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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die Hochzeit ohne jegliche Feier vonstattengehen sollte. Da er als Ausgleich eine größere Summe als Spende erhalten hatte, tadelte er die Familienoberhäupter nicht. Er bedauerte jedoch das junge Paar, das viel stattlicher war als die meisten anderen, die in seiner Gemeinde zusammengegeben wurden, denn man mutete diesen beiden eine geradezu ehrenrührige Hochzeit zu. Bevor er den Trausegen sprach, bat er die Himmelsjungfrau noch einmal, dem Bund ihren Segen zu geben.
    Als die lateinischen Worte gesprochen waren, blieb Veva und Ernst nur noch, ihr Jawort dazuzugeben. Ernst tat es mit dem, dass dieser Tag ihm zwar die Freiheit von seinem Vater schenkte, ihm aber gleichzeitig weitaus schwerere Ketten anlegte. Dabei hätte er es jedoch schlechter treffen können. Jede andere Heirat hätte für ihn bedeutet, unter der Fuchtel seines Vaters bleiben zu müssen, und dann wäre seine Frau allen Launen der Bäckerwitwe ausgeliefert gewesen. Vevas Erbe aber ermöglichte es ihnen beiden, einen eigenen Hausstand zu führen. Dazu kam, dass Veva gewiss eine angenehmere Gefährtin war als eine der Antscheller-Töchter.
    Veva versuchte ebenfalls, an die erfreulicheren Seiten dieser Ehe zu denken. Immerhin war Ernst der beste Freund ihres Bruders gewesen und konnte so schlecht nicht sein, wie ihm nachgesagt wurde. Dennoch empfand sie Angst vor dem, was auf sie zukommen würde, wenn sie in einem Haus zusammenleben mussten. Dann würde er von ihr die Dinge verlangen, die nach Ansicht der Leute die Mörder ihres Bruders von ihr gefordert hatten, und ihr vielleicht auch ihren angeblichen Verkehr mit diesen Mordbrennern zum Vorwurf machen.
    In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie ihre innere Ruhe erst zurückgewinnen würde, wenn diese Schurken gefasst und ihrer gerechten Strafe zugeführt worden waren. Ihr Gesicht wurde bei diesem Gedanken so starr, dass Ernst verwundert die Stirn krauste. Veva schien die Ehe mit ihm in keinem guten Licht zu sehen, und das kränkte ihn, weil er sich doch eben entschlossen hatte, sie so gut zu behandeln, wie sie es verdiente.

21.
    A uch wenn Leibert keine Feier ausrichtete, so ließ er den Anwesenden ein reichliches Mahl auftragen. Ihn selbst reizten diese Genüsse schon längst nicht mehr. Daher musste er sich zwingen, ein wenig klein geschnittenes Schweinefleisch und etwas Käse zu essen. Eustachius Rickinger hingegen ließ es sich ebenso schmecken wie der Pfarrherr und verwickelte diesen in ein Gespräch über seine eigene Hochzeit, die er mit großem Aufwand zu feiern gedachte.
    »Da müssen schon die Musikanten aufspielen, hochwürdiger Herr. Lustig soll’s zugehen, und mindestens fünfzig Gäste werden geladen – oder besser gleich siebzig. Schließlich heiratet ja nicht irgendwer, sondern ich, der Rickinger von München.«
    Ernsts Vater klang so von sich überzeugt, dass Veva die Lippen schürzte. Es kränkte sie, dass ihr Schwiegervater auf ihrer Hochzeit kein anderes Thema kannte als seine zukünftige Frau und wie großartig er seine eigene Vermählung feiern wolle. Obwohl sie selbst noch in Trauer um ihren Bruder war und der Pfarrherr von Sankt Peter sie und Ernst erst nach einer reichlichen Spende zusammengegeben hatte, so bedauerte sie nun doch den Verzicht auf ein Fest mit Musikanten und allem, was dazugehörte.
    Unterdessen versuchte der Priester, Rickingers hochfliegende Pläne zu dämpfen. »Eine Hochzeit darf nicht zu ausgelassen gefeiert werden. Denke an die Bestimmungen unseres erhabenen Herrn Wilhelm, mein Sohn. Der Herzog hat verboten, dass Bürgerliche es dem Adel nachmachen. Bescheide dich daher mit einem Lautenspieler oder Trompeter und lade nicht jeden ein, den es danach verlangt, sich bei dir den Wanst vollzuschlagen und zu trinken, bis er unter dem Tisch liegt.«
    »Der Herzog und die Herren vom Adel sollen sich nicht so haben. Wovon leben sie denn, wenn nicht von uns und unseren Steuern?«, fuhr Rickinger auf.
    »Unser Herr im Himmel hat jedem Menschen seinen Stand zugewiesen und bestimmt, dass ein Bauer sich nicht wie ein Bürger und ein Bürger nicht wie ein Edelmann kleiden soll. Auch darf kein gewöhnlicher Mann seine Feste so feiern, wie es in Adelshäusern üblich ist«, wies der Pfarrherr ihn zurecht.
    Das gab Rickinger zwar zu, beharrte aber auf einer prächtigen Hochzeit und schaffte es schließlich mit Hinweis auf eine weitere nicht unbeträchtliche Spende für die Pfarrei, den Priester zu beruhigen.
    Ernst nahm das Gerede seines Vaters gar nicht wahr, denn

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