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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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leisen Seufzer aus. Warum kam nur immer wieder dieser Vorschlag?
    » Weder meine Schwester noch ich haben ein Verlangen, deine Künste zu lernen « , entgegnete sie. Es klang eisiger, als klug war, doch konnte sie nicht anders. Marcia kicherte mit zusammengepressten Lippen.
    » Ihr Betschwestern haltet euch wohl für etwas Besseres « , zischte sie. » Aber ihr werdet schon noch lernen, wie es auf der Welt zugeht. Deine Engelsstimme allein wird dir auf Dauer nicht den Magen füllen, und deine Schwester, die taugt ja zu gar nichts! «
    Hildegard zuckte unter dem Hieb zusammen.
    » Warte einfach ab, wozu wir noch taugen werden « , entgegnete Adelind wütend und unterdrückte nur mühsam den Wunsch, der Gauklerin nun selbst eine Ohrfeige zu verpassen. Sanft legte sie ihre tröstende Hand auf Hildegards Finger.
    » In ungefähr ein oder zwei Wochen könnten wir Straßburg erreichen « , begann Antonius zu erzählen. » Wart Ihr jemals dort? «
    Seine Frage war unmittelbar an Hildegard gerichtet, der er dabei aufmunternd zulächelte. Sie schüttelte den Kopf.
    » Es ist eine sehr schöne Stadt. Ich bin dort als Kind mehrfach mit meinem Vater gewesen. Wenn Ihr wollt, dann führe ich Euch ein wenig herum. Es wäre eine Freude für mich. «
    Da Hildegard ihm nur ein müdes Lächeln gönnte, bedankte Adelind sich an ihrer Stelle für das Angebot und wünschte wieder einmal, dass ihre Schwester ein klein wenig geschickter wäre. In ihrer Lage konnten sie es sich nicht erlauben, weitere Mitglieder der Truppe zu verprellen.
    Die Reise nach Straßburg verlief ohne weitere Gefühlsausbrüche, da Adelind sich sehr bemühte, Marcia nicht mehr zu provozieren. Hildegard verhielt sich ohnehin so still und unauffällig wie nur möglich. Der Vorwurf, völlig nutzlos zu sein, lastete auf ihrem Gemüt, obwohl sie nie darüber sprach, denn ihre Augen leuchteten nicht mehr so begeistert bei den Auftritten der Gaukler. Das Erbrechen setzte zum Glück nicht mehr ein, doch sah Adelind immer wieder, wie ihre Schwester sich mit der Hand über den Bauch fuhr, wenn sie sich unbeobachtet glaubte. Sie hätte gern gefragt, wie Hildegard ihre Schwangerschaft nun empfand, doch hatten sie kaum mehr Gelegenheit, allein miteinander zu reden. Auf die kleinen Gesten und stummen Lippenbewegungen wollte Adelind so weit wie möglich verzichten, um Marcias Misstrauen nicht unnötig zu reizen. Außerdem fehlte ihr schlichtweg die Zeit für längere Gespräche mit Hildegard, denn Peyres hatte seinen Vorschlag, an ihren Auftritten zu arbeiten, wahrgemacht.
    Zunächst einmal wurde sie von dem gestohlenen Geld neu eingekleidet. Die Ausstattung für ihre Auftritte bestand aus einem weißen, eng geschnittenen Unterkleid und einem Übergewand aus grünem Leinen, das am Saum mit Fuchsfell verziert war. Dank der weiten Ärmel konnte sie ihre Hände darin verbergen wie einst in der Kukulle. Da ihr Haar immer noch zu kurz war, um zur Schau gestellt zu werden, erwarb Peyres einen weißen Schleier und einen leicht verbeulten Bronzereif bei einem Hausierer, dem sie auf der Straße begegneten. Es beschämte Adelind, wie viel Freude sie über ihr verändertes Erscheinungsbild empfand, doch kam sie nicht dagegen an. So oft wie möglich sah sie in Marcias zersprungenen Spiegel, um sich zu versichern, dass aus der Braut Christi wirklich eine weltliche Sängerin geworden war, deren Kopfputz an vornehme Damen erinnerte.
    Doch trotz dieser Großzügigkeit erwies sich Peyres als strenger Lehrmeister. Ihre Haltung war zu steif, ihr Gebaren zu wenig gefällig, um die Blicke der Zuschauer zu fesseln, kritisierte er unerbittlich. Adelind begann zu begreifen, dass sie sich verkaufen musste wie Marcia, nur auf keine so offensichtliche Weise. Die Vorstellung missfiel ihr, doch fand sie sich damit ab. Sie lernte, in gaffende Gesichter zu sehen, während sie sang, und dadurch nicht abgelenkt zu werden. Ihr zunächst verkrampftes Lächeln entspannte sich allmählich. Irgendwann ließ die Angst nach, sie vermochte ihr Publikum anzusehen, ohne dass der Schweiß in Bächen über ihren Rücken lief, und der Applaus, der ihr regelmäßig vergönnt war, berauschte sie wie mehrere Becher guten Weins.
    Ihre Stimme bemängelte Peyres kein einziges Mal, was ihr ein Gefühl der Sicherheit gab. In Straßburg sollten sie auf den großen Marktplatz vor dem Münster auftreten. Adelind ahnte, dass sie hier einem strengeren Maß unterzogen werden würde als in all den Dörfern, die sie bisher durchquert hatten,

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