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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Magen.«
    »Was sind das für Kräuter?«, fragte Ernst misstrauisch.
    »Kamille, Beifuß, Pfefferminze und noch ein paar Kräutlein, die unser Herrgott hat wachsen lassen, damit sie einen geschundenen Magen wieder einrenken können. Hier, nimm! Die Lina weiß schon, was sie damit tun muss.«
    Ernst nahm das Bündel in die Hand und roch daran. Sofort trieb der stechende Geruch seinen Magen hoch.
    »Das soll helfen?«, rief er empört. »Mir wird ja schon beim Riechen schlecht.«
    »Du sollst ja auch nicht daran riechen, sondern den Aufguss trinken. Aber wenn du dir nicht helfen lassen willst …«
    Aber Ernst steckte die Kräuter unter sein Wams und warf der alten Frau ein paar Pfennige zu. »Hier! Wenn’s reicht, ist’s gut. Mehr Geld habe ich nämlich nicht dabei.«
    »Passt schon«, lachte die Kräuterfrau. »Noch einen schönen Tag!«
    Als schön empfand Ernst diesen Tag gerade nicht. Dafür ging es ihm zu schlecht. Außerdem wuchs seine Anspannung, je näher er seinem Vaterhaus kam. Wie würde er dort empfangen werden? Immerhin hatte er die kleine Feier geschwänzt, die sein Vater für die Verwandten seiner zweiten Frau veranstaltet hatte.
    Zu seiner Erleichterung lief ihm als Erstes die alte Lina über den Weg. Sie blickte zu ihm hoch und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, Ernst, wie siehst du denn aus? Als hättest du dir einen höllischen Rausch angetrunken!«
    »Das kann man so sagen. Oh, mein Kopf!« Ernst stöhnte und reichte ihr das Kräuterbündel. »Das ist von der Kreszenz. Sie meint, du weißt, was man mit dem Zeug macht!«
    Lina roch kurz daran und lächelte. »Komm nachher in die Küche. Dann kriegst du deinen Sud. Du brauchst dich aber nicht zu beeilen. Es dauert ein wenig, bis die Brühe so weit abgekühlt ist, dass du sie trinken kannst!«
    »Schick dich lieber! Ich hab einen Kopf auf, mit dem ich durch keine Türe passe«, stöhnte er und ging weiter. Seine Hoffnung, dem Vater zu entgehen, erfüllte sich jedoch nicht.
    Der alte Rickinger trat aus seinem Kontor, als Ernst an seiner Tür vorbeischleichen wollte. »Da bist du ja endlich! Du schaust aus, als wenn du zu viel Bier erwischt hättest. Na ja, von mir aus kannst du saufen, bis zu umkippst. Das hört in Augsburg eh auf. Aber es ist gut, dass du da bist. Ich habe mich mit Leibert geeinigt. Morgen wirst du die Veva heiraten. Doch du brauchst nicht zu glauben, dass du gleich ins Brautbett springen kannst! Ich will nämlich schon wissen, ob dein erster Sohn auch wirklich mein Enkel ist.« Nach diesen Worten zog sich Rickinger wieder in sein Kontor zurück.
    Der junge Mann starrte auf die Tür und fragte sich, was in seinen Vater gefahren war. Normalerweise hätte dieser ihn mit Vorwürfen überhäuft, weil er am Vortag nicht nach Hause gekommen war. Doch wie es aussah, interessierte sich sein Vater nicht mehr für ihn. Das machte ihm endgültig klar, wie weit sie sich bereits auseinandergelebt hatten, und er war daher doppelt froh, München verlassen zu können.

19.
    V eva sagte sich, dass sie eigentlich hätte aufgeregt sein müssen. Immerhin war dies ihr Hochzeitstag. Doch als sie in sich hineinhorchte, fand sie keinen Widerhall. Es gelang ihr nicht einmal, sich an das Gesicht ihres Bräutigams zu erinnern. Ihr Kopf war leer, und sie konnte weder weinen noch sich darüber ärgern, dass ihr Vater so harsch über ihren Willen hinweggegangen war.
    Vielleicht fühlte sie auch deshalb nichts, weil Ernst und sie in den nächsten Monaten ihrer eigenen Wege gehen würden. Im Grunde wurde an diesem Tag nur ein Vertrag geschlossen, der ihnen die Verpflichtung auferlegte, irgendwann einmal einen gemeinsamen Hausstand zu führen. Bis dorthin aber würde es noch eine Weile dauern.
    »Und? Bist du schon fertig?« Cilli steckte den Kopf zur Tür herein und schnaubte, als sie Veva noch im schlichten Hauskleid sah.
    »Jetzt musst du dich aber sputen, Dirndl. Die Rickingers und der Herr Pfarrer werden gleich kommen. Da musst du dein bestes Kleid anhaben«, drängte sie.
    Veva winkte verächtlich ab. »Müssen tu ich gar nichts. Wenn dem Herrn Bräutigam mein Kleid nicht passt, braucht er mich ja nicht zu heiraten.«
    »Legst du es darauf an? Aber da hast du Pech. Der alte Rickinger wird nicht zulassen, dass sein Ernst nein sagt. Der ist genauso an dieser Heirat interessiert wie dein Vater. Auch musst du bedenken, dass es eine Schande für dich und deinen Vater wäre, wenn Ernst von der Heirat zurücktritt. Gar nicht auszudenken, wie die Leute dann über

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