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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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vorstellen mochte, so hielt er sich doch für ehrlicher als all die Remigiusse und Hilariusse der heiligen Kirche Christi.

8.
    L eiberts Haustür war bereits abgeschlossen. Daher musste Rickinger den Klopfer anschlagen, um sich bemerkbar zu machen. Es dauerte eine Weile, bis jemand an die Tür kam und sie öffnete. Es war der Schwab, an den sein Kollege Sepp all jene Arbeiten abschob, die er selbst nicht so gerne übernahm.
    »Grüß Gott, Herr Rickinger. Ihr seid aber noch spät unterwegs«, begrüßte er den Gast.
    Rickinger schob den Knecht zurück und trat ein. »So spät ist es auch wieder nicht. Melde mich deinem Herrn! Ich habe mit ihm zu reden.«
    Der Schwab fragte sich, was für ein eiliges Geschäft den Kaufmann um diese Stunde zu seinem Herrn führte. Schnell lief er die Treppe hinauf und klopfte an Leiberts Kammer. »Herr, der Rickinger ist da und will mit Euch reden!«
    »Der Rickinger?« Leibert klang nicht gerade erfreut. »Bring ihn ins Kontor. Ich komme gleich!«
    Während der Schwab die Treppe hinunterrannte, rieb der Hausherr sich die schmerzende Stirn. Er hatte sich eher zum Schlafen zurechtgemacht als sonst und war auch bereits ein wenig eingenickt. Jetzt brauchte er eine Weile, um wieder auf die Beine zu kommen. Mit dem Gefühl, alt und verbraucht zu sein, stand er schließlich auf und sah an seinem Nachthemd hinab. Da er sich zu zittrig fühlte, um sich noch einmal richtig anzukleiden, hüllte er sich in einen Überwurf und schlüpfte in seine Pantoffel.
    Kurz darauf betrat er mit schleppenden Schritten sein Kontor, in dem Rickinger es sich bereits auf dem Stuhl bequem gemacht
     hatte, der wichtigen Besuchern vorbehalten war. Vor ihm auf dem Eichentisch stand ein voller Becher mit Wein, den ihm der
     Schwab gebracht hatte.
    Nun blickte der Knecht seinen Herrn fragend an. »Soll ich Euch einen Krug Bier holen?«
    Leibert nickte dankbar, denn seine Kehle war wie ausgedörrt, und er musste sich erst einmal räuspern, bevor er ein Wort hervorbrachte. »Was führt dich noch zu mir, Rickinger?«
    Ernsts Vater begriff, dass sein Besuch Leibert ungelegen kam. Offensichtlich war der Mann nicht nur vorzeitig alt geworden, sondern auch krank. Lange würde Leibert es wohl nicht mehr machen. Daher war es umso wichtiger, rasch zu einer Einigung zu kommen.
    »Weißt du noch, mein Freund, worüber wir letztens geredet haben?«, begann er.
    »Ja! Über die Kredite, die unser gnädigster Herr Herzog von uns fordert und die er doch nicht zurückzahlt.«
    Rickinger machte eine unwirsche Handbewegung. »Das meine ich nicht! Mir geht es um deine Veva und meinen Ernst. Mein Sohn ist gerade eben aus Innsbruck zurückgekommen. Mit dem Antscheller ist nichts geworden. Fast tät ich sagen, Gott sei Dank! Darum kann er jetzt die Veva heiraten.«
    Obwohl Leibert diese Ehe selbst vorgeschlagen hatte, zögerte er mit der Antwort. »Ich bin ein wenig überrascht«, meinte er, nachdem er sich an dem Bierkrug gestärkt hatte. »Wie ich mit dir darüber geredet habe, hast du nicht gerade ausgesehen, als ob dir die Veva recht wäre.«
    »Mein Gott, Leibert, musst du jedes Wort auf die Goldwaage legen?« Rickinger bekam auf einmal Angst, sein Freund könne diese Heirat nicht mehr wollen. Dabei war dessen Tochter das einzige Mädchen mit einer passenden Mitgift, auf das sein Sohn überhaupt noch hoffen konnte. Mit einem wütenden Schnauben sagte er sich, dass Ernst an seinem üblen Ruf selbst schuld war. Den schlechten Charakter musste ihm seine Mutter vererbt haben, von ihm hatte er ihn gewiss nicht. Trotzdem entband ihn das nicht der Verpflichtung, seinen Sohn zu verheiraten. Er hätte ihn zwar auch ledig nach Augsburg schicken können, doch er wollte nicht, dass Ernst bei Besuchen in München seiner Susanne nachstellte.
    Da Leibert nicht gleich antwortete, stand er auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es gereicht doch uns beiden zum Vorteil. Mein Ernst kommt endlich unter die Haube, und deine Veva kriegt einen Mann, der ihrem Stand angemessen ist. So leicht bringst du sie nach der Sache mit den Räubern nicht mehr los.«
    Leibert hätte ihm sagen können, dass es mit Haselegner durchaus einen Interessenten für Veva gab, aber der kam auf keinen Fall als Bräutigam in Frage. Da er Grund hatte zu fürchten, bald vom Herrgott aus dieser Welt abberufen zu werden, musste Veva schnell in feste Hände kommen. Seufzend griff er nach dem Bierkrug, um seine Kehle zu schmieren.
    »Wir könnten es uns überlegen«, sagte er, als

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