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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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folgen, bis Peyres sie mit einer Ohrfeige zum Schweigen brachte. Dann schlich er wortlos hinaus, um das Maultier wieder vor den Wagen zu spannen. Langsam rollten sie in das Dickicht des umliegenden Waldes, der sie wie eine schwarze Umarmung empfing. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Sie saßen mit laut klopfendem Herzen aufrecht da, musterten einander verwirrt, soweit das schwach eindringende Mondlicht es zuließ.
    » Ich habe dem Schulzen seinen Beutel voller klimpernder Münzen vom Gürtel gerissen, als er gerade sehr unaufmerksam war « , erklärte Marcia schließlich mit einem Schulterzucken. » Deshalb müssen wir nun fort, bevor er es merkt. «
    Niemand sagte etwas, nur Hildegard neigte ihren Kopf an Adelinds Schulter.
    » Diese Leute waren so freundlich « , hauchten ihre Lippen. » Und dafür wurden sie bestohlen. «
    » Was tuschelt ihr zwei denn da wieder? « , zischte Marcia. » Ich finde es unheimlich, wie ihr miteinander reden könnt, ohne dass es jemand mitbekommt. Es gefällt mir nicht. «
    Adelind richtete sich auf.
    » Manche Worte sind eben nicht für fremde Ohren bestimmt « , erwiderte sie, denn ihr schien, dass Marcia für genug Ärger gesorgt hatte. Die Augen der Gauklerin funkelten in der Finsternis wie zwei glühende Steine, die von hellen Kreisen umrahmt waren.
    » Spar dir deine belehrenden Sprüche, Betschwester « , zischte sie. » Sonst werfe ich dich jetzt auf der Stelle aus dem Wagen. «
    Adelind spürte, wie Hildegard an ihrer Seite zusammenzuckte, und packte entschlossen deren Hand. Die Schwester wäre wohl wieder einmal bereit, freiwillig in den finsteren Wald zu laufen.
    » Ob wir gehen oder bleiben, darüber hast du nicht allein zu entscheiden « , hielt sie Marcia trotzig entgegen und lehnte sich an die hölzernen Planken des Wagens. Ein klammes Gefühl von Angst kribbelte durch ihre Gliedmaßen, während sie sich zwang, dem Blick der Gauklerin nicht auszuweichen.
    » Du wirst gleich sehen, wie ich darüber entscheide! « , kreischte Marcia nun und stürzte sich auf Adelind, die den Hieben und Kratzern hilflos auszuweichen versuchte. In ihrem ganzen Leben war sie noch keinem körperlichen Angriff ausgesetzt gewesen. Ihre Arme hoben sich, um ihr Gesicht zu schützen, doch die Gewalt, mit der Marcia auf sie einschlug, schien gleichzeitig unbegreiflich und überwältigend. Andere Hände mischten sich ein. Sie hörte Simons und Antonius’ Stimmen, die zum Frieden mahnten. Schließlich wurde sie von Marcias wilder Nähe befreit. Die Gauklerin hing zappelnd im Griff der beiden Männer, ja sogar Hildegard hielt ihren rechten Arm umklammert, mit einer Kraft, die Adelind ihrer Schwester niemals zugetraut hätte.
    Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und spürte Feuchtigkeit aus ihrer Nase fließen. Verlegen versuchte sie, mit dem Ärmel das Blut fortzuwischen.
    Marcia kreischte weiter, nun wieder in ihrer unverständlichen Muttersprache. Die Plane vor dem Kutschbock wurde zur Seite geschoben. Peyres’ Gesicht war wegen seiner dunklen Haut noch schwerer zu erkennen als das der übrigen Anwesenden, doch leuchtete auch bei ihm das Weiß der Augen.
    » Ruhe! « , sagte er nicht besonders laut, aber seine Stimme fuhr dennoch wie ein Messer in die aufgeheizte Stimmung. » Wenn hier weiter so geschrien wird, dann haben wir bald die Leute aus der Ortschaft auf den Fersen. «
    Adelind atmete erleichtert auf, denn Peyres’ Gegenwart gab ihr immer wieder ein Gefühl von Sicherheit. Leider hatte er auf Marcia nicht dieselbe Wirkung, denn sie schleuderte ihm einen Schwall unverständlicher Worte entgegen. Er begann, dagegen anzubrüllen, was seinem Ratschlag vollkommen widersprach.
    » Putana! « , schrie er schließlich und schlug Marcia nochmals ins Gesicht. Sie trat nach ihm. Hätten Simon und Antonius sie nicht weiter festgehalten, wäre Peyres wohl ebenso traktiert worden wie gerade eben Adelind. So spuckte sie ihn nur an und wurde erneut geohrfeigt. Adelind sprang auf die Beine. All diese Gewalt widerte sie an. Ohne weiter zu überlegen, legte sie ihre Hand auf Peyres’ Arm, der sich zu einem weiteren Schlag gehoben hatte.
    » Jetzt ist es genug « , sagte sie. » Wir sollten uns vielleicht alle schlafen legen und im Morgengrauen aufbrechen. Die Leute in der Ortschaft werden sicher eine Weile brauchen, bis sie ihren Rausch ausgeschlafen haben. «
    Peyres ließ seinen Arm sinken. Er atmete heftig, doch lag kein Zorn in seinen Augen, als er Adelind ansah.
    » Sie hat recht « , meinte er

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