einmal bemerkt, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie wollte ihrem Mann jedoch keine Vorhaltungen machen, denn er war vor Freude ganz aus dem Häuschen.
»Natürlich ist es mein Kind! Bei Gott, das ist wie ein Sonnenstrahl an einem trüben Tag. Aber das heißt auch, dass ich noch härter um dein Erbe kämpfen muss, denn es gehört unserem Sohn.«
»Oder unserer Tochter, wenn es denn eine werden sollte«, wandte Veva ein.
»Dann kommt der Sohn eben später. O, Veva, du weißt
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