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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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fuchsteufelswild werden, sage ich dir!«
    Der Mann genoss es, sich als Herzog Wilhelms Vertrauter aufzuspielen, obwohl er im Palastgefüge einen eher niedrigen Rang einnahm. Doch als Dienstmann des Landesherrn meinte er weit über den normalen Bürgern der Stadt zu stehen, was ihn nicht daran hinderte, sich von Ernst zu einem Krug Bier einladen zu lassen. Während er diesen und noch drei weitere trank, berichtete er haarklein, was die Landrichter, Amtmänner und Vögte des Herzogs alles unternehmen würden, um der Räuberplage Herr zu werden.
    Ernst hörte ihm aufmerksam zu, schüttelte jedoch unmerklich den Kopf. Wenn jemand, der es insgeheim mit der Oberland-Mordbande hielt, diesem Mann zuhörte, wussten die Schurken genau, in welchen Gerichtsbezirken in den nächsten Wochen Jagd auf sie gemacht werden sollte. Auf die Weise kriegen sie diese Mordbrenner niemals. Am liebsten wäre er auf eigene Faust losgezogen, um seinen toten Freund zu rächen. Doch seine Möglichkeiten waren zu beschränkt. Eher würde er selbst ein Opfer der Räuber werden, als diese zu fangen. Daher war er froh, als der redselige Dienstmann des herzoglichen Hofes schließlich aufbrach und mit unsicheren Schritten Richtung Schrannenplatz eilte, um dort, wie er sagte, noch etwas für den Herzog zu erledigen.
    »Wahrscheinlich hat ihn der Hofkoch geschickt, ein paar Eier zu besorgen«, spottete die Schankmaid, nachdem die Tür hinter dem Mann ins Schloss gefallen war.
    Ernst ging nicht darauf ein, sondern trank ebenfalls aus und beglich seine Zeche. »Bis zum nächsten Mal!«, verabschiedete er sich und dachte, dass es wohl einige Zeit dauern würde, bis er wieder Lust bekam, hier ein Bier zu trinken.

6.
    A ls Ernst das Haus seines Vaters betrat, wartete bereits an der Tür die alte Magd Lina auf ihn. »Dein Vater will, dass du gleich zu ihm kommst!«
    »Dabei habe ich heute gar nichts ausgefressen«, sagte Ernst mit fragender Miene. Er bedankte sich bei der Alten, an deren Händen er vor mehr als zwei Jahrzehnten das Gehen gelernt hatte, und trat, ohne sein Wams auszuziehen, in das Kontor des Vaters. Dieser saß über sein Rechnungsbuch gebeugt und blickte erst auf, als Ernst sich vernehmlich räusperte.
    »Ist das Bier heute schlecht geworden, weil du schon so früh nach Hause kommst?«, fragte Rickinger seinen Sohn nach einer spöttischen Musterung.
    »Das Bier war gut! Aber du hast ja gesagt, ich sollte nicht mehr so lange im Wirtshaus sitzen«, konterte Ernst gelassen.
    Die Augenbrauen seines Vaters wanderten einen Deut nach oben. »Du willst mich wohl mit meinen eigenen Waffen schlagen, was? Dafür bist du noch zu grün hinter den Ohren. Aber da du schon einmal hier bist, kannst du mir einen Becher Wein einschenken.«
    Ernst folgte seiner Weisung, wartete jedoch vergebens auf die Aufforderung, sich ebenfalls einen Becher zu füllen. Daher stellte er das volle Gefäß auf den Tisch, lehnte sich gegen die Wand und harrte mit vor der Brust verschränkten Armen der Rede seines Vaters.
    Der alte Rickinger trank genüsslich und schnalzte dann mit der Zunge. »Der Rebensaft ist eine wahre Gabe Gottes. Aber mit deinem Bier kannst du mich jagen. Das schmeckt doch wie Jauche!«
    »Das kann ich nicht beurteilen, denn ich habe noch nie Jauche getrunken.« Ernst war allmählich gereizt. Was gab es so Dringendes, dass Lina ihn schon am Tor hatte abpassen müssen?
    Eustachius Rickinger ging noch einmal die letzten Einträge in seinem Rechnungsbuch durch. Dann blickte er seinen Sohn an, als erinnere er sich erst jetzt wieder daran, dass er im Raum war. »Da Bertram für mich von Tirol weiter nach Venedig gereist ist, habe ich beschlossen, dich ebenfalls nach Innsbruck zu schicken. Dort kannst du dir mit eigenen Augen ein Bild von Ferdinand Antschellers Töchtern machen und entscheiden, welche dir taugt. Vor allem aber kann Antscheller dich begutachten und mir mitteilen, ob du ihm gefällst.« Er kicherte, als bereite ihm die Angelegenheit einen Heidenspaß.
    Ernst war nicht zum Lachen zumute. »Ihr meint es also ernst mit meiner Heirat, Herr Vater?«
    »Natürlich meine ich es ernst! Passt dir keine von Antschellers Töchtern, so wird es eine andere werden. Ich finde schon eine Braut für dich. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, Herr Vater. Entweder mir gefällt eine, die Euch zusagt, oder Ihr sucht mir eine aus, ohne Euch darum zu kümmern, was ich von ihr halte.«
    Rickinger nickte zufrieden. »Manchmal entdecke ich sogar so etwas wie Verstand bei dir.

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