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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sein, wenn ich mir einen solchen Empfang in meines Vaters Haus bieten lasse!«
    Ernst sah mit grimmiger Zufriedenheit, wie der andere blass wurde und den Knüppel sinken ließ. »Du bist Ernst Rickinger?«
    »Für deinesgleichen heißt das immer noch Ihr und Herr Rickinger! Und jetzt geh mir aus dem Weg.« Kurzerhand schob er den Mann beiseite.
    Während er ins Haus ging, fragte er sich, wie sein Vater einen solchen Kerl in seine Dienste hatte nehmen können. Immerhin war ihr alter Hausknecht ein treuer, zuverlässiger Mann gewesen. Doch wie es aussah, erwies sich seine Stiefmutter als ein Besen, der alles Alte auskehren wollte.
    Als Erstes kam ihm die alte Lina entgegen. Die Magd ging ganz schief, und ihr liefen die Tränen über die Wangen. Die trübten ihr so den Blick, dass sie Ernst erst wahrnahm, als er direkt vor ihr stand.
    »Bub, ist es möglich?« Der schmerzhafte Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand und machte einer freudigen Miene Platz.
    Ernst fasste ihre Hände und hielt sie fest. »Lina, ich freue mich, dich zu sehen. Aber sag, was ist mit dir los? Bist du krank?«
    Die alte Magd schüttelte den Kopf. »Nein! Geschlagen hat sie mich. Mir tut der ganze Rücken weh. Wenn die so weitermacht, wird sie noch genauso schlimm wie die Frau Anna!«
    Ernsts Blick wurde hart. »Schlagen darf dich hier keiner, Lina. Pack gleich dein Bündel und geh in mein Haus. Die Veva freut sich, wenn du bei uns einstehst.«
    »Wirklich?« Die Magd küsste Ernsts Hände und eilte so rasch davon, als könne sie es nicht erwarten, dieses Haus zu verlassen.
    »Nimm Hasso mit und sag der Cilli, sie soll ihm was zum Fressen geben. Der arme Kerl ist ja halb verhungert«, rief Ernst ihr noch nach, dann wandte er sich dem Kontor seines Vaters zu. Bevor er eintreten konnte, sah er sich seiner Stiefmutter gegenüber.
    Susanne hatte Stimmen auf dem Flur gehört und schoss nun aus dem Raum, in dem das Leinen aufbewahrt wurde, um die Sprecher zur Ordnung zu rufen.
    Während sie lautstark fragte, was der Lärm zu bedeuten habe, fiel Ernst ihr Kleid auf, das selbst für die Frau eines reichen Bürgers zu protzig war. Wenn seine Stiefmutter schon in ihrem Haus so auftrat, was würde sie erst tragen, wenn sie nach draußen ging? Mit dem bitteren Gedanken, dass selbst seine schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen wurden, zog er seinen Mantel aus und legte ihn ihr auf den Arm.
    »Da kein Knecht da ist, kannst du ihn aufräumen!«
    »Ja, wer meinst denn du, wer ich bin?«, keifte die Frau und warf den Mantel auf den Boden.
    »Da mein Vater dich geheiratet hat, muss ich wohl Stiefmutter zu dir sagen«, antwortete Ernst ungerührt.
    Die Frau riss die Augen auf und starrte ihn an. »Du bist der Ernst?«
    Jetzt erinnerte der junge Mann sich, dass er nie dabei gewesen war, wenn die Bäckerin und ihr Anhang zu Besuch gekommen waren. Da die Frau selbst erst kurz zuvor aus Dachau zugezogen war, hatte sie ihn noch nie gesehen.
    »Ja, ich bin der Ernst, und ich will jetzt zu meinem Vater!« Er wollte sich an der Frau vorbeischieben, die breitbeinig auf dem Flur stand.
    Sie aber lachte höhnisch und wies auf ihren Bauch. »Ich bin schwanger, und unser hochwürdiger Herr Remigius sagt, es wird gewiss ein Bub. Dann werden wir ja sehen, welchen seiner Söhne dein Vater lieber sieht!«
    »Vorerst muss er noch mit mir vorliebnehmen«, sagte Ernst und wollte anklopfen.
    Sein Vater war inzwischen aufmerksam geworden und öffnete die Tür. Als er Ernst erkannte, zog er die Stirn kraus. »Ich habe doch geschrieben, dass es nicht nötig ist, nach München zu kommen!«
    »Verzeiht, Herr Vater, aber mein Weib hat wohl das Recht, das Grab ihres Vaters aufzusuchen und ein Gebet für ihn zu sprechen. Außerdem müssen Seelenmessen für meinen Schwiegervater und Vevas Bruder bestellt werden.« Ernst war über den unfreundlichen Empfang verärgert und antwortete daher harscher, als er es beabsichtigt hatte.
    Dabei nahm er wahr, wie seine Stiefmutter sich die Hände rieb. Wahrscheinlich, dachte er bei sich, schürte sie die Abneigung seines Vaters gegen ihn nach Kräften. Mehr denn je war er froh, Veva geheiratet zu haben und über sie sein eigenes Handelshaus führen zu können.
    »Nun, was willst du?« Der Tonfall seines Vaters wurde um keinen Deut freundlicher.
    Daher beschloss Ernst, ebenfalls kein Blatt vor den Mund zu nehmen. »Ich will die Geschäftsbücher meines Schwiegervaters holen, um seinen Handel weiterführen zu können.«
    Eustachius Rickinger blickte

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