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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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kriechen würden.
    Als die Stille unerträglich wurde, ergriff
Kardinaldiakon Oddo di Colonna das Wort. »Bonifatius, wo bist du?«, rief er mit
herrischer Stimme, während der Abglanz eines Wetterleuchtens das Innere der
Kapelle in grelles Licht tauchte.
    »Hier!«, lautete die markige Replik, welche das Rollen
des Donners mühelos übertönte.
    »Kaspar, Melchior und Balthasar?«
    »Hier!«
    »Carolus Magnus?«
    »Hier!«
    »Sankt Ulrich?«
    »Hier!«
    Einer nach dem anderen meldeten sich die Kapuzenmänner
mit ihrem Pseudonym zur Stelle. Bis die Reihe an den noch fehlenden der
Gefährten kam.
    »Kilian, wo bist du?«, bellte Colonna in das
Kapelleninnere hinein.
    Eine Frage, auf die er keine Antwort erhielt.
    Atemlose Stille. Donnergrollen. Und ein Kardinal, fast
so bleich wie der Tod.
    Oddo di Colonna, mit den Wechselfällen des Lebens
bestens vertraut, reagierte jedoch erstaunlich schnell, und auf einen Wink des
Kardinaldiakons betrat seine bis an die Zähne bewaffnete Eskorte den Raum. Das
halbe Dutzend italienischer Söldner und ihr Anführer verloren keine Zeit,
sondern gingen schnurstracks auf die zu Füßen der Kapuzenmänner postierten
Ossarien zu, wuchteten sie in die Höhe und verschwanden lautlos in der Nacht.
    Doch damit war die Prozedur noch nicht vorüber.
Während er die Reihe seiner Getreuen abschritt, sah es so aus, als verwandle
sich Colonnas Kardinalshabit in Blut, und im Schein der Fackeln sahen die
Kapuzenmänner wie dem Erdreich entstiegene Untote aus. Ein Hauch von Herbst lag
in der Luft und über allem ein Hauch von Verwesung. Mit ein Grund, weshalb
Colonna seine Schritte merklich beschleunigte. Vor dem Altar und dem darauf
postierten Gnadenbild angekommen, schlug er ein Kreuz, drehte sich um und
versenkte den Blick in die hölzerne Säule, von der es hieß, sie ginge auf
heidnische Götzenanbetung zurück. Ein bösartiges Lächeln trat auf die Züge des
Kardinals, und während das Donnergrollen rasch näher kam, setzte er seinen Weg
fort.
    Wieder am Portal, verschwand das siegesgewisse
Lächeln, welches er bis dato zur Schau getragen hatte. Sorgenfalten legten sich
über seine Stirn, und wer immer ihn in diesem Moment beobachtete, konnte
Colonnas Gedanken förmlich lesen.
    Jeder seiner Jünger an seinem Platz.
    Bis auf einen.
    Demetrius.
    Wo in aller Welt war Demetrius geblieben?
     
    *
     
    Bevor er sich in den Sattel schwang, sah sich
Kardinaldiakon Oddo di Colonna rasch um. Und das beileibe nicht zum ersten Mal
in dieser Nacht. Doch der Pfad, der sich vom Dorf hinauf auf die Anhöhe
schlängelte, war und blieb leer. Der Vollblüter, dessen Zügel einer der
Condottieri in der Hand hielt, tänzelte unruhig auf der Stelle, und der
Kardinaldiakon wich reflexartig aus.
    Wo war Demetrius? Wo nur, wo?
    Ausgerechnet er, Treuester der Treuen. Einfach nicht
zu fassen. Colonna schüttelte ratlos den Kopf.
    Der Kardinaldiakon warf einen sorgenvollen Blick zum
Himmel. Keine Sterne, und der Mond von einem pechrabenschwarzen Wolkengebirge
verschluckt. Die Luft stickig und feucht, die Baumwipfel jenseits der
Friedhofsmauer wie Grashalme im Wind. Und irgendwo in der Ferne, inmitten
nachtschwarzer Finsternis, das Läuten der Sturmglocke. Oddo di Colonna stöhnte
kaum hörbar auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Eine Viertelstunde,
höchstens eine halbe. Dann würde sich das Unwetter mit voller Wucht entladen.
Ausgerechnet dann, wenn sein Unterfangen auf des Messers Schneide stand.
    Was also tun? Colonna schlüpfte in seinen
Kapuzenmantel, stieg auf sein Pferd und ließ den Blick über das Fuhrwerk
schweifen, auf dem sich die Beute seiner Gefolgsleute befand. Beutestücke der
besonderen Art, aber solche, mit denen sich etwas anfangen ließ.
    Doch dann, im Begriff, das Zeichen zum Aufbruch zu
geben, schweiften die Gedanken des Kardinaldiakons ab. Demetrius, immer wieder
Demetrius. Der Name genügte, und schon legten sich tiefe Sorgenfalten über
Colonnas Stirn. Zugegeben, seine Gefolgsleute waren erfolgreich gewesen. Mit
dem, was sich bereits in seinen Händen befand, konnte man zweifellos etwas
anfangen. Aber was, fragte sich der Kardinaldiakon, war das ganze Unternehmen
wert, wenn ihm das wichtigste Beutestück durch die Lappen gegangen war? Etwas
wahrhaftig Unersetzliches, sozusagen der Schlussstein seiner Mission? Die
Reliquien der drei Frankenapostel in seinen Besitz zu bringen, war sein ganzes
Bestreben gewesen. Und jetzt dies!
    Der Kardinaldiakon sah sich erneut um. Immer noch
nichts.

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