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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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geschlossene Tür drang eine zarte Stimme, die sich abmühte, einen Text zu entziffern, gelegentlich unterbrochen von Rosas ungeduldigen Kommentaren. Im Gegensatz zu Biatris und der Gräfin war sie nicht besonders feinfühlig im Umgangmit Menschen. Adelind hastete weiter die Treppe hinauf, um dem harten Klang ihrer Stimme zu entkommen, der auf einmal unerträglich geworden war. Auf dem Weg zu ihrem Gemach, wo Hildegard noch ruhen musste, kam ihr Biatris entgegen. Ihr Gesicht schien blutleer und angespannt, als hätte sie eine erschöpfende Arbeit hinter sich gebracht.
    » Sie ist jetzt wach. Ich habe einen Kräutersud gebraut, nach Anweisung der Hebamme. «
    Adelind atmete tief durch. Es gab noch andere Menschen hier als Rosa.
    » Ich danke dir. Gehst du jetzt zum Unterricht? «
    Biatris lehnte sich kurz gegen die Wand.
    » Nein, ich wäre heute nicht fähig, Rosa zuzuhören. Da ich bereits eine geweihte Perfacha bin, auch wenn ich kein Latein kann, muss ich mir von ihr keine Vorschriften machen lassen. Ihr Verstand ist messerscharf, deshalb wurde sie von der Gräfin selbst unterrichtet, als ihr Talent aufgefallen war. Doch ich glaube, auch Esclarmonde kennt Rosas Schwächen. «
    Adelind spürte, wie ihre Lippen sich zu einem Lächeln der Erleichterung verzogen, was angesichts der Lage sehr unangemessen war, doch hätte sie nach den Ereignissen des heutigen Tages beinahe angefangen, diesen Ort zu hassen. Biatris trat einen Schritt an sie heran.
    » Die Hebamme meinte auch, dass eine heiße Hühnersuppe helfen könnte, deine Schwester zu Kräften kommen zu lassen « , flüsterte sie so schnell, als hätte sie selbst Angst vor dem Klang ihrer Worte. » Ich kann im Dorf eine besorgen. Doch muss es ein Geheimnis bleiben, denn Rosa würde mich bei der Gräfin anschwärzen, wenn ich Fleischgerichte hierherbringen lasse. «
    Adelind legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    » Meine Schwester hasst es, Fleisch zu essen « , erklärte sie. » Aber ich danke dir von Herzen für deine Hilfsbereitschaft. «
    Dann huschte sie rasch in das Gemach. Das Fenster war geöffnet worden, um den Geruch von Blut und Schweiß nach draußen zu treiben. Hildegard starrte nun mit weit aufgerissenen Augen zur Decke. Ihre Wangen hatten ein wenig Farbe bekommen, und sie atmete regelmäßig, doch unter ihren Augen zeichneten sich schwarze Flecken ab, die sie uralt aussehen ließen.
    » Wie geht es dir? « , fragte Adelind und setzte sich vorsichtig an ihre Seite. Sie überlegte, ob sie in dieser Nacht vielleicht an einem anderen Ort schlafen sollte, um ihre Schwester zu schonen.
    » Es geht mir gut « , versicherte Hildegard sogleich. » Ich bin froh, dass alles vorbei ist. Nun kann ich mich ganz dem Heil meiner Seele widmen. «
    Adelind fuhr gegen ihren Willen zurück. Diese Worte hätten von Rosa stammen können.
    » Aber dein Kind… du wolltest es damals auf die Welt bringen, denn es schien dir sündhaft, es zu töten. Ist es dir denn völlig gleichgültig, dass es nun gestorben ist? «
    Ein Lächeln huschte über Hildegards bleiche Lippen.
    » Ja, so dachte ich damals. Ich wollte meine Pflicht erfüllen. Doch wir waren fehlgeleitet, hast du das noch nicht begriffen? Hier habe ich endlich die wahre Stimme Gottes vernommen. Die Welt ist des Teufels, Adelind. Es ist ein Verbrechen, sie mit weiteren Menschen zu bevölkern. Es wäre richtig gewesen, den Dämon in meinem Leib zu vernichten, doch wusste ich das damals nicht. «
    Adelind schlang die Arme um ihre Schultern. Ihr war kalt, obwohl draußen die Sonne brannte. Nach ihrer letzten Nacht mit Peyres hatte sie sich gefragt, ob nun auch in ihrem Körper neues Leben heranwachsen würde, doch es fehlten alle Anzeichen dafür. Angesichts der Umstände war das ein Segen, aber sie hatte keine Freude darüber empfinden können, denn tief in ihr blieb ein unerfülltes Sehnen zurück.
    » Aber all dies war Gottes Wille « , redete Hildegard weiter. » Sonst hätten wir den Weg hierher nicht gefunden. Er rief uns. Dich und mich. «
    Sie legte ihre Hand auf Adelinds Finger und warf ihr ein weiteres Lächeln zu, das ihr ganzes Gesicht erhellte und auf wundersame Weise wieder verjüngte. Adelind setzte sich an ihre Seite, denn auf einmal schien die Schwester nicht mehr zerbrechlich. Der neue Glaube hatte sie hart und stark gemacht.
    » Hildegard « , begann sie ihre lang geheim gehaltenen Gedanken auszusprechen. » Es gab im Kloster so viele Dinge, die uns heilig waren. Der Leib Christi, den wir als weißen

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