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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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der große Saal so still wie eine Gruft. Adelind schwitzte, sehnte sich nach eisig kalter Winterluft. Dann stieß der Bischof ein kehliges Lachen aus.
    » Das Singvögelchen ist ganz schön dreist « , meinte er, eher belustigt denn ernsthaft erzürnt. Dann beugte er sich in Adelinds Richtung. Mit nachsichtiger Geduld setzte er zum Reden an, was sämtliches Murmeln im Saal ersterben ließ.
    » Am Verzicht auf Fleischgenuss ist nichts auszusetzen, denn jede Art der Askese gefällt Gott dem Herrn. Doch gibt es Menschen, die die Autorität unserer Mutter Kirche infrage stellen, und das darf natürlich nicht geduldet werden, denn wie sollen gewöhnliche Sterbliche ohne die richtige Führung ihr Seelenheil bewahren können? Gerade im Languedoc gedeiht die Häresie. Der ansässige Adel weigert sich, etwas dagegen zu unternehmen. Aber bald schon wird härter durchgegriffen werden, da habe ich keine Zweifel. Der neue Papst, Innozenz III ., hat mehr Willenskraft als sein Vorgänger, wenn es darum geht, das Werk Gottes zu tun. «
    Er nahm einen weiteren tiefen Schluck aus seinem Weinpokal, womit dieses Thema für ihn abgeschlossen schien. Unter den Klerikern wurde wieder getuschelt. Adelind hätte gern weiter nachgebohrt, worin diese Häresie denn genau bestand, aber eine innere Stimme flüsterte ihr zu, dass sie den Bischof nicht weiter behelligen sollte. An ihrer Seite hörte sie Hildegards erleichterten Atemzug, nur Marcia war plötzlich sehr still geworden, schenkte den Blicken der Männer keine Beachtung mehr, sondern schien ganz in ihre eigenen Gedanken versunken. Peyres hatte den Blick auf das inzwischen wieder leere Brett vor sich gerichtet. Er legte keine weiteren Speisen mehr darauf.
    Als das Mahl beendet war, bot der Bischof ihnen an, noch bis zum Abend zu bleiben. Sie sollten dann eine größere Menge von Gästen unterhalten, würden als Entlohnung großzügig verköstigt werden und könnten auch die Nacht in einem beheizten Gemach verbringen. Adelind war von dem Vorschlag durchaus angetan, denn der Bischof hatte sich freundlich gezeigt. Nach ein paar Bechern Wein wäre er vielleicht redseliger und eher bereit, ihr mehr von dieser seltsamen Häresie zu erzählen, die ihre Neugier geweckt hatte. Doch Peyres lehnte ab, so rasch und entschieden, dass es fast unverschämt zu nennen war. Sie hätten es sehr eilig, in die Heimat zu gelangen, gab er als wenig überzeugende Entschuldigung an. Obwohl ein eisiger Wind zu Hagelkörnern gefrorene Flocken gegen die Lederplanen prasseln ließ, rollte der Wagen kurz vor Anbruch der Abenddämmerung aus den schützenden Stadtmauern hinaus.
    Sie mussten die Nacht in einem kleinen Wäldchen verbringen, wo alle Decken nicht genug Schutz gegen die eiskalte Luft boten, die durch die Planen des Wagens kroch. Mehrfach schleppten die Frauen sich hinaus, um Schnee zu schöpfen und zu kochen. Mit Honig gesüßt schenkte der Trank ihren steif gefrorenen Körpern ein wenig Wärme, doch hielt diese Wirkung nicht lange an.
    » Wann endlich kommen wir aus dieser Eislandschaft heraus? « , klagte Marcia, als sie sich ungewohnt eng an Adelind schmiegte, denn die Sehnsucht nach Körperwärme war stärker als jede Feindseligkeit. » Bei uns zu Hause, da ist der Winter auszuhalten. Hier hat Gott ihn geschaffen, um Menschen einen Vorgeschmack auf die Hölle zu geben. «
    Adelind verbiss sich die Bemerkung, dass die Hölle eher heiß sein sollte.
    » Wollte Peyres deshalb so schnell aus Genf fort? « , flüsterte sie stattdessen. Sie hatte nicht gewagt, ihn selbst zu fragen. Nun kündeten regelmäßige Schnarchgeräusche davon, dass er nicht mehr zuhören konnte.
    Marcia wandte sich kurz zu ihr um.
    » Für eine so schlaue Jungfer stellst du ganz schön dumme Fragen « , meinte sie nur, bevor sie sich zu einem Ball zusammenrollte und endlich einschlief, nachdem sie fast die ganze Decke über sich gezogen hatte. Adelind drängte sich enger an Hildegard, die ihr großzügig etwas wärmenden Wollstoff überließ. Dann, da ihr einigermaßen warm geworden war und sie die Stille der Nacht genießen konnte, begann sie nachzudenken. Marcias Worte ergaben einen Sinn, der sie erschreckte, aber gleichzeitig neugierig machte.
    Sie beschloss, keine weiteren Fragen zu stellen, bis sie in Dun angekommen waren.
    Simon bekam nach dieser Nacht einen schlimmen Husten, der auch nicht besser wurde, als das Schneetreiben nachließ und Sonnenschein steif gefrorene Glieder wärmte. Sie zogen weiter. Nun vernahm Adelind nur

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