Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
hast doch damit nichts zu schaffen. «
Adelind senkte den Blick. Bereits im Kloster war sie oft für allzu forsche Wissbegier gerügt worden.
» Es ist nur so « , erklärte sie leicht beschämt, » dass ich stets das Gefühl habe, Peyres mag mich nicht besonders. Er redetkaum mit mir, außer es geht um meine Auftritte. Und nun wollte ich wissen, warum ich ihn eben so verärgert habe. «
Ganz stimmig war die Erklärung nicht, aber sie traf den wesentlichen Kern des Problems. Simons Blick wurde etwas sanfter, während die Falten auf seiner Stirn sich vertieften.
» Er ist anders, seid ihr bei uns seid « , meinte er nach einer kurzen Pause. » Er treibt es nicht mehr mit Marcia im Wagen. Wenn Antonius und ich es mitbekamen, störte es ihn nicht. Aber euer Missfallen will er nicht erregen. Marcia hat es auch gemerkt, deshalb ist sie in letzter Zeit so schlechter Laune und versucht ständig, ihn zu ärgern. «
Adelind nahm seine Worte zwar zur Kenntnis, doch wurde sie nicht von ihnen überzeugt.
» Er schleicht sich mit Marcia eben ins Gebüsch « , entgegnete sie und erschrak, wie scharf ihre Stimme klang. Simon seufzte leise.
» Mädchen, Peyres ist ein kluger Kopf, aber seine Herkunft macht ihn zum Unrat dieser Welt. Niemals konnte er lesen und schreiben lernen. Er bewundert euch mit all den schönen lateinischen Sprüchen, die ihr aufsagen könnt. Doch er weiß auch, dass ihr nicht lange bei der Truppe bleiben werdet. «
Adelind stieß ein bitteres Lachen aus.
» Wohin sollten wir denn gehen? «
» Das wird sich finden. Ihr seid vornehm, das sieht man euch an. « Simon legte kurz seine Hand auf die ihre. Sie staunte, wie tröstlich diese Berührung war. » Vertraue auf Gott. Ihr gehört nicht zu uns, und Gott wird euch wieder von uns fortführen. «
Adelind bemerkte, dass diese Worte sie wehmütig stimmten. Bevor sie darüber nachzudenken begann, woran dies lag, wurde die Plane am Eingang zur Seite geschoben. Hildegards Gesicht erschien, leicht gerötet und mit leuchtenden Augen.
» Du glaubst nicht, wie herrlich dieses Münster ist « , rief sie ihrer Schwester entgegen. » Man spürt Gottes Allmacht, sobald man durch das Eingangstor getreten ist. «
Nach ihr kletterte Antonius herein. Sie ergriff sogleich seine Hand, um ihn in jene Ecke zu ziehen, wo die Kiste mit den Utensilien des Zahnkünstlers lag.
» Du wolltest mir alles erklären « , drängte sie. » Ich möchte lernen, wie ich dieses Bilsenkraut erhitze, damit der Dampf Zahnwürmer verjagt. «
Bald schon hockten beide vor der geöffneten Kiste. Antonius redete mehr, als er in den ganzen letzten Wochen gesprochen hatte. Sein Blick hing wie gewohnt an Hildegard, die ihrerseits neugierig Zangen, Gefäße und Kräuter musterte. Beide Gesichter strahlten aufgeregt.
Adelind konnte sich auf einmal vorstellen, dass auch ihre Schwester die Truppe vielleicht nicht mit leichtem Herzen verlassen würde, sollte Simons Prophezeiung jemals wahr werden.
7. Kapitel
U nmittelbar nach ihrer Abreise aus Straßburg kühlte das Wetter merklich ab. Ein heftiger Wind zog auf, trieb Wolken vor sich her, und bald schon fiel Schnee. Kurz vor der Mittagszeit brachte Peyres den Wagen inmitten einer Baumgruppe zum Stillstand, denn in dem Sturm vermochte er kaum die Hand vor Augen zu sehen. Zwei Tage verbrachten sie eng aneinandergekauert im Wagen, während der Winter seine frostigen Finger durch die Ritze zwischen den Planen steckte und sie vor Kälte erschauern ließ. In solcher Lage waren weitere Streitereien für alle Beteiligten die Hölle, was sogar Marcia einzusehen schien, denn sie vermied sämtliche bissigen Kommentare über Adelind und Hildegard. Sobald das Pfeifen des Windes etwas nachließ, huschte die Gauklerin in Decken gewickelt nach draußen, um etwas von dem frisch gefallenen Schnee zu erhitzen.
» Wir sollten ihr helfen « , schlug Hildegard vor. Adelind stimmte nach kurzem Zögern zu. Die Männer überließen ihnen gnädig die noch verbleibenden Decken, sie zogen sich ihre Schleier tief ins Gesicht und schlüpften hinaus in das Unwetter. Eisige Luft biss in ihre Gesichter, während sie durch die Schneemassen stapften. Marcia wandte nur kurz den Kopf. Gemeinsam schöpften sie die weiße Masse mit ihren bloßen Händen und warfen sie in den Tontopf. Dann sammelten sie Holz für ein Lagerfeuer. Marcia rieb zwei Flintsteine aneinander, bis Funken sprühten und das Feuer entfacht werden konnte. Während die Flammen sich wie wärmende Zungen nach ihren
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