Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
keinen
Widerspruch und tat, wie ihr geheißen: »Und jetzt zum eigentlichen Anliegen
unseres Sendschreibens«, rezitierte sie mit aufkeimender Neugier im Ton.
»Wiewohl ich Euch, Brüder im Amte, ermahnen muss, über das Folgende absolutes
Stillschweigen zu bewahren.« Eine leichte Röte überdeckte die marmorne Blässe
von Dorotheas Gesicht. »Klingt ja richtig aufregend!«, ging ihre kindliche
Neugier sofort mit ihr durch.
»Erhitze dich nicht, Liebste. Das dicke Ende kommt
nämlich noch!«, grummelte Johann von Brunn und rutschte unruhig auf seinem
Scherenstuhl hin und her.
»So? Dann wollen wir mal sehen!«, gab Dorothea zurück
und wollte gerade fortfahren, als die Röte in ihrem Gesicht urplötzlich
verschwand und einer geisterhaften Blässe wich. »Das … das kann doch nicht wahr
sein!«, kam es stockend aus ihrem Mund, in dem vergeblichen Bemühen, die
Fassung zu bewahren. Die Lust auf Liebesgeplänkel war ihr jedenfalls gründlich
vergangen.
»Ist es aber!«, antwortete von Brunn lapidar. »Und was
sagst du nun?«
Während sie die entscheidende Stelle des Briefes
überflog, war die Konkubine des Bischofs vor Schreck wie gelähmt. »Die
sterblichen Überreste der drei Heiligen – gestohlen?!«, brach es förmlich aus
ihr hervor. »Aber … aber wer tut denn so was?«
»Das, meine Liebe, möchte ich ehrlich gesagt auch
gerne …«
Ein Klopfen, aus dem die Aufgewühltheit des Klopfenden
deutlich herauszuhören war, ließ den Fürstbischof jäh verstummen.
Mit einer Gewandtheit, die man ihm angesichts seines
Zustandes kaum zugetraut hätte, war Johann von Brunn plötzlich auf den Beinen,
zog die Vorhänge seines Alkovens hastig zu und begab sich zur Tür. »Was ist
denn, von Weißenfels?«, stieß er unwirsch hervor, während er sie einen Spalt
weit öffnete. »Habe ich nicht Anweisung gegeben, mich nicht zu behelligen?«
»Fürstbischöfliche Gnaden mögen verzeihen, aber es ist
dringend!«, klang es gedämpft an sein Ohr.
»Und was, bitte schön, kann so dringend sein, um mich
bei meinen Amtsgeschäften zu stören?«, fragte von Brunn in ärgerlichem Ton.
Ein Hüsteln, deutlicher als viele Worte, antwortete
ihm. Der Fürstbischof, offenbar durchschaut, lief vor Wut rot an und grollte:
»Raus mit der Sprache – was ist denn eigentlich los?«
»Das möchte ich Euer Gnaden lieber unter vier Augen
sagen.«
Kurz davor, seinen Kammerherrn nach allen Regeln der
Kunst zusammenzustauchen, wechselte der Blick des Fürstbischofs zwischen dem
Alkoven und der Tür hin und her. Noch so eine Anspielung, und er würde diesen
alten Pedanten an die frische Luft setzen, schwor er sich. »Keine Sorge, wir
sind unter uns!«, beeilte er sich zu sagen, mit dem Ergebnis, dass ein weiteres
Hüsteln nicht lange auf sich warten ließ.
»Also gut!«, erklang es von jenseits der Tür. »Ganz
wie Euer Gnaden wünschen!«
»Wie überaus großzügig von Euch!«, schäumte von Brunn,
stützte sich auf die Wand und streckte den Kopf durch die Tür. »Nun sagt schon,
von Weißenfels: Was ist los?«
»Schwester Irene, Priorin des Klosters St. Afra,
begehrt Euch dringend zu sprechen, Herr!«, flüsterte der grauhaarige Kammerherr
und setzte eine Verschwörermiene auf.
»Und weswegen, wenn man fragen darf?«
»Eine Angelegenheit von höchster Brisanz!«, entgegnete
der Kammerherr in sibyllinischer Manier.
»Und warum? Mein, Gott, von Weißenfels – nun lasst
Euch doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«
»Die Priorin lässt Euch ausrichten, sie habe eine
ihrer Mitschwestern, eine gewisse Schwester Irmingardis, dabei ertappt, wie sie
ohne Erlaubnis im Skriptorium herumgeschnüffelt hat.«
Johann von Brunn verzog das Gesicht. »Na und? Ein
Dutzend Rosenkränze – und damit fertig! Wenn diese Schwester Irene keine
anderen Sorgen hat, ist sie wirklich zu bedauern!«
»Bedaure, Euer Gnaden, das war noch nicht alles!«
»Was denn noch?«, stöhnte von Brunn mit gequälter
Miene auf.
»Wie vonseiten der Priorin in Erfahrung zu bringen
war, hatten die Nachforschungen dieser Schwester mit der Vita einer ganz
bestimmten Person zu tun.«
»Und mit wem?«
»Mit einer Euer Gnaden wohlbekannten Person.«
»Und die wäre? Herrgott, von Weißenfels, nun macht
doch endlich den …«
»Es handelt sich um Demetrius, Fürstbischöfliche
Gnaden.«
»Was sagt Ihr da?! Um …«
»In der Tat, Fürstbischöfliche Gnaden. Bei der Person,
welcher das Interesse besagter Schwester galt, handelt es sich um Demetrius.
Mitglied des
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