Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Pastete mit Kalbfleischfüllung hinterher.
Bruder Hilpert lächelte. »Wohlan, Meister Heribert!«,
forderte er den Hausherrn mit einladender Geste auf. »Was gibt es zu
berichten?«
Vor Freude über die Anerkennung seines illustren
Gastes blühte Heribert sichtlich auf und begann mit stolzgeschwellter Brust zu
erzählen. »Der Herrgott möge mir meine unziemliche Neugier verzeihen!«, begann
er, freilich nicht ohne den obligatorischen Schluck Bier. »Aber das Gespräch gestern
Abend hat mir halt keine Ruhe gelassen. Also: Nachdem ich meinen Brummschädel
wieder einigermaßen frei hatte, habe ich mich in aller Herrgottsfrühe auf den
Weg gemacht, um bei einem alten Freund ein paar Erkundigungen einzuziehen.«
»Ich denke, du machst einen Bogen um ihn?«
»Um den Abdecker? Und ob, Berengar! Glücklicherweise
habe ich überall meine Quellen.«
»Wie schön. Und die wären?«
»Adalbert Fink, werter Schwager. Büttners rechte Hand.
Eine Art Faktotum und für den Abdecker von geradezu unschätzbarem Wert. Führt
seine Bücher, da Hochwohlgeboren nicht einmal richtig schreiben kann. Bin mit
ihm zusammen auf der Lateinschule gewesen.«
»Und was habt Ihr von diesem Fink erfahren?«
»Wahrhaft Erstaunliches, Bruder.« Heribert schenkte
sich nach. »Dass er allerlei halbseidene Geschäfte tätigt und seine Finger
unter anderem im Reliquienhandel hat, ist nun wirklich nichts Neues. Wohingegen
seine engen Kontakte zu bestimmten Mitgliedern des Domkapitels bislang
unbemerkt geblieben sein dürften.«
»Wie ist das zu verstehen?«
»Ganz einfach, Bruder: Dafür, dass Büttner die
Konzession übertragen wurde, sämtliche Händler der Stadt quasi exklusiv mit
Reliquien zu beliefern, musste der gute Mann ganz tief in die Tasche greifen.«
»Konzession? Habe ich da gerade eben richtig gehört?«
»Hast du, Schwager, hast du. Wo es was zu verdienen
gibt, bleibt nichts dem Zufall überlassen. So zum Beispiel beim Handel mit
Reliquien. Vor allem, wenn Kiliani vor der Türe steht. Mit anderen Worten:
Seine Fürstbischöflichen Gnaden verdienen sich eine goldene Nase dabei. Hat er
auch bitter nötig, das viele Geld.«
»Und wie funktioniert das Ganze?«
»Unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit. Und per
Strohmann. Damit unser hochwohllöblicher Herr Bischof hinterher behaupten kann,
vom Treiben seiner Handlanger nichts gewusst zu haben. Für den Fall, dass etwas
schiefgehen sollte.«
»Handlanger?«
Heribert nickte. »Wobei sich aus den Reihen seiner
Paladine vor allem eine ganz bestimmte Person um die bischöfliche
Privatschatulle verdient gemacht haben soll.«
»Ihr macht mich neugierig, Meister Heribert.«
»Verständlich, Bruder! Ich selbst konnte es zunächst
auch nicht glauben.«
»Und um wen handelt es sich?«
»Um Eustachius von Marmelstein, von Brunns rechte
Hand. Eine schillernde Figur, um es dezent auszudrücken. Er ist es, der für den
Bischof den Kopf hinhält. Freilich nicht, ohne kräftig mitzuverdienen.«
Heribert lachte leise in sich hinein. »Ohne Handsalben geht es eben selbst bei
den Pfaffen nicht!«
»Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du dich
im Beisein von Bruder Hilpert etwas gewählter …«
»Schon gut, mein Augapfel, schon gut!«, wehrte der
Hausherr die Attacke seiner besseren Hälfte routiniert ab. »Ich werde mich
bessern – Ehrenwort! Aber um zu unserem Thema zurückzukommen: Mit Sicherheit handelt
es sich bei diesem aufgeblasenen Fett… äh … bei Eustachius von Marmelstein um
so etwas wie eine Schlüsselfigur. Eine vorgeschobene Bastion, die sich an den
Einkünften aus ihrer leicht anrüchigen Tätigkeit ohne Bedenken schadlos hält.«
»Und wie?«
»Habe ich Euer Wort, dass von dem, was ich Euch nun
anvertraue, nichts nach außen dringt? Vor allem nicht der Name meines
Informanten?«
»Selbstverständlich.«
»Dann hört mir gut zu, Bruder: Wie mir mein
Schulfreund Fink anvertraut hat, wurde die Summe, die Büttner für die
Exklusivrechte am Reliquienhandel zu entrichten hatte, mit Jahresbeginn um mehr
als das Doppelte erhöht. Das Doppelte – Ihr habt richtig gehört! Und das ohne
ersichtlichen Grund. Was den Abdecker ganz kräftig in die Bredouille gebracht
haben muss.«
»Ein Problem, dem er durch eine Erhöhung der
Standgelder, unter anderem bei einem gewissen Agilulf, beizukommen versuchte.«
Heribert nickte, nahm sich ein Stück Fladenbrot und
tunkte es in eine Schüssel mit Bratenfett ein.
»Daher weht also der Wind! Jetzt wundert mich
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