Die Ketzerbraut. Roman
Wackersteine vom Herzen, als die Tür aufging und die Kräuterfrau hereinkam.
Kreszenz erfasste mit einem Blick, was sich hier anbahnte. »Ich brauche viel warmes Wasser und ein Schaff, das groß genug ist, damit Veva sich hineinsetzen kann. Macht schon! Es kommt auf jeden Augenblick an.«
»Ausgerechnet jetzt muss der Schwab fort sein!«, stöhnte die Köchin und stürmte trotz ihres Umfangs die Treppe hinab.
Derweil zog Kreszenz mehrere kleine Flaschen aus ihrer Umhängetasche, mischte sie in einem Becher und zwang Veva, das Gebräu zu schlucken.
»Das wird sie beruhigen«, sagte sie zu Lina. »Aber jetzt ist es wichtig, dass sie rasch in warmes Wasser kommt. Wo bleibt denn das Schaff?«
In dem Augenblick hörte sie Cilli von unten rufen. »Könnt ihr die Herrin herunterbringen? Das ist leichter, als wenn wir das ganze Wasser hinauftragen müssen!«
»Wo sie recht hat, hat sie recht«, murmelte Kreszenz und forderte Lina auf, mit zuzugreifen. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, Veva aus dem Bett zu hieven und aus dem Zimmer zu tragen. Die Treppe war jedoch zu schmal, als dass sie nebeneinander Platz gefunden hätten. Daher musste Lina rückwärts gehend Veva halten, während Kreszenz die Kranke von hinten stützte.
Als sie die Küche erreichten, zitterten die beiden alten Frauen beinahe ebenso stark wie Veva. Drinnen waren zwei der jüngeren Mägde dabei, heißes Wasser in einen großen Bottich zu schöpfen, während Cilli Holz nachlegte, um noch mehr Wasser zu erhitzen. Lina wollte ihre Herrin auf das Bad zuschieben, doch die Hebamme hielt sie auf. »Noch nicht! Erst muss ich schauen, ob das Wasser richtig ist. Zu kalt nützt es nichts, und zu warm darf es auch nicht sein, denn wir wollen die Veva ja nicht kochen!«
Niemand reagierte auf den Scherz, weil alle gespannt darauf warteten, dass Kreszenz die Hand ins Wasser steckte. »Noch ein wenig mehr heißes Wasser«, sagte diese, nahm aber selbst den Schöpfer zur Hand und goss nach, bis sie mit der Temperatur des Wassers zufrieden war.
»Packt mit an«, forderte sie Cilli und die Mägde auf und hob mit deren Hilfe Veva ins Schaff.
»Bleib drinnen!«, fuhr Kreszenz die Schwangere an, als diese sofort wieder aussteigen wollte, weil ihr das Wasser zu heiß vorkam.
»Siehst du, es geht doch!«, setzte die Hebamme das einseitige Gespräch fort, als Veva sich nach einer Weile entspannte. Sie massierte der Kranken Nacken und Schläfen, gab zwischendurch den Extrakt mehrerer Pflanzen ins Wasser, die einen starken Duft erzeugten, und sang zuletzt ein Wiegenlied.
Während Cilli und Lina sich verwundert anblickten, fielen Veva tatsächlich die Augen zu, und sie schlief ein.
»Wie ist denn das möglich?«, fragte die Köchin verdattert.
»Meine Säfte haben ihre Schmerzen gelindert und das warme Wasser ihren Leib entspannt. Sie war in großer Gefahr, ihr Kind zu verlieren. Doch das wird jetzt, so die Mutter Gottes es will, nicht geschehen. Wir lassen sie noch ein wenig schlafen, aber sobald das Wasser zu kalt wird, wecken wir sie und bringen sie wieder nach oben!« Kreszenz klang zufrieden, weil es ihr gelungen war, Vevas ungeborenes Kind zu retten. Sie vergaß jedoch die himmlischen Kräfte nicht und sprach der Heiligen Jungfrau in einem Gebet ihren Dank aus.
Dann drehte sie sich zu Cilli um. »Bis wir Veva aufwecken müssen, würde mir ein Schluck Bier guttun!«
»Du kriegst gleich einen Becher voll und eine Brotzeit dazu!« Cilli lief los und stapelte kurz darauf Brot, Wurst und Käse vor Kreszenz auf.
»So lasse ich es mir gefallen«, sagte diese, zog ihr Messer und begann zu essen.
Sie war noch nicht fertig, da schlug Veva die Augen auf und blickte verständnislos um sich. »Was ist geschehen?«, fragte sie.
Dann brach die Erinnerung über sie herein, und sie stieß einen Schrei aus, der ihre ganze Not zum Ausdruck brachte. »Ernst ist tot!«
»Das ist er! Aber du darfst jetzt nicht an ihn denken, sondern nur an euer Kind. Du bist es deinem Mann schuldig, es gesund zur Welt zu bringen«, mahnte Kreszenz sie harsch, denn sie wusste, dass gutes Zureden in einer solchen Situation nur selten half. »Kannst du alleine aufstehen?«
Veva nickte. »Ja! Aber mein Hemd ist ganz nass.«
»Wir haben es dir nicht ausgezogen, weil einer der Mannsleute in die Küche hätte kommen können, und der sollte dich nicht nackt sehen. Lina, kannst du ein frisches Hemd für deine Herrin holen und auch ein Kleid? Sie muss genug trinken, bevor sie sich hinlegt, und
Weitere Kostenlose Bücher