Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
nur. » Ich werde jetzt das Maultier festbinden. Legt euch schon alle nieder. «
    Der Anweisung wurde ohne Widerspruch gehorcht. Bald schon lag Adelind an Hildegards Seite. Ihre Nase schmerzte, und auch ein paar weitere Stellen ihres Körpers, die von Marcias Fäusten getroffen worden waren, brannten, aber sie war erleichtert, dass der Kampf erst einmal vorbei zu sein schien. Daran, wie es am nächsten Tag zwischen ihr und dieser Furie weitergehen sollte, wollte sie jetzt nicht denken, zitterte aber weiterhin vor Aufregung. Obwohl sie sich nach Schlaf sehnte, wusste sie, dass er sie in dieser Nacht wohl meiden würde. So beobachtete sie mit weit aufgerissenen Augen, wie Peyres über alle Schlafenden hinwegstieg, um sich an der Seite seiner Gauklerin auszustrecken, die ihn durchaus friedlich empfing. Bald darauf drang wieder ein sanftes Murmeln und Seufzen an Adelinds Ohr, das sich langsam zu heiserem Stöhnen steigerte. Sie spürte einen Stich in ihrer Brust, den sie sich nicht erklären konnte. Ein Murren drang aus ihrer Kehle, und sie wälzte sich herum, um das sündige Treiben nun genauer zu betrachten. Peyres lag auf Marcia, die sich an der Schnürung seiner Beinlinge zu schaffen machte. Adelind spürte eine unbekannte Wärme in ihrem Unterleib, die sicher sündhaft war, aber dennoch wohltat. Dann drehte Peyres kurz den Kopf zur Seite, und seine offenen Augen trafen auf die ihren. Rasch zuckte sein Gesicht zurück, als sei er geschlagen worden. Er flüsterte ein paar Worte in seiner fremden Sprache, während er von Marcias Körper rutschte. Die Gauklerin streckte wieder fordernde Hände nach ihm aus, wurde aber abgewehrt. Mit einem wütenden Zischen rollte sie sich schließlich zu einem Ball zusammen, wobei sie Peyres einen trotzigen Rücken zuwandte.
    Adelind schloss die Augen, denn sie hatte Angst, Peyres’ Blick noch einmal zu begegnen. Widersprüchliche Empfindungen stritten in ihrem Gemüt. Sie war fast enttäuscht, nicht endlich gesehen zu haben, was Männer und Frauen miteinander trieben. Sie begriff Marcias Verhalten nicht, denn sie selbst hätte einem Mann, von dem sie dreimal geohrfeigt worden war, niemals eine derartige Gunst erwiesen. Übermächtig aber war das Gefühl von Triumph, denn sie wusste, dass sie soeben an Marcia Rache genommen hatte.

6. Kapitel
    D er nächste Tag begann ohne ein Morgenmahl und sogar ohne Wasser, denn aller Schnee war bereits geschmolzen. Peyres band rasch das Maultier vor den Wagen, dann rollten sie auch schon los, um möglichen Verfolgern aus der Ortschaft nicht in die Hände zu fallen. Adelind zog die lederne Plane des Wagens einen Spalt breit zur Seite, um eine endlose Strecke von Wald vorbeiziehen zu sehen, danach Wiesen, Felder und vereinzelte Dörfer. Ständig hoffte sie, Peyres würde den Wagen zum Stillstand bringen, damit es etwas zu essen gäbe, doch fuhr er erbarmungslos weiter. Antonius und Simon spielten gemeinsam ein Würfelspiel, Marcia flickte ein paar zerrissene Stellen an ihrem Kleid mit einer Hornnadel, packte dann aus einem Beutel weitere ähnlich bunte Gewänder, die sie geduldig im spärlichen Licht ausbesserte. Niemand verlor viele Worte, sei es aus Verlegenheit wegen des nächtlichen Streits oder weil es eben nichts zu sagen gab. Als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, war der Hunger zu einem Loch in Adelinds Magen geworden, das sämtliche Lebensgeister in sich aufsaugte. Eine lederne Flasche mit Bier wurde herumgereicht, doch schenkte das Getränk kaum Linderung. Es musste bereits die Hora nona sein, überlegte sie gequält, während der Wagen endlich wieder inmitten einiger Häuser zum Stillstand kam. Alle kletterten rasch hinaus, sichtlich erfreut über die Möglichkeit, die Beine zu strecken, und angetrieben von der Aussicht auf Nahrung. Adelind fühlte sich so schwach, dass sie ihre Hand Hilfe suchend nach Hildegard ausstreckte, die das lange Fasten mit Fassung trug. Vielleicht lag es daran, dass ihre Schwester niemals besonders gern gegessen hatte, überlegte Adelind mit einem Anflug von schlechtem Gewissen, da sie selbst so wehleidig war. Marcia spazierte sogleich entschlossen auf ein paar neugierig gaffende Bäuerinnen zu, um bald darauf mit einem Korb voller Brot, Eier und Speckfladen zurückzukommen. Ein großer Krug voller Bier wurde von Antonius getragen, den sie als Helfer mitgenommen hatte. Am Dorfrand wurde ein Lagerfeuer angezündet, denn im Laufe des Tages war wieder ein frischer Wind aufgezogen, und alle setzten sich im Kreis

Weitere Kostenlose Bücher