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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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der Hand und verkaufte Amulette, die angeblich aus dem Heiligen Land stammten. Marcia versammelte indessen eine Runde von Männern um sich, lachte, plauderte, ließ ihre schwarzen Augen und schneeweißen Zähne blitzen. Die missbilligenden Blicke etlicher Frauen übersah sie geflissentlich. Adelind saß kauend an Hildegards Seite. Sie hatte fast vergessen, wie wohl ein prall gefüllter Magen tat. Gott hatte es gut mit ihnen gemeint, da er sie in einen wohlhabenden Ort geführt hatte. Ihre Lider wurden schwer. Sie wollte noch einen Becher Wein trinken, dann in tiefen, befreienden Schlaf fallen. Drei Tage hatten sie bereits gut überstanden. Irgendwie würde es schon weitergehen.
    Sie erahnte eine Bewegung an ihrer Seite. Hildegard rückte von ihr fort, denn eine hohe Gestalt schob sich dazwischen. Sie spürte die Nähe von Peyres, noch bevor sie ihn angesehen hatte, als ginge von seiner Gestalt eine Kraft aus, die sie auf unsichtbare Weise mit sich riss, doch flog sie nicht in so befreiende Höhen wie während des Gesangs. Stattdessen meinte sie, durch ein Dickicht zu irren, das sie immer weiter in seine Tiefen lockte.
    » Du singst weitaus besser, als ich erwartet hatte « , sagte Peyres, während er seinen Bierkrug auf den Tisch stellte und sich ein Stück Brot abriss. Im Licht der Kienspäne, deren Rauch ihr in den Augen biss, konnte Adelind den roten Stein in seinem Ohrläppchen blitzen sehen. Sie fixierte ihren Blick auf diesen Farbtupfer, denn so gewann sie etwas an Ruhe.
    » Vielen Dank « , entgegnete sie artig.
    » Du kannst bei uns bleiben, wenn du möchtest. Aber für eine Frau mit solcher Begabung gibt es sicher noch andere Möglichkeiten « , fuhr Peyres fort. Adelinds Herz flatterte ziellos wie ein blinder Vogel und schlug gegen ihre Rippen.
    » Ich weiß keine andere Möglichkeit und würde sehr gerne bleiben « , gestand sie, um dann gleich hinzuzufügen: » Gemeinsam mit meiner Schwester. «
    Peyres nickte ohne Zögern und stieß seinen Krug gegen ihren Becher. Es blieb Adelind nun keine andere Wahl, als ihm ins Gesicht zu sehen, auch wenn ihr eben noch zufriedener Magen sich deshalb gequält verkrampfte. Die braunen, von dunkleren Farbtönen gesprenkelten Augen erinnerten an Bernstein. Es mochte an dem bereits geleerten Becher Wein liegen, dass sie plötzlich der Wunsch überkam, mit den Fingern über seine dichten Augenbrauen zu fahren, um deren Schwung nachzumalen. Der Farbton seiner Haut ließ sie an reife Kastanien denken und löste ein Gefühl von Wärme in ihrem Magen aus, das sich bald durch ihren ganzen Körper verbreitete.
    » So dürfen wir euch also in eure Heimat begleiten « , stellte sie fest, um nicht nur stumm dazusitzen und ihn anzustarren. » Dort in diesem Dun, ich meine im Süden, sehen dort die meisten Menschen so dunkel aus? «
    Sie hatte ihre Frage für harmlos gehalten, doch Peyres’ Gesicht verzog sich für einen Moment, als habe ihm jemand einen unsichtbaren Hieb versetzt.
    » Es gibt mehr Menschen mit dunklem Haar als hierzulande, doch sie sehen eher aus wie Marcia « , erklärte er an seinen Bierkrug gewandt. » Mein Vater jedoch war ein Fremder, ein Heide. Meine Mutter begegnete ihm, als sie mit einer Gauklertruppe herumzog. Ich habe meinen Vater nie gesehen, und meine Mutter starb, als ich noch ein kleines Kind war, sodass ich nicht viel über ihn weiß. «
    Adelind nippte verlegen an ihrem Wein. Wie großartig ihr diese harmlose Unterhaltung doch gelungen war! Gleich mit der ersten Frage hatte sie an einer noch offenen Wunde gekratzt.
    » Und in diesem Dun, dort lebt also Eure Schwester « , redete sie weiter, nun in der Hoffnung, ihn durch Erinnerung an noch vorhandene Familie aufzuheitern.
    » Ja, sie hat sich dort auf Dauer niedergelassen « , erwiderte Peyres sehr schnell, um dann energisch seinen Krug auf den Tisch zu stellen.
    » Ab morgen werden wir an deinen Auftritten arbeiten « , erklärte er. » Du bist gut, aber du musst mehr auf die Zuschauer eingehen. Mit geschlossenen Augen und verkrampften Händen zu singen, das kommt nicht gut an. Du singst nicht für dich, sondern für Leute, die dir zuhören, und musst ihnen gefallen. Verstehst du, was ich meine? «
    Adelind sackte ein klein wenig zusammen. Sie hatte sich so sicher und stolz gefühlt nach dem ersten Lob!
    » Ich will versuchen, anders aufzutreten, aber ich kann nicht sein wie Marcia « , widersprach sie und fragte sich, ob Peyres sein Angebot nun zurücknehmen würde.
    » Nein, das würde auch nicht

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