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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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er den Krug wieder abgesetzt hatte.
    »Überlegt haben wir beide lange genug. Eine Ehe zwischen unseren Kindern bringt uns beiden einen Vorteil. Du musst nicht glauben, dass der Ernst nichts vom Handel versteht. Außerdem schicke ich ihn für ein Jahr nach Augsburg zum Fugger Jakob. Mit dessen Hilfe soll er dort einen eigenen Handel aufziehen. Auf die Dauer kommt mich unser Herzog nämlich zu teuer. Deswegen will ich einen Teil meiner Geschäfte über Augsburg abwickeln.«
    »Der Ernst soll nach Augsburg? Aber ich hatte gehofft, er könnte mir helfen!«, protestierte Leibert enttäuscht. Schließlich hatte er diese Ehe nicht vorgeschlagen, um Schwiegersohn und Tochter in die Ferne ziehen zu sehen.
    Sein Zögern ärgerte Rickinger. Doch er begriff, dass er mit Poltern nichts erreichen konnte, und begann, seinem Freund all die Vorzüge aufzuzählen, die es mit sich brächte, wenn sie einen Teil ihrer Geschäfte nach Augsburg verlegten.
    »Das mag schon richtig sein«, antwortete Leibert. »Trotzdem wäre es mir lieber, der Ernst bliebe in München.«
    Das aber wollte Rickinger unter allen Umständen vermeiden, denn sonst durfte er kein um zwanzig Jahre jüngeres Weib heiraten. Dabei ging es ihm weniger um den Ruf seiner zukünftigen Frau, sondern darum, dass er sich jünger fühlen würde, wenn er nicht täglich einen erwachsenen Sohn vor sich sah. Aus diesem Grund redete er auf Leibert ein, bis dieser schließlich nachgab.
    »Also gut, die zwei sollen heiraten und nach Augsburg gehen. Aber wenn ich den Ernst brauche, hat er zurückzukommen!«
    »Das wird er, mein Freund, das wird er!« Rickinger ergriff Leiberts Hände und hielt sie fest. »Es wird alles gut, das verspreche ich dir. Nur zu früh dürfen wir die zwei nicht nach München zurückholen, denn noch sind sie im Gerede der Gassen. Erst muss sowohl Ernsts derber Scherz mit Peter Remigius wie auch Vevas Aufenthalt bei den Räubern vergessen sein!«
    »Da hast du wohl recht«, sagte Leibert, dem nicht weniger als Rickinger an einem guten Ruf gelegen war.
    »Dann sind wir uns einig. Schlag ein!« Damit hielt Rickinger ihm die Rechte hin.
    Nach einem kaum merklichen Zögern schlug Leibert ein. Er wunderte sich, wie kräftig er sich auf einmal fühlte. Seine Kopfschmerzen waren verschwunden, und er litt auch nicht mehr so stark unter Atemnot. Nun klammerte er sich an die Hoffnung, dass der Herrgott ihm noch ein paar gute Jahre schenken würde, damit er sein Haus bestellen konnte.
    Auch Rickinger war erleichtert, die Angelegenheit hinter sich gebracht zu haben. Zwar würde er den Heiratsvertrag erst in den nächsten Tagen mit Leibert aushandeln, aber das war nur noch eine Formalität. Sein Sohn durfte nicht zu kurz kommen, das war er ihm schuldig. Dann dachte er an die dralle junge Witwe, die schon bald sein Bett wärmen würde, und rieb sich zufrieden die Hände.
    Während die beiden Kaufleute mit dem Gefühl auseinandergingen, ein gutes Geschäft abgeschlossen zu haben, dachte sich der Schwab seinen Teil. Veva sollte also Ernst Rickinger heiraten. Dagegen sprach im Grunde nichts, doch für sein Gefühl ging diese Sache zu rasch. Immerhin war die junge Frau noch in tiefer Trauer um ihren Bruder, aber darauf wollten weder Rickinger noch Leibert Rücksicht nehmen. Auch hatten sie keinen Gedanken daran verschwendet, ob Veva den jungen Rickinger überhaupt heiraten wollte.
    »Das Heiraten ist für die Herren Bürger nur ein Geschäft wie jedes andere«, sagte er zu sich selbst. »Da ist es doch gut, dass ich bloß ein Knecht bin. Sonst müsste ich das hässlichste Weib in der Stadt heiraten, nur weil es ein paar Münzen im Sparstrumpf stecken hat.«
    Mit einem Auflachen tat er diese Vorstellung ab und kehrte in die Küche zurück. Als er die Gesichter der anderen Bediensteten auf sich gerichtet sah, grinste er. Cilli würde er die Sache vielleicht erzählen, aber Sepp erfuhr von ihm kein Wort. Der hätte selbst zur Haustür gehen und Rickinger einlassen können.

9.
    D er nächste Tag begann kalt und regnerisch. Im Allgemeinen sputeten sich die Mägde unter solch widrigen Bedingungen beim Wasserholen, doch an diesem Morgen standen sie am Brunnen und hechelten die Nachricht durch, der reiche Kaufherr Eustachius Rickinger führe die Bäckerswitwe Susanne Striegler als zweite Ehefrau heim.
    »Ob das gutgeht?«, fragte die alte Kreszenz, die neben ihrer Arbeit als Hebamme auch mit Kräutern handelte.
    »Warum nicht?«, fuhr die Schwägerin des Strieglerbecks sie an. »Die

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