Die Ketzerbraut. Roman
flüsterte Rosi und beugte sich nach vorne. Sofort griff ihr der Priester an die Brust und knetete sie.
»Dann beichte, meine Tochter, und erleichterte dein Sündenregister. Es soll seit deiner letzten Beichte wieder sehr voll geworden sein, habe ich mir sagen lassen. Man spricht von Unkeuschheit und Hurerei.«
»Gehurt habe ich gewiss nicht!«, sagte Rosi und verdrängte die Tatsache, dass sie von Ernst Rickinger Geld für gewisse Dienste verlangt und bekommen hatte.
»Aber du warst unkeusch und hast dich von Männern besteigen lassen«, fuhr der Pater fort.
Rosi schüttelte den Kopf. »Nicht von Männern, Hochwürden! Nur ein einziger Mann hat mir den Rock hochgeschlagen.«
»Das ist schon eine Todsünde zu viel und könnte dich in die ewige Verdammnis bringen!« Die Stimme des Paters nahm einen bedrohlichen Klang an, während seine Hand nach unten glitt und Rosis Rock hochzerrte.
»Du wirst mir alles erzählen! Aber nicht hier, sondern morgen Abend beim Gebetläuten in der Allerheiligenkirche. Hast du mich verstanden? Vorläufig spreche ich dich von deinen Sünden frei. Hier hast du deinen Beichtzettel, denn deine Herrin wird ihn sehen wollen. Doch vergiss nicht: Bist du morgen nicht zur richtigen Zeit an dem Ort, den ich dir genannt habe, werden deine Sünden doppelt und dreifach wiegen, und du wirst eine Wallfahrt nach Weltenburg oder gar nach Rom tun müssen, um davon befreit zu werden!«
»Ich komme gewiss, Hochwürden«, wisperte Rosi erschrocken.
Wenn sie wallfahren musste, würde sie ihren Dienst aufsagen und unterwegs betteln und wahrscheinlich sogar huren müssen, um an ihr Ziel zu gelangen. Auch wenn sie sich gelegentlich einem Mann hingab, so tat sie es nicht allein des Geldes wegen. Er musste ihr auch gefallen. Doch auf der Landstraße würde sie für ein Stück Brot jedem geilen Bock die Schenkel öffnen müssen.
»Vergiss es nicht!«, mahnte Pater Hilarius sie noch einmal und reichte ihr den begehrten Zettel.
»Vergelt’s Gott, Hochwürden!« Rosi weinte fast vor Erleichterung, als sie den Beichtstuhl verließ.
Auf dem Weg nach Hause kam sie an dem Podest mit dem Ablasshändler vorbei und hörte, wie dieser jedem, der es bezahlen konnte, einen Nachlass seiner Sünden versprach. Aus Angst vor dem Höllenfeuer, in das laut den Priestern alle schweren Sünder und unter ihnen vor allem die Frauen kommen würden und in dem sie schlimmste Qualen erdulden mussten, ohne je der Erlösung teilhaftig zu werden, standen die Menschen vor dem Podest Schlange. Rosi fragte sich, ob sie nicht wenigstens einen Teil ihres ersparten Geldes aufwenden sollte, um sich einen Ablassbrief zu kaufen, denn so ganz traute sie der Lossprechung durch Pater Hilarius doch nicht. Der Gedanke, dass die Meisterin bereits auf sie wartete und jedes weitere Säumen ihr eine noch schlimmere Strafe einbringen würde, brachte sie jedoch dazu, sich abzuwenden und nach Hause zu eilen.
5.
A uf dem Heimweg kehrte Ernst Rickinger in die Schenke im Hirschbräugässel ein, in der er oft mit Bartl Leibert gewesen war. Doch als er sich auf seinen Stammplatz setzte und die Schankmaid ihm einen Krug hinstellte, merkte er rasch, dass sich die Freude, hier gemütlich ein gutes Bier zu trinken, nicht einstellen wollte.
»Dir geht wohl der Bartl ab«, sprach die Wirtsmagd ihn an, als sie seine trübe Miene bemerkte.
»Das kannst du laut sagen! Es macht mich wütend, dass niemand Anstalten macht, die Mordbuben zur Verantwortung zu ziehen. Dabei sind die Stadtknechte und die Zunftfähnlein von München schon wegen weit nichtigerer Zwischenfälle aufgebrochen«, schimpfte Ernst.
In dem Augenblick sah er sich einem der Dienstleute des Herzogs gegenüber, der ebenfalls sein Bier in der Schenke trank.
»Jetzt rede nicht so dummes Zeug daher!«, sagte der Mann, während er sich neben ihm niederließ. »Bei Hof ist die Mordtat schon lang und breit besprochen worden. Unser gnädigster Herr Herzog wird das Seine dazu tun, dass diese Räuber endlich dingfest gemacht werden. Schließlich war der Leibert Bartl nicht der erste Untertan, der von denen umgebracht worden ist, und die Kerle haben auch schon mehr Frauen als die Veva dazu gezwungen, unter ihnen zu liegen. Das muss ein End haben, sagt unser Herr Herzog, und das wird es auch. Es geht ja nicht allein um die Mordtaten, sondern auch um den Handel, der durch die Überfälle massiv behindert wird, und um die Steuern, die unser Herr Herzog einnimmt. Wenn die nicht mehr fließen, kann Seine Gnaden
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