Die Ketzerbraut. Roman
sein! Weißt du, Bartholomäus, du erweist mir noch einen weiteren Gefallen damit. Ich schreibe meine Briefe alleweil noch selbst und führe auch meine Bücher. Daher bleibt für Ernst nicht viel mehr zu tun, als die Knechte zu beaufsichtigen, die die Ware auf- und abladen oder in den Speichern verstauen. Auf Dauer ist das nichts für einen angehenden Kaufmann. Aber bei dir kann er einiges lernen.«
Rickinger war aus ehrlichem Herzen froh, dass sein Sohn eine Aufgabe bekommen sollte, die ihn forderte. Doch noch war sein Gast nicht fertig. Leibert trank einen Schluck Wein, um seine trockene Kehle zu befeuchten, und sah seinen Freund beinahe ängstlich an. »Erinnerst du dich noch, Eustachius, wie wir vor Jahren einmal darüber gesprochen haben, dass wir deinen Ernst und meine Veva miteinander verheiraten sollten?«
»Damals waren die beiden noch sehr klein, und wir haben die Sache nicht weiterverfolgt, weil ich keine Tochter bekommen habe, die dein Bartl hätte heiraten können. Du wolltest nämlich nicht, dass Geld von dir als Vevas Mitgift zu mir fließt, ohne dass es einen Ausgleich dafür gegeben hätte. Stattdessen hast du dir einen ausländischen Schwiegersohn gesucht.« Rickingers Stimme war nicht zu entnehmen, ob er empört war, weil sein Gast dieses Thema angesprochen hatte, oder sich darüber ärgerte, weil sich nicht schon damals etwas ergeben hatte.
Leibert wäre am liebsten aufgestanden und gegangen, denn er wollte sich auch vor einem Freund nicht demütigen. Doch er riss sich zusammen. »Jetzt, da Bartl tot ist, wird der Mann, dem ich Veva gebe, einmal meinen gesamten Besitz erben. Und da auch du kein anderes Kind als den Ernst hast, könnte er sein Vermögen mit dieser Heirat verdoppeln und würde zu den reichsten Bewohnern unserer Stadt zählen.«
Nun hatte Leibert seine Pläne offengelegt und seinen Gastgaber sichtlich verblüfft. »Du hast doch schon einen Eidam!«
»Ich glaube nicht, dass Antscheller seinen einzigen Sohn ins Bayrische schicken und seinen Handel dem Mann einer seiner Töchter vermachen wird«, antwortete Vevas Vater leise.
Rickingers Bereitschaft, seinem Gast in dieser Sache entgegenzukommen, war denkbar gering. Daher suchte er nach Gründen, dessen Ansinnen abzulehnen. »Und wenn diese Heirat doch zustande kommt? Immerhin kann auch Antscheller auf diese Weise sein Vermögen verdoppeln! Außerdem hast du dich während der letzten Jahre nicht sonderlich freundlich über meinen Sohn geäußert, sondern ihn gar zu oft einen verdammten Taugenichts genannt!«
Obwohl Rickinger seinen Sohn mit teilweise noch drastischeren Begriffen bezeichnet hatte, fühlte er sich immer noch durch die harschen Worte seines Freundes verletzt.
Leibert atmete schwer und stand dann mit Mühe auf. »Ich sehe, dass ich umsonst gekommen bin. Nun gut, ich werde auch anderweitig zu einem braven Eidam kommen.«
Rickinger hielt ihn auf. »Noch habe ich nicht nein gesagt. Ich wollte dir nur aufzeigen, was gegen diese Heirat spricht. Ein Punkt ist das, was im Gebirge mit Veva geschehen ist. Es wird keinem jungen Mann gefallen, bei einem Weib zu liegen, das bereits von einer ganzen Räuberbande geschändet worden ist!«
»Dann brauchen wir nicht weiterzureden!«, antwortete Leibert verärgert und schalt sich selbst einen Narren, weil er Rickinger um der alten Freundschaft willen aufgesucht hatte.
Dieser dachte nun aber an den Ruf seines Sohnes sowie an das Geld, das durch eine solche Heirat der Familie zufließen würde, und folgte Leibert bis zur Tür. »Lass uns wie vernünftige Männer miteinander reden! Ich habe nichts gegen die Veva. Sie ist ein anständiges Mädchen und nicht von selbst zu diesen Schurken auf die Lagerstadt geschlichen, sondern mit Gewalt genommen worden. Doch ich habe Ernst vor zwei Tagen nach Innsbruck geschickt, damit er sich Antschellers Töchter ansehen soll. Wenn ihm eine gefällt und ich mit ihrem Vater handelseinig werde, musst du dich nach einem anderen Bräutigam für deine Tochter umsehen. Gibt es jedoch keine Innsbrucker Hochzeit, so bin ich bereit, deinen Vorschlag ins Auge zu fassen. Allerdings soll das alles mit Bedacht geschehen, denn ich will wissen, ob das erste Kind, das deine Tochter zur Welt bringt, mein Enkel ist!«
»Veva wird in Pewing bleiben, bis wir Klarheit haben, ob ihr Aufenthalt bei den Räubern Folgen zeitigt oder nicht. In drei Monaten werden wir es wohl wissen.«
Leibert wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, weil sein Gastgeber ihm ein halbes
Weitere Kostenlose Bücher