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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Rute seit Jahren nicht mehr zu spüren bekommen, doch ein strafender oder gar verächtlicher Blick aus seinen Augen war für sie beinahe schlimmer als ein Hieb.
    »Du kannst gehen!« Leibert wollte sich wieder seinem Rechnungsbuch zuwenden.
    Veva nutzte den Augenblick. »Wer wird für Euch die Briefe schreiben, wenn ich nicht hier bin?«
    »Da wird mir schon etwas einfallen«, gab er ebenso knapp wie unbestimmt zurück.
    Nicht einmal in dieser Angelegenheit vertraut Vater sich mir an, dachte Veva bedrückt. Sie knickste und verließ das Zimmer so schnell, dass er ihre Tränen nicht sehen konnte. Kurz darauf trat sie in die Küche, in der Cilli bereits dabei war, ein großes Bündel mit Lebensmitteln zusammenzupacken.
    Als die Köchin Veva hereinkommen sah, hielt sie kurz inne. »Du wirst auch etwas davon tragen müssen, denn der Schwab kann nicht alles allein schleppen. Aber wenn du dich doch noch für das Maultier entscheidest, trägt das den ganzen Packen.«
    Wie es aussieht, haben hier alle Wände Ohren, fuhr es Veva durch den Kopf. Woher wusste Cilli schon wieder, dass sie zu Fuß gehen wollte? Sie fragte nicht, sondern zwang sich zu einem Lächeln. »Ich trage gerne etwas. Aber warum packst du Schinken, Speck, Würste und Mehl ein? Unser Ziel ist doch ein Bauernhof.«
    Die Köchin schnaubte verächtlich. »Wer weiß, wie diese Bauern leben. Wahrscheinlich hausen sie selbst in einem Schweinekoben, und zum Essen gibt es tagaus, tagein nur Gerstenbrei. Du wirst mir noch dankbar sein, dass ich dir die Sachen mitgegeben habe. Später wird dir der Schwab jede Woche so ein Paket bringen.«
    Veva hörte Cilli kopfschüttelnd zu. Schließlich sollte der Meierhof ihr väterliches Anwesen mit Nahrung versorgen und nicht umgekehrt. Sie wusste jedoch, dass sie Cilli ohnehin nicht umstimmen konnte, und ließ es daher zu, dass diese ihr ein leichtes Bündel schnürte. Auf den Schwab hingegen wartete ein großer Korb, der auf dem Rücken getragen wurde und auch einige ihrer Kleider aufnehmen musste.
    Als der Knecht die Küche betrat, war er bereits für die Reise gekleidet. An der Seite trug er einen langen Hirschfänger, und in der Hand hielt er einen mannslangen Stock mit eiserner Spitze.
    »Das ist wegen der Hunde«, erklärte er. »Räuber haben wir auf diesem Weg keine zu befürchten. Dafür liegt dieses Bauerndorf zu nahe an der Residenzstadt. Ich hoffe nur, dass die Unterkunft, die wir dort bekommen, dir angemessen ist, Jungfer!«
    Erstaunt vernahm Veva, dass der Knecht, der sonst alles, was München betraf, zum Nachteil mit jenen Dingen verglich, die es in Augsburg gab, die Residenzstadt des Herzogs nun himmelhoch über das Dorf stellte, welches sie aufsuchen sollten. Dieses Verhalten reizte sie zum Spott. »Pewing soll übrigens bei Schwaben liegen!«
    Zuerst starrte der Schwab sie verblüfft an. Dann aber winkte er lachend ab. »Dieses Schwaben ist nur ein kleiner Marktflecken, der zufällig so heißt. Mit dem richtigen Schwaben und der prächtigen, wohlhabenden Stadt Augsburg hat der Ort nichts zu tun.« Schon war er wieder in seinem Element und erzählte, wie schön es doch am Lech wäre und um wie viel besser Brot, Bier und Braten dort schmeckten.
    Schließlich wurde es der Köchin zu dumm. »Ach, hör doch auf damit! Wie oft warst du schon in Augsburg, um zu wissen, wie dort alles schmeckt? Und schöner als in unserer herzoglichen Residenzstadt München kann es dort auch nicht sein.«
    Ihr Tonfall warnte den Schwab davor, eine weitere abfällige Bemerkung über München zu machen. Da er es sich nicht mit Cilli verderben wollte, trat er ans Bierfass und füllte einen Becher.
    »Wegzehrung«, meinte er grinsend und trank. Danach wuchtete er sich den Tragkorb auf die Schulter und sah Veva auffordernd an. »Können wir gehen, Jungfer?«
    Veva griff nach ihrem Bündel und trat zur Tür. »Ich bin bereit. Bis bald, Cilli! Ich hoffe, ich muss nicht zu lange auf dem Meierhof bleiben.«
    »Das mag die Heilige Jungfrau verhüten!«, rief die Köchin und versprach der Mutter Jesu eine Kerze, wenn sie verhinderte, dass ihre junge Herrin von einem der Mörder ihres Bruders geschwängert geworden war. Vevas Beteuerungen, ihr sei bei den Räubern nichts geschehen, nahm sie ebenso wenig ernst wie Leibert, das restliche Gesinde und die gesamte Nachbarschaft. Die schaurigen Taten der Oberländer Bande waren in München in aller Munde.
    »Behüt euch Gott!« Mit einer energischen Bewegung wandte Veva sich um und ging den Flur

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