Die Ketzerbraut. Roman
Schurken nicht ausgezahlt, denn weder der Bartl noch der Ernst haben wertvolle Waren mitgeführt. Dabei hat die Bande sonst ausschließlich schwerbeladene Kaufmannszüge überfallen. Mittlerweile habe ich erfahren, dass etliches von dem, was diese Schurken geraubt haben, in anderen Teilen des Reiches verkauft worden ist. Das geht aber nur, wenn die Räuber mit einem Kaufmann unter einer Decke stecken. Ich halte es durchaus für möglich, dass derselbe Kaufmann auch den Mord an Eurem Bruder und Eurem Mann in Auftrag gegeben hat.« Arsacius Bart musterte Veva nachdenklich. »Euer Vater wollte Euch damals doch mit dem Sohn Ferdinand Antschellers verheiraten, nicht wahr?«
»Das stimmt!«
»Nach dem Überfall kam diese Heirat wegen Eurer Gefangenschaft bei den Räubern nicht mehr zustande. Deswegen hat Euer Vater Euch mit Ernst Rickinger verheiratet. Soviel ich weiß, musste Ernst von seinem Vater zu dieser Ehe gezwungen werden. Also war Eustachius Rickinger die treibende Kraft hinter dieser Heirat. Kann es nicht sein, dass er die erste für Euch ins Auge gefasste Ehe hat verhindern wollen?«
Veva schüttelte entsetzt den Kopf. »Wollt Ihr etwa sagen, mein Schwiegervater hätte zuerst meinen Bruder umbringen lassen und dann auch noch seinen eigenen Sohn?«
»Zumindest hat er Ernst vor allen Leuten verflucht und wüst bedroht. Außerdem hat sich Euer Mann von seinem Vater nicht so beherrschen lassen, wie dieser es erwartet hatte. Das mag durchaus ein Grund für ihn gewesen sein, Ernst ermorden zu lassen. Da sein Weib schwanger geht, glaubte er wohl, auf seinen erstgeborenen Sohn verzichten zu können.«
Arsacius Barts Worte klangen so schlüssig, dass Veva am liebsten ebenfalls den Stab über ihren Schwiegervater gebrochen hätte. Ein paar Punkte fielen ihr jedoch auf, die gegen Barts Annahme sprachen. Soviel sie wusste, hatte Ernsts Vater sich zunächst gegen eine Ehe seines Sohnes mit ihr ausgesprochen und diesen nach Innsbruck geschickt, damit Ernst um eine Antscheller-Tochter werben sollte. Erst als aus dieser Heirat nichts geworden war, hatte er sie als Schwiegertochter akzeptiert. Als sie dies Bart erklärte, winkte der ab.
»Eustachius Rickinger wusste, dass ein Mann wie Antscheller niemals seinen Sohn zum Eidam nehmen würde. Daher konnte er diesen leicht um dessen Tochter werben lassen. Auf jeden Fall hat der Innere Rat unserer Stadt München beschlossen, Ernsts Vater vorzuladen und zu dieser Sache zu befragen. Passen uns seine Antworten nicht, wird er sich in der Arreststube wiederfinden. Aber nun muss ich mich verabschieden. Mein Weib wartet mit dem Essen auf mich, und die urteilt strenger als unser Herzog, wenn ich zu spät komme!«
Bart hatte Veva mit dieser Bemerkung ein wenig aufheitern wollen, doch sie dachte angestrengt über den Verdacht nach, den er geäußert hatte, und zuckte zusammen, als er sich zum Gehen wandte. »Richtet Eurer Frau Grüße von mir aus. Sobald ich mich dazu in der Lage fühle, werde ich sie besuchen!«
Sie begleitete ihn zur Tür, und als sie ins Haus zurückkehren wollte, sah sie Cilli mit zwei Eimern Wasser um die Ecke biegen. Die Köchin sah so wütend aus, als wollte sie jemanden erwürgen. Dazu war ihr Haar zerrauft und ihr Kleid am Halsausschnitt zerrissen.
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte Veva verblüfft.
Cilli blieb stehen und schob sich das Joch, an dem die Eimer hingen, von der Schulter. Dann stemmte sie die Hände in die Hüfte. »Ich bin mit der Bäckerverwandtschaft Eurer Stiefschwiegermutter aneinandergeraten. Die reden überall herum, Euer Kind wäre nicht vom Ernst und ihm stünde dessen Erbe gar nicht zu.«
»Das soll doch wohl ein Scherz sein!«
Cilli stand die Empörung ins Gesicht geschrieben. »Wenn’s einer wäre, dann ein ganz bösartiger. Nein, Herrin, es stimmt so, wie ich’s sage. Die Schnurlbeckin hat’s offen vor allen Mägden und Frauen am Brunnen gesagt. Aber der bin ich übers Maul gefahren, sage ich Euch! Und dann ist sie handgreiflich geworden. Wäre nicht der Hias von den Stadtknechten hinzugekommen, hätte mich das Miststück glatt umgebracht.«
Veva wurde jetzt ebenfalls zornig. »Ich werde beim Rat Anzeige gegen die Schnurlbeckin erheben, damit ihr das Lügenmaul gestopft wird. Seit ihre angeheiratete Kusine Susanne meinen Schwiegervater geheiratet hat, denkt die wunder, wer sie ist.«
»Zeugen haben wir genug! Alle Frauen am Brunnen haben es gehört, dazu einige aus der Nachbarschaft und vor allem der Stadtknecht
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