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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Tochter alles erben.«
    Diese Wendung des Gesprächs gefiel Haselegner überhaupt nicht. Widerstrebend antwortete er: »Wird wohl so sein.«
    Sein Gastgeber nickte nachdenklich. »Schließlich wäre es kein Schaden, wenn mein Friedrich seine Tochter heiratet. Er steht gut da, der Leibert. Vor kurzem hat er mir noch einmal geschrieben und mich aufgefordert, meinen Buben zu ihm nach München zu schicken, damit er seinen Handel übernehmen kann. Das werde ich wohl tun.« Ferdinand Antscheller klang so zufrieden, dass sein Gast am liebsten mit der blanken Faust dreingeschlagen hätte.
    Haselegner kämpfte jedoch seine Wut nieder und sah den anderen mit missbilligender Miene an. »An deiner Stelle tät ich mir das noch einmal überlegen, Antscheller. Die Veva bekommt zwar ein reiches Erbe, aber …« Haselegner brach mit einer verächtlichen Handbewegung ab.
    »Was aber?«, bohrte sein Gastgeber nach.
    »Nun, ich hab’s bis jetzt für mich behalten. Weißt du, ich bin damals nur einen Tag später in die Gegend gekommen, in der der Bartl Leibert ermordet worden war, und habe den Amtmann von Kiefersfelden sofort um eine Schar Waffenknechte gebeten, um die Bande zu verfolgen. Wir konnten zwar ihr Versteck ausräuchern, aber die Kerle hatten uns bemerkt und sind geflohen. Dafür haben wir die Veva gefunden, die sie zurückgelassen hatten. Ich hab’s bis jetzt noch niemandem gesagt, aber wegen meiner Freundschaft zu dir muss ich es tun.
    Die Veva hat ein Kleid getragen, das einer Fürstin angemessen gewesen wäre, und sie war körperlich vollkommen unversehrt. Während ihrer Gefangenschaft bei diesen Schuften hat sie keine einzige Schramme davongetragen! Du weißt doch selbst, wie die Räuber jene Weiber, deren sie habhaft geworden sind, sonst behandelt haben. Die armen Dinger waren blutig geschlagen, und oft genug haben sie ihnen auch noch die Ohren oder die Nase abgeschnitten. Veva jedoch ist nichts davon geschehen! Du kannst dir wohl denken, was das heißt, Antscheller.«
    »Was soll ich mir denken?«
    »Die Räuber haben Veva nicht zwingen müssen, sich auf den Rücken zu legen und die Beine breit zu machen. Sie hat’s freiwillig getan! Und das bei den Schurken, an deren Händen noch das Blut ihres Bruders klebte. Ich hab’s dem Leibert nicht sagen wollen, sondern vor ihm so getan, als wäre seine Tochter wirklich mit Gewalt genommen worden.« Haselegner seufzte, als falle es ihm schwer, das zu bekennen, und blickte Antscheller und dessen Sohn lauernd an.
    Sein Gastgeber dachte nach und blies die Luft aus den Lungen, während sein Sohn ein Gesicht zog, als hätte er anstelle von gutem lombardischem Wein soeben Jauche getrunken. »So eine, die es mit Mördern und Räubern getrieben hat, will ich nicht heiraten!«, sagte er.
    »Aus Angst macht eine Frau viel«, wandte sein Vater ein.
    Aber seinen Worten fehlte der Nachdruck. Er hatte gerade Ernst Rickinger als Schwiegersohn abgelehnt, weil ihm dessen Ansehen zu schlecht war, und nun überlegte er, wie es um den Ruf Vevas nach dieser Sache bestellt wäre. Was war, wenn das, was Haselegner ihm eben unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt hatte, die Runde machte? Es wog Leiberts ganzes Vermögen nicht auf, wenn es hieß, die Ehefrau seines Sohnes habe es mit den Mördern ihres Bruders getrieben. Von da bis zu der Vermutung, Bartl Leiberts Tod sei eine abgekartete Sache gewesen, war es nicht weit. Damit aber hätte der Verdacht aufkommen können, er selbst wäre daran beteiligt gewesen, um so Leiberts gesamtes Vermögen an sich zu bringen.
    Schließlich schüttelte er den Kopf. »Dank dir, Haselegner, dass du mich gewarnt hast. Beinahe hätte ich einen Fehler begangen. Ein guter Ruf ist mehr wert als eine Truhe voll Gold. Ich werde dem Leibert abschreiben und für meinen Buben eine andere Hochzeiterin suchen. Jungfern mit einer guten Mitgift gibt es zum Glück genug.«
    »Damit tust du recht, Antscheller«, stimmte Haselegner ihm zu.
    Insgeheim amüsierte er sich über seinen Gastgeber, der, wenn es ums Geschäft ging, bei weitem nicht so lauter handelte, wie er jetzt tat, solange sein Ruf nicht darunter litt. Auf jeden Fall hatte er gerade seinen größten Rivalen ausgeschaltet und war Veva und deren Erbe ein ganzes Stück näher gerückt. Allerdings gefiel es ihm gar nicht, dass Antscheller Ernst Rickinger so harsch abgewiesen hatte. Dessen Vater war gut mit Vevas befreundet, und da mochte sich womöglich etwas anspinnen, das sich als Hindernis für seine Pläne

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