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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Übrigens habe ich gehört, du hättest heute Ablassbriefe erstanden. Das erstaunt mich, denn letztens hast du behauptet, diese seien nicht mehr wert, als um sich im Abort damit den Hintern abzuwischen. Das wäre arg teuer für einen Zweck, den Blätter oder Moos genauso erfüllen können. Außerdem würde der hochwürdige Doktor Portikus, kämen ihm deine Worte zu Ohren, gewiss noch einmal die gleiche Summe als Sühne für deine unflätigen Worte verlangen, um fromme Werke damit tun zu können.«
    »Damit sich der Papst noch einen Palast bauen kann?«
    »Der Papst ist das Oberhaupt der Christenheit! Und du solltest nachdenken, bevor du den Mund auftust. Die Kirche ist mächtig, und selbst unser allergnädigster Herr Herzog vermag nichts gegen ihren Willen auszurichten. Du bist mein Sohn, und es wird deine Aufgabe sein, meine Geschäfte weiterzuführen und das Gut der Familie zu mehren. Aber wenn die Kirchenoberen den Herzog oder den Inneren Rat dazu bringen, dich aus München zu verbannen, kannst du das nicht. Also halte in Zukunft gefälligst dein loses Maul!«
    Rickinger war immer lauter geworden und starrte seinen Sohn wütend an. Dann atmete er schwer, trank einen Schluck Wein und machte eine Bewegung, die Ernst fatal an das Verscheuchen einer lästigen Fliege erinnerte. »Jetzt geh! Du wirst dich morgen früh einem Handelszug anschließen, der nach Innsbruck aufbricht. Sieh zu, dass du etwas lernst. Wenn du aufgestanden bist, kommst du noch einmal zu mir, damit ich dir das Reisegeld und meinen Segen geben kann. Und nun verschwinde! Im Warenspeicher gibt es gewiss Arbeit für dich.«
    Zwar klang der Vater nun versöhnlich, dennoch war Ernst froh, sich verabschieden zu können. Vor der Tür traf er die alte Lina, die offenkundig gelauscht hatte.
    Sie fasste ihn am Arm und zwinkerte ihm zu. »Nimm es nicht zu schwer. Du weißt doch, dein Vater meint es gut mit dir!«
    »Ich weiß es«, antwortete Ernst und tätschelte der Alten die Hand.
    Diese lächelte und schien für ein paar Augenblicke in ferne Zeiten zu blicken. »Er war früher genau wie du. Ich erinnere mich noch, wie sein Vater gepoltert hat, wenn ihm etwas nicht gefiel, und ihm passte sehr vieles nicht an seinem Sohn. Allerdings war dieser nicht so vermessen, einen frommen Mann wie Pater Remigius vor allen Leuten zum Gespött zu machen.«
    »Wäre Pater Remigius ein wahrhaft frommer Mann, hätte ich ihn nicht zum Gespött machen können«, antwortete Ernst verdrossen.
    Er fasste die vertraute Magd am Arm. »Lina, es kann sein, dass in der Zeit, in der ich weg bin, ein Bekannter aus Augsburg vorbeikommt und mir etwas bringt. Nimm es entgegen und verstecke es in meiner Kammer, aber so gut, dass es die anderen Mägde nicht finden. Es darf niemand etwas davon erfahren, verstehst du? Das ist ganz wichtig!«
    Die Alte nickte, obwohl sie im Grunde nichts verstand. »Ich passe schon auf.«
    »Der Mann heißt Korbinian Echle und weiß, dass er sich an dich wenden muss, wenn ich nicht da bin. Es könnte allerdings auch Christoph Langenmantel hier auftauchen. Das ist ein hoher Herr! Sein Vater war Bürgermeister von Augsburg, und er selbst ist einer der dortigen Domherren«, erklärte Ernst eindringlich.
    Er hoffte, dass die Magd Verstand genug besaß, seine Anweisungen genau zu befolgen. Wenn die Flugblätter, die Echle unter unverfänglichen Waren versteckt in die Stadt München schmuggelte, den falschen Leuten in die Finger fielen, waren ihm Verhaftung und Verbannung gewiss. Es mochte sogar sein, dass Doktor Portikus ihn vom Gericht des Herzogs zum Feuertod verurteilen ließ.

7.
    D a Anna, die Meisterin, auch sonst nicht duldete, dass ihre Knechte und Mägde bei der Arbeit trödelten, musste Rosi an diesem Tag die Hände noch flinker rühren als sonst, um rechtzeitig fertig zu werden. Zwar hatte sie ihrer Herrin den Beichtzettel gezeigt, den Pater Hilarius ihr gegeben hatte, doch die Bezahlung dafür war sie dem Geistlichen noch schuldig. Aus diesem Grund gesellte sie sich nicht zu den anderen Mägden in der Küche, in der gerade das beim Abendessen verwendete Geschirr geschrubbt wurde, sondern schlich aus dem Haus. Sie war geschickt genug, den Blicken des Hausknechts zu entgehen, der sie sonst unweigerlich der Meisterin gemeldet hätte.
    Auf der Straße begann sie zu rennen, um nicht zu spät in die Allerheiligenkirche zu kommen. Wenn sie nicht die Erste war, die von Pater Hilarius diesen besonderen Ablass erhalten hatte, würde der Priester sie wegschicken

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