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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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her, um diesen Moloch zu mästen«, schimpfte Ernst leise mit sich selbst. Dann aber sah er Vevas entsetztes, von Leid gezeichnetes Gesicht vor sich und ließ die Szene, in der das Mädchen geradezu bösartig von dem Ablassprediger bedrängt worden war, noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren. Er begriff, dass er das Geld nur hergegeben hatte, um der Zwillingsschwester seines besten Freundes zu helfen, und sofort fühlte er sich besser.

4.
    D ie Magd Rosi war an diesem Tag ebenfalls in die Sankt-Peters-Kirche geeilt, um an der heiligen Messe teilzunehmen. Die Meisterin erwartete das von ihrem Gesinde, daher blieb nur ein Knecht oder eine Magd daheim, um auf das Haus aufzupassen. Dies hinderte Frau Anna allerdings nicht daran, ihren Dienstboten so viel Arbeit aufzubürden, dass sie erst dann die Kirche erreichten, wenn der Pfarrer bereits am Altar stand.
    So war es auch diesmal. Rosi schlüpfte als eine der Letzten herein und stellte sich nach hinten, wie es sich für eine einfache Dienstmagd gehörte. Da erhob sich ihre Herrin aus ihrem Kirchenstuhl, drehte sich zu ihr um und verzog die Lippen zu einer hämischen Grimasse. »Du Luder wirst heute beichten, verstanden! Und trau dich ja nicht nach Hause, ohne dass der hochwürdige Herr Beichtvater dich freigesprochen hat!«
    Rosi hätte sich am liebsten im nächsten Mauseloch verkrochen, denn nun sahen sich alle zu ihr um. Etliche lachten unterdrückt, und sie vernahm einige boshafte Kommentare über ihren Lebenswandel. Nur ein einziges Gesicht unter allen wirkte freundlich, und das war das von Leiberts Knecht Ludwig, den alle nur den Schwab nannten, weil er die herzogliche Residenzstadt München immer zu deren Ungunsten mit der Freien Reichsstadt Augsburg in Schwaben verglich.
    Bei Ludwigs Anblick schlug ihr Herz schneller. Er war einer der beiden Männer, von denen sie hoffte, dass einer von ihnen sie einmal heiraten werde. Der zweite gehörte zu Rickingers Haushalt, doch der schien sie gerade mit besonderer Verachtung zu mustern.
    An diesem Tag hatte sie jedoch wahrlich andere Probleme, als einen zu ihr passenden Mann zu finden. Sie kannte ihre Herrin und wusste, dass diese den Beichtzettel sehen wollen würde, den sie vom Priester nach Abnahme der Beichte erhielt. Da die meisten Beichtväter alle möglichen und auch unmöglichen Sünden hören wollten und bei einer Magd wie ihr besonders scharf nachfragten, bedeutete dies, dass sie daraufhin viele Male in die Kirche kommen und Rosenkränze beten musste. Aber in dieser Zeit konnte sie nicht arbeiten, und die Herrin würde ihr den ohnehin schon knappen Lohn gnadenlos kürzen.
    Wie an Veva zog die heilige Messe auch an Rosi vorbei, ohne dass sie es wahrnahm. Als sich die Frauen vor den Beichtstühlen anstellten, zögerte sie, weil sie Abscheu vor der Prozedur empfand, und so war sie eine der Letzten in der Schlange. Ihre Herrin, Frau Anna, zählte natürlich zu jenen, die direkt nach den Frauen der Ratsherren an die Reihe kamen, und sie war auch sehr schnell fertig. Schließlich galt sie in der ganzen Stadt als fromme, gottesfürchtige Frau, die den Pfarrer von Sankt Peter und dazu auch den Prior und die leitenden Mönche des Franziskanerklosters häufig zum Essen einlud und Küche und Keller nicht schonte.
    Als sie an Rosi vorbeikam, blieb sie stehen und zwickte die Magd in den Arm. »Du faule Urschel! Du müsstest viel weiter vorne stehen. Jetzt kommst du zu spät zur Arbeit. Aber dafür wirst du büßen, das sage ich dir!«
    Rosi zog den Kopf ein und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Im günstigsten Fall bedeutete das Hiebe. Die taten zwar weh, doch bis aufs Blut würde die Herrin sie schon nicht schlagen, weil sie hinterher noch in der Lage sein sollte, ihre Arbeit zu tun. Schlimmer war es, wenn die Meisterin ihr dafür wieder den Lohn kürzen würde, denn das hieß, dass sie noch länger unter deren Fuchtel leben musste.
    »Ich werde mich beeilen, Frau Meisterin«, versprach sie mit ängstlicher Stimme und rückte sogleich weiter, da die Schlange vor ihr kürzer wurde.
    Als sie nach einer schier endlosen Zeit in den Beichtstuhl schlüpfte, erkannte sie Pater Hilarius und atmete auf. Dieser Priester war zwar derb und fasste einer Magd schon mal an die Brust oder zwischen die Beine, doch wenn sie ihn gewähren ließ, bekam sie ihren Beichtzettel schneller als eine fromme Frau, die von einem strengeren Beichtvater verhört wurde.
    »Grüß Gott, Hochwürden. Ich müsste wieder einmal beichten«,

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