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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wollte Ernst sich befreien, doch dann sagte er sich, dass Bartls Vater und Veva sicher allein sein wollten, und verließ die Kammer mit einem kurzen Gruß.
    Anders als er blieb Haselegner in der Tür stehen. »Wenn Ihr Hilfe braucht, Leibert, so wendet Euch nur an mich. Ich bin jederzeit für Euch da, und für dich auch, Jungfer Genoveva!«
    Mit diesen Worten ging er.
    Leibert blickte auf die Tür, die eben ins Schloss fiel, und brummte: »Haben diese Kerle nichts anderes zu tun, als mir die Zeit zu stehlen? Wo sind wir stehengeblieben, Veva? Ach ja, du musst das Rechnungsbuch weiter nachtragen. Ich nenne dir jetzt die Zahlen. Gib aber acht, dass du dich nicht verschreibst! Es wäre höchst ärgerlich, wenn wir durch deine Fehler einige Gulden verlieren würden.«
    »Ja, Herr Vater. Ich werde aufpassen!« Veva wischte sich die Tränen ab, die sich in ihre Augen gestohlen hatten, und nahm wieder die Feder zur Hand.
    »Du solltest sie anspitzen, damit sie richtig schreibt«, befahl ihr der Vater und wartete, bis sie seiner Anweisung gefolgt war.
    Als er ihr die Summen diktierte, erinnerte nichts an ihm daran, dass er seinen Sohn verloren hatte und die Tochter durch üble Schurken geschändet glaubte. Er beobachtete Veva, die mit verbissener Miene schrieb, und sagte sich, dass er rasch handeln musste. Doch welcher junge Mann aus den ihm bekannten Kaufmannsfamilien würde bereit sein, das Mädchen zum Weib zu nehmen?
    Der Einzige, der es mit Begeisterung tun würde, war Haselegner. Leibert ärgerte sich nun, dass der Mann die Umstände von Vevas Gefangenschaft bei den Räubern so laut hinausposaunt hatte. Natürlich würde auch so jeder annehmen, dass seine Tochter diesen Kerlen als Hure hatte dienen müssen, doch ohne das dumme Gerede wäre es ihm leichter gefallen, so zu tun, als sei nichts geschehen.
    »Halt! Du musst eine Stelle nach links rücken!« Obwohl sein Kopf schwer von Gedanken war, achtete Leibert genau auf das, was Veva tat. Diese zuckte kurz zusammen, setzte die Spitze der Feder aber genau auf die Stelle, die er ihr angegeben hatte.
    Leiberts Überlegungen galten bereits wieder ihrer Heirat mit einem brauchbaren Schwiegersohn, und mit einem Mal schob sich Ernst Rickingers Bild vor sein inneres Auge. Zwar genoss der Bursche einen denkbar schlechten Ruf, doch ein solcher haftete nun auch seiner Tochter an. Daher beschloss er, baldmöglichst mit seinem Freund Eustachius Rickinger über die beiden zu sprechen.

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Zweiter Teil
    Schicksalsfäden

1.
    A ls Veva in die Kirche trat, richteten sich aller Augen auf sie. Neugier zeigte sich auf den meisten Gesichtern, manche wirkten mitleidig. Nicht wenige Mienen verrieten jedoch auch Erleichterung oder gar heimliche Zufriedenheit, weil nicht ihnen oder jemandem aus ihren Familien so etwas Schreckliches zugestoßen war. Eine ihrer Freundinnen winkte ihr scheu zu, während andere Mädchen die Köpfe zusammensteckten und tuschelten. Diese nahmen nicht einmal wahr, wie Hochwürden Eisenreich, die übrigen Pfarrer und die Ministranten erschienen. Erst ein mahnendes Räuspern einer der Matronen hieß die Mädchen den Mund halten und aufblicken.
    Veva erreichte gerade noch rechtzeitig den Betstuhl, der für die Frauen ihrer Familie reserviert war. Da sie weder eine Schwester noch eine Schwägerin hatte und ihre Mutter verstorben war, blieben die drei anderen Plätze verwaist. Sonst hatten sich stets Nachbarinnen zu ihr gesellt, aber nun rückten alle von ihr ab, als wäre sie von einer ansteckenden Krankheit befallen worden.
    Vorne begann der Priester bereits mit der Messe, doch immer noch starrten etliche Kirchgänger sie an. Veva fühlte sich wie an den Pranger gestellt und wünschte sich, nicht zum Gottesdienst gekommen zu sein. Doch wenn sie sich wochenlang zu Hause verkroch, würde das Ganze noch viel schlimmer werden. So konnte sie hoffen, dass ihre Mitbürger bald das Interesse an ihr verloren oder in der Stadt etwas geschah, was die Aufmerksamkeit von ihr ablenkte. Nun aber hieß es, die nächste Stunde durchzustehen, und da mochten die Gebete ihr helfen.
    Die lateinischen Worte des Pfarrers hatte Veva schon so oft gehört, dass sie sie hätte mitsprechen können, obwohl sie ihren Sinn nicht begriff. Zum ersten Mal wünschte sie sich, mehr zu wissen und die frommen Texte verstehen zu können. Doch die hochwürdigen Herren, die den Pfarreien von Sankt Peter und Unserer Lieben Frau vorstanden, hielten nichts davon, dass Frauen Latein lernten. Gottes Wort auf

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